Wir stehen zum Teil vor schwer lösbaren Problemen

Quelle: Britta Spiekermann

„Ich habe in meinem Leben viel Unsinn geredet. Manches von dem Unsinn stellte sich als wahr heraus. Das ist besonders tragisch oder komisch im Nachhinein.“ Mit diesen Worten begann Dr. Thomas Voshaar vom Krankenhaus Bethanien in Moers seine Festrede für Dr. Peter Haidl. Letzterer wurde am 13. Januar dieses Jahres in einem Festakt im Kloster Grafschaft als Chefarzt feierlich in den Ruhestand verabschiedet. Die bemerkenswerte Festrede des bekannten Kollegen und Freundes vom Niederrhein enthielt neben einigen herausragenden Daten und Geschichten aus dem Leben des Grafschafter Chefarztes einige Bemerkungen zur aktuellen Gesundheitspolitik. Nachfolgend die wichtigsten Auszüge aus der Festrede von Dr. Thomas Voshaar.

Corona-Experte Voshaar: Die Pandemie „ist vorbei“

Lungenfacharzt Thomas Voshaar fordert bereits im Sommer vergangenen Jahres zusammen mit weiteren, namhaften Kollegen ein Ende des „Panik- und Sorgen-Modus“. Er widersprach damals vehement Karl Lauterbach, der vor einem katastrophalen Corona-Herbst warnte.

Dr. Thomas Voshaar vom Krankenhaus Bethanien, Moers hielt die Festrede bei der Verabschiedung von Dr. Thomas Haidl

In Grafschaft sagte Dr. Voshaar: „Wir leben gerade in einer Zeit des besonderen Wandels, meist sagt man in einem steten Wandel. In Wahrheit aber sind es große und kleine Wellen und im Moment ändert sich in der Wahrnehmung der meisten Menschen besonders viel, besonders rasch und besonders stark. Das liegt nun nicht daran, dass der Herr Bundeskanzler eine Zeitenwende ausgerufen hat. Vielmehr ruft er der Wende hinterher, ich habe dich gesehen, du bist mein und jetzt führe ich dich an. So wie in der Pandemie die Inzidenzen schon rückläufig waren, bevor ein Lockdown überhaupt greifen konnte bzw. beschlossen war. 

Wir stehen zum Teil vor schwer lösbaren Problemen. Vor allem fehlt es uns an wirklich jeder Ecke, wie man so sagt, an Personal. Das aber war demografisch schon vor 10 Jahren vorhergesagt. Wir habe es zur Kenntnis genommen und nichts getan. Jetzt wird es halt eng, eben auch in den Krankenhäusern. Es fehlt an Pflegepersonal und an Ärzten. Die Lösung ist einfach. Sie heißt nicht Lauterbach.  Die Lösung für fast alle Probleme ist ein guter Chefarzt!! 

Finden sie einen mit Kompetenz, Umsicht, Disziplin, Respekt vor den Gedanken anderer, Empathie-Fähigkeit und Herzenswärme. Kurz, suchen Sie einen von haidlschem Format. Ein solcher Chef ist ein Wettbewerbsvorteil. Ihm wird rasch das Vertrauen der Niedergelassenen zufliegen und auch die Herzen der Mitarbeiter und der Patienten. 

Der Kanzler hat gesagt, wenn das Volk diesen Mann als Gesundheitsminister will, so soll er es machen. Er selbst soll nach einem Sturm der Begeisterung für den Mann in den sozialen Medien gesagt haben: Mich wollten sogar die jungen Frauen. So ist die Expertise unseres Ministers hinreichend beschrieben. Das nun langsam Zweifel am Wert von Volksabstimmungen aufkommen, wundert nicht. Allerdings hatten schon die Gründerväter unseres Grundgesetzes über die Aufnahme von Volksabstimmungen lange diskutiert und es schlussendlich verworfen. Sie haben wohl gewusst, dass Intelligenz sich nicht addieren lässt.

Ich würde heute und im speziellen Fall des Herrn Ministers ergänzen, trau niemandem, der salzlos lebt. Neulich sah man ihn -Bildunterschrift- bei seinem Lieblings-Italiener. Es stand nichts dort vom Lieblingsgast des Italieners…. 

Der Herr Minister saß in einer Ecke an einem kleinen Tisch, allein. Er aß Fisch, ungesalzen, wahrscheinlich ein Tofu-Fisch. Dazu gab es ein Glas Rotwein, wahrscheinlich um Wähler zu gewinnen. Natürlich gewinnt man mit Rotwein mehr Wählersympathien als mit ungesalzenem Tofu-Fisch. Eben dieser außergewöhnliche Mann versucht uns nun in den Klinken mit einer Reform, bzw. Revolution zu segnen. Ohne Absprachen mit Krankenkassen oder Krankenhausgesellschaft, ohne Absprache mit den Ländern. Also wirklich eine Revolution. 

Quelle: Britta Spiekermann
Die Oberin des Klosters Grafschaft, Träger des Fachkrankenhauses Grafschaft, Schwester Juliana verabschiedet Dr. Peter Haidl

Nun endlich soll Geld in Kliniken kein Anreiz mehr sein. Es steht also die Transformation zum Kloster-Modell an. Sie sehen, Herr Schumann und Frau Generaloberin, schon bald sind Sie wieder ganz vorne, ein Krankenhaus mit Modellcharakter und ein Kloster im Landeskrankenhausplan. Wie immer ist bei der Zielsetzung und den Grundannahmen nicht alles falsch, der Weg aber wird über das Chaos am Ende nur in die nächste Reform führen. Die politische Kunst nämlich ist meist invers zur Lebenskunst: 

Zuviel Krankenhäuser in Ballungsgebieten

In Deutschland gibt es mehr als 600 Krankenhäuser mit maximal 200 Betten. Davon stehen 300 in Ballungsgebieten wie Berlin, München, dem Ruhrgebiet. Wir müssen also gar nicht über die kleineren Häuser in ländlichen Gebieten wie Sauerland, Eifel, Bayrischer Wald und Mecklenburg-Vorpommern diskutieren. Die lassen wir erst einmal alle da, wo sie sind. Wir schaffen direkt und komplett nur die kleinen in Ballungsgebieten ab. Also ein paar von den ca. 50 Krankenhäusern in Berlin und ein paar um z.B. Essen herum. Dort gibt es nämlich und nur beispielhaft angeführt in einem Radius von ca. 20 Kilometer etwa 60 Möglichkeiten, sich an Knie oder Hüfte operieren zu lassen. Obwohl jeder Mensch davon je 2 hat, erscheint mir dieses Angebot etwas überreichlich. 

Wenn wir diese Häuser abschaffen, wird es kaum einer merken, das Personal kann bei fast gleicher Strecke in ein anderes Haus rüber gehen und wir sparen Milliarden. Die rasch gewonnene Entlastung nutzen wir für ruhige Gedanken, wie der nächste Schritt aussehen könnte. Stellen sie sich vor, Sie bekämen nahezu das gesamte Personal aus einem Nachbarhaus! Um die Situation nochmals deutlicher zu machen. In Deutschland gibt es pro Einwohner mehr Ärzte und Pflege als in anderen Ländern. Am Bett aber deutlich weniger. 

Was ist daran so schwer zu verstehen? 

Natürlich muss sich auch jetzt rasch in den Krankenhäusern etwas ändern. 

Quelle: Britta Spiekermann
Dr. Peter Haidl im Gespräch mit dem Kaufmännischen Direktor des Fachkrankenhauses Stefan Schumann

Etwas nicht tun

Das Grundprinzip ist, sich mit den Einweisern, vor allem mit den Hausärzten auf eine neue Weise und sehr unmittelbar zu vernetzen und abzusprechen! Erfüllen Sie die wichtigsten Wünsche Ihrer Kunden, also der Einweiser und der Patienten! 

Medizinisch sollten wir erkennen, dass es die höchste Qualität sein kann und die größte Expertise erfordert, etwas nicht zu tun! 

Und damit wären wir mitten in der aufregendsten Diskussion der letzten Jahre und noch einmal steht dieses Krankenhaus bei meinen letzten Gedanken im Mittelpunkt. In einer Zeit, in der das ganze Land „gedrostet“ wurde, wir in der Öffentlichkeit den Politiker vom Wissenschaftler nicht mehr unterscheiden konnten, sich viele Menschen in Funk und Fernsehen um ihre Ehrbarkeit gequasselt haben und eine Gruppe von Intensivmedizinern tat, was zunächst die WHO und dann die DIVI empfahl, starben wohl tausende Menschen durch eine Behandlungsstrategie, die es niemals so zuvor gab und die allen bekannten Erkenntnissen widersprach: ich spreche von der weltweit empfohlenen strategischen Frühintubation bei schweren COVID-Fällen. 

Der New Yorker Bürgermeister z.B. sagte, wir können nur die retten, für die wir eine Beatmungsmaschine haben. Als das Gegenteil deutlich wurde kam es zu vermehrten Einsatz der sogen. ECMO. Leider war der Einsatz dieser Maschine als ultima ratio nicht die Rettung sondern mit einer noch höheren Sterblichkeit verbunden. 

Vielleicht, liebe Gäste, haben Sie es gar nicht wahrgenommen, wie anders es hier im Einzugsgebiet dieses Krankenhauses war. Diese Klinik hat sicher hunderten Menschen das Leben durch Verzicht auf Intubation gerettet und die Menschen haben von der hier angesiedelten institutionellen Kompetenz und Vernunft profitiert, die historisch einmalig und verbunden ist mit zahleichen großartigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in diesem Haus, in der Pflege und im ärztlichen Bereich und verbunden ist mit den Namen Köhler, Dellweg und Haidl. 

Machen Sie sich klar, welches Juwel es hier zu bewahren gibt und bedenken Sie, beim Kampf „David gegen Goliath“ hat der Kleine immer eine Chance. 

Da ich mir nicht vorstellen kann, dass noch irgendwelche Fragen offen sind, möchte ich hier schließen. 

Allerdings…..ich wollte doch noch die faustsche Frage beantworten, was die Welt im Innersten zusammen hält. Ich glaube, es ist die in jedem Menschen auf immer angelegte Bi-Polarität von Stärke und Schwäche. Hieraus ergibt sich alles, auch das, wofür das Idiom „Menschlichkeit“ verwenden. 

Dr. Peter Haidl bedankte sich bei seinem Freund und Kollegen Dr. Thomas Voshaar