Quelle: der LWL – Förderschule Hören und Kommunikation
Die „Olper Honigräuber“: Eine erfolgreiche Symbiose an der LWL – Förderschule Hören und Kommunikation
Insekten sind die Weltmacht auf sechs Beinen. Die meisten von ihnen verrichten ihr Tagwerk ohne unser Zutun und erfüllen ihre Aufgabe im Ökosystem still im Verborgenen. Manche werden uns hin und wieder lästig. Als Silberfischchen hausen sie hinter Fußleisten; als Ameisen tragen sie Krümel aus unserem Campingwagen. Wieder andere begannen vor einigen Jahrtausenden, ihre Geschichte auf gute Weise eng mit der der Menschheit zu verknüpfen: Die Bienen. Eine faszinierende Form dieser Symbiose gestalten seit nunmehr acht Jahren die „Olper Honigräuber“ an der LWL – Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation in Olpe.
Wir treffen die das Projekt von Beginn an begleitenden Lehrkräfte Sina Chojetzki und Oliver Langkamp in sicherem Abstand in der Werkstatt der Honigräuber in der Schule am Kimicker Berg und kommen ins Gespräch. Vor der Installation der Idee in den Schulalltag hat Oliver Langkamp eine halbjährliche Grundausbildung zum Imker durchlaufen und Sina Chojetzki alle wichtige Fakten und Fähigkeiten weitergegeben. Zusätzlich hat sie diverse Fortbildungen durchlaufen. Rundherum stehen Honiggläser und liegen Etiketten, auf einem Tisch thront der Schmelztopf, an der Tafel stehen Anleitungen zum Kerzenrollen. Es duftet nach Wachs und konzentrierter Arbeit. Soeben hat die Firma einen Großauftrag beendet, der die Verluste durch den ausgefallenen Weihnachtsmarkt kompensieren konnte.
Zunächst möchten wir natürlich wissen, worauf die kongeniale Idee zurückgeht, die Schülerfirma „Olper Honigräuber“, kurz „OHR“, zu nennen. Die von einem Schüler für das Logo der Firma gezeichnete Biene trägt ein sogenanntes Cochlea Implantat.
Sina Chojetzki schmunzelt: „Namensidee und Logo sind gemeinsam mit den ersten Schülerinnen und Schülern entstanden, auf der Suche nach einer Möglichkeit, unsere Tätigkeit mit der Besonderheit unserer Schule zu verknüpfen. Den Bienen den Honig zu nehmen, hat uns sehr an Diebstahl und Raub erinnert. Allerdings bekommen sie im Gegenzug von uns feinstes Zuckerwasser.“
Die Bienen danken es den Schülerinnen und Schülern, die im Rahmen des Berufsorientierungsangebotes der Förderschule in der 5. oder 6. Klasse automatisch zu „Honigräubern“ werden, mit gutem Ertrag: Die drei Wirtschaftsvölker liefern jährlich etwa 90 Kilogramm Honig. „Allerdings“, so Oliver Langkamp, „schwankt diese Menge je nach Stärke der Völker, dem Wetter und weiteren Faktoren.“
Neben dem wertvollen Honig liefern die Bienen den Schülern und ihren Lehrerinnen und Lehrern auch geschmeidigen Bienenwachs. Aus diesem gießt die Gruppe hübsche Kerzen in unterschiedlichen Formen. Sämtliche Produkte werden durchgehend unterjährig verkauft, eine der wichtigsten Einnahmequellen ist aber der Olper Weihnachtsmarkt. Hier haben die Olper Honigräuber traditionell einen Verkaufsstand, mit Ausnahme des vergangenen Jahres.
„Es war prima, dass wir den Verlust durch verschiedene Großaufträge kompensieren konnten. Zudem konnten und können Honig und Kerzen auch kontaktlos bestellt werden“, legt Sina Chojetzki dar, während ihr Blick durch die Werkstatt schweift. Man merkt dem Raum und den Lehrkräften die zusätzlichen Arbeitsstunden an. Der Wachstopf scheint zu seufzen, doch unverzagt machen die Honigräuber weiter und planen schon heute, dasselbe Angebot auch 2021 vorzuhalten. Ob nun die Pflege und Einfütterung der Bienenvölker, das Schleudern und Abfüllen des Honigs, die Behandlung gegen die Varroamilbe, das Einlöten von Wachsplatten oder das Kochen des Futters: Die durchlaufenden Arbeiten mit den Immen bleiben unabhängig vom Vermarktungsweg ohnehin stets dieselben.
Den Schülerinnen und Schülern bietet die abwechslungsreiche Tätigkeit bei den „Honigräubern“ konkrete Handlungspraxis. So eignen sie sich wichtige Kompetenzen an. Jede und jeder findet einen Bereich, in dem er oder sie sich gut entfalten kann. Die Arbeit an den Bienen, die Auftragsplanung, das Rollen oder Gießen der Kerzen, der Kundenkontakt, die geschäftlichen Grundlagen wie Werbung und Marketing und handwerkliche Erfordernisse zeigen im kleinen Maßstab, wie ein Betrieb funktioniert.
Von diesem Dauerprojekt profitieren alle Seiten: Die Schülerinnen und Schüler, die erste berufliche Praxiserfahrungen sammeln, die Lehrkräfte, die ihre persönliche Begeisterung ins Schulleben tragen können, die Bienen wegen des leckeren Zuckerwassers und der Sicherheit, die die jungen Imkerinnen und Imker den Völkern geben. Sie kümmern sich, damit die Völker gesund und stark bleiben. Nicht zuletzt freuen sich die Kunden. Sie können sich ganzjährig mit leckerem Honig und originellen Geschenkideen aus Wachs versorgen.
Sina Chojetzki und Oliver Langkamp sind offen für weitere Ideen und Projekte. Unter anderem haben sie schon mit einer Grundschulklasse aus Bad Iburg im Landkreis Osnabrück eine Kerzenwerkstatt gestaltet. Gern bieten die Honigräuber auch ihre Zusammenarbeit mit hiesigen Schulen an. Langkamp führt aus: „Berührungsängste sind völlig fehl am Platz; für die Schülerinnen und Schüler der Förderschule ist der Kontakt mit anderen Schulen, sollte wieder so etwas wie ‚Normalität‘ im persönlichen Kontakt möglich sein, von großer Bedeutung.“
Zu Beginn des Jahres heißt es für das Team der „Olper Honigräuber“ allerdings noch: „Füße hoch“. Von Zeit zu Zeit schauen Chojetzki und Langkamp nach der Versorgungslage der Völker, pflegen die Werkzeuge und räumen die Werkstatt nach dem Ansturm auf. Doch bald fliegen die ersten Pollen und sprießen wieder die ersten Blüten.
Dann wird es, hoffentlich bei bestem Trachtwetter, abermals summen und brummen auf dem Gelände des LWL – Förderschulzentrums am Kimicker Berg und dem anliegenden „Waldweg Grenzenlos“. Und Sie, liebe Leserin, lieber Leser, wissen dann als aktuelle und zukünftige Kundinnen und Kunden: Es läuft bei den „Olper Honigräubern“!