Ausnahmezustand im Home-Office der Familie Thielemeier aus Schmallenberg
Vor Corona hatte ich mein Büro zuhause und Ruhe zum Arbeiten. Computer an, Drucker an und in die Tasten hauen. Fertig. Alles funktionierte. War das eine schöne Zeit – das Internet beziehungsweise die Verbindung ins Netz schien mir alleine zu gehören. Mein Mann befand sich in seiner Firma, meine Kinder außer Haus (Lehre und Studium) und ich war mit meinem soliden Computerverständnis in meiner kleinen Kreativschmiede tätig. Alles Schnee von gestern.
Nun sind vier private Experten der Familie Thielemeier zuhause und ein hektisches „Miteinander-verbunden-Sein“ erreicht ungeahnte Ausmaße. Alle müssen online arbeiten: Ausnahmezustand im Home-Office der Familie Thielemeier aus Schmallenberg. Während der eine seine Online-Vorlesung verfolgt, der andere im Zoom-Meeting sitzt, rennt immer einer durchs Haus und brüllt: „Die Internetverbindung ist down, ich muss den Router neu starten!“ Dann bricht kurzfristig alles zusammen.
Die Hölle im eigenen Haus und es geht los, das Fachsimpeln. Probleme erkennen und beseitigen. Mein Mann Andreas und unsere Söhne Christian und Alexander hauen sich die Begriffe um die Ohren und versuchen Lösungen zu finden. „Was ist denn hier los?“, meint mein Mann. „Der Zugriff auf den Firmen-Server nicht möglich. Netzwerküberlastung. Signalinterferenzen im Haus. Wir brauchen noch eine weitere Fritzbox als Repeater.“ Andreas ist verzweifelt. Christian (24) und Alexander (19) versuchen Schadensbegrenzung und machen Lösungsvorschläge: „Papa, wir haben schon vier Fritzboxen im Einsatz. Hat schon einer die DHCP-Adressen geprüft? VPN-Tunnel sollte das leisten, oder? Kommt drauf an, ob wir mittlerweile hexadezimale oder noch binäre Adressen vergeben.“
Ich verstehe nur Bahnhof, versuche aber Schritt zu halten: „Habt ihr denn das HDMI- oder WiFi-Kabel überprüft?“ Alles schweigt und guckt mich ungläubig an: „Mama, das müsstest du aber wissen, das HDMI-Kabel verbindet den Computer mit dem Bildschirm und mehr nicht. WiFi ist kabellos heißt auch wireless.“ Ja ne, ist klar. Während ich erfahre, dass wir die schnellste Leitung haben, die ein Privathaushalt haben kann – ein GigaBite – kommt aber auch diese Leitung beziehungsweise das Glasfaserkabel an seine Kapazitätsgrenze. Leitung dann verstopft oder besser ausgelastet. So werden hier im Haus Ports gewechselt, Repeater-Steckdosen verteilt und/oder komplette Netzwerkkabel verlegt, damit alle ON sind. Darf alles nicht wahr sein.
Während ich verstrahlt hier sitze und die Welt sowieso nicht mehr verstehe, werden bei uns noch zusätzlich firewalls eingerichtet. Was ist das denn nun schon wieder? „Das ist eine Art Sicherheitsdienst, der nur bestimmte Daten durchlässt“, versuchen meine Söhne mir zu erklären. Ach so, ein Sicherheitsdienst, das beruhigt mich. Gute Nachrichten, alle bester Laune: Leitungen sind wieder frei. Mein Mann sitzt endlich störungsfrei in einer Video-Konferenz und delegiert virtuell, alles mit sogenannten Noise-Cancelling-Kopfhörern. Somit ist er von der Außenwelt abgeschottet – heißt: kein Hundebellen, kein Laubbläser oder sonstige störende Geräusche belästigen ihn. Nur seine Antworten schallen durchs Haus.
Alexander rettet in seinem Zimmer die kreative Welt und richtet seine WebCam ein, während Christian, der einem Universitäts-Professor lauscht, nach einiger Zeit frustriert in die Küche kommt und meint: „Der Uni-Server ist abgestürzt.“ Da soll man sich konzentrieren können? Ich drücke meinen ganzen persönlichen Reset-Knopf und koche mir erstmal eine sch.ne Tasse Kaffee. Doch vorher Daten speichern und zwar in der Cloud. Also nach meinem Verständnis: irgendwo im Nirgendwo.
Ich bin nur froh, dass meine Kinder ein so solides Halbwissen über diese ganze Technik haben und ich es ihnen nicht erklären muss. Denn: Heute bringen ja die Jungen den Alten bei, wie es geht, ganz ohne Kabel. Da freue ich mich doch, dass ich mein Blatt Papier und meinen Füller nehmen und auch ohne diese ganze Netzwerkproblematik arbeiten kann.