“Wir gehen nicht in die Oberliga Westfalen, nur um Erfahrungen zu sammeln“

WOLL im Gespräch mit Ralf Behle und Andre Ruhrmann von der SG Finnentrop/Bamenohl

Vor Beginn des Trainingsauftakts der SG Finnentrop/Bamenohl am 11. Juli 2020 in der H & R-Arena in Finnentrop/Bamenohl sprach WOLL mit dem Trainer Ralf Behle und dem Sportlichen Leiter Andre Ruhrmann über die Erfolgsfaktoren der Vergangenheit und die Erwartungen für die neue Saison in der Fußball-Oberliga Westfalen, der höchsten Amateurklasse.

WOLL: Für welchen Ort schlägt euer Herz?
Ralf Behle:
Mein Herz schlägt für Bamenohl und Andre sein Herz schlägt für Finnentrop. Damit ist die Frage beantwortet. Bamenohl und Finnentrop.

WOLL: Früher war die Rivalität zwischen den beiden Orten eine große Nummer?
Andre Ruhrmann:
Das ist historisch gewachsen und politisch bedingt. Im sportlichen Sinne ist die SG Finnentrop/Bamenohl eine unglaublich gut gewachsene Fusion. Unter den regelmäßigen Zuschauern bewegen sich, glaube ich, je zur Hälfte Fans aus beiden Ortschaften. Und die können es auch sehr gut miteinander.

WOLL: Eine fantastische Erfolgsgeschichte. Nach fast fünfzig Jahren in die Oberliga aufzusteigen? Ein langer Weg, aber dann hat es geklappt?
Andre Ruhrmann:
Ich glaube, dieser Weg ist bezeichnend für unseren Verein. Wir sind nicht darauf ausgerichtet, dass wir irgendwelche kurzfristigen Erfolge durch finanzielle Mittel erreichen wollen. Das Ganze, was gerade entsteht, beziehungsweise entstanden ist, beruht auf einer Entwicklung, die jetzt mindestens fünfzehn Jahre andauert. Alles fing mit einer sehr, sehr erfolgreichen A-Jugend an, die sich über mehrere Jahrgänge mehr oder weniger verfestigt hat. So haben wir 2009 und 2013 den Aufstieg in die Landesliga geschafft und haben hier unter anderem zweimal im Westfalenpokal gegen die Amateure von Borussia Dortmund gespielt.

WOLL: Wie stolz ist der Verein über den Aufstieg in die Oberliga?
Ralf Behle:
Das ist historisch. Auch wie Andre schon sagte, es ist lange gewachsen. Wir sind da schon alle sehr stolz, aber nicht nur wir, sondern es ist auch für die ganze Region was Tolles. Da sehen wir uns schon komplett als Sauerländer. Vorrangig natürlich als SG Finnentrop-Bamenohl, aber obendrüber steht auch immer unser Sauerland.

WOLL: Was war neben der Jugendarbeit der wesentliche Grund für den Erfolg der vergangenen Jahre?
Andre Ruhrmann:
Das wichtigste Kriterium ist die Kontinuität, es zu schaffen, die Leute von Jugend an auszubilden. Es gilt die Spieler mit harter Arbeit von Jahr zu Jahr auf ein neues Level zu bringen. Wir haben es auch geschafft, mit den vorherigen Trainern immer wieder neue Schwerpunkte setzen zu können. Die Spieler haben die neuen Attribute, die wir im Training vermittelt haben, mehr und mehr verinnerlicht. Dank der geringen Fluktuation im Kader. Wir hatten nahezu so gut wie keine Abgänge in der ganzen Mannschaft. Dadurch haben wir es dann auch geschafft, dass wir nicht jedes Mal bei Null anfangen mussten. Wir konnten immer wieder auf einer soliden Basis aufbauen und immer wieder neue Schwerpunkte setzen.

WOLL: Wer außer Ralf Behle und der Mannschaft hat noch einen großen Anteil an dem bisher erreichten Erfolg?
Andre Ruhrmann:
Da gibt es mehrere Namen zu nennen. Angefangen mit Georg Kritzelak, der leider vor kurzem verstorben ist, der war einer der ganz großen Förderer und Antreiber in den vergangenen zwei Jahrzehnten. Der hat viele junge Leute für den Fußball begeistern und auch zu einem Team zusammenschweißen können. Der zweite Name, den ich da sicherlich auch noch mit ins Spiel bringen möchte, ist Mike Schrage. Er hat den stetigen Aufstieg über viele Jahre als Spieler und später als Co-Trainer begleitet. Mike war ein ganz wichtiger Erfolgsfaktor. Ich möchte es aber nicht nur auf den beiden Namen beruhen lassen, sondern sagen, dass die vielen ehrenamtlichen Helfer nicht nur irgendwo Dienst nach Vorschrift gemacht haben, sondern den Verein mit einem hohen Maß an Identifikation und Idealismus voran gebracht haben. Das ist mit Geld gar nicht zu bezahlen. Das betrifft auch Trainer Ralf Behle, der eine herausragende Arbeit leistet.

WOLL: Wie lautet das sportliche Ziel für die kommende Saison?
Ralf Behle:
Wer uns kennt und verfolgt, weiß, dass wir nie über Platzierungen oder über irgendwelche Tabellenregionen sprechen. Wir sagen immer, die Entwicklung steht im Vordergrund. Eines kann ich aber sagen, wir gehen nicht nur in die Oberliga, um Erfahrungen zu sammeln. Wir gehen in die Oberliga, um uns wirklich an die Gegebenheiten anzupassen. Zum einen natürlich sportlich und zum anderen auch organisatorisch. Sportlich haben wir schon vor, dieses neue Level anzunehmen und es möglichst schnell auch erwidern zu können. Ich glaube, wenn wir die Entwicklung in den kommenden Jahren so weiter fortführen, dann müssen wir uns keine großen Sorgen machen, dass wir in der Liga untergehen. Im Gegenteil, ich traue der Mannschaft, wenn sie wirklich so gefestigt bleibt und weiter an sich arbeitet, durchaus eine gute Rolle zu. Und vor allen Dingen wollen wir für viel Furore sorgen. Es ist nicht schlecht, wenn man immer wieder mal für Überraschungen sorgen kann.

WOLL: Wie schon gesagt wurde, vertritt der Verein nicht nur die Orte Bamenohl und Finnentrop, sondern auch das Sauerland. Wenn man so will, ist die SG ein Sauerländer Verein?
Andre Ruhrmann:
Das ist so. Meinerzhagen sieht sich vermutlich als die Nummer Eins im Sauerland, so dass wir hier ganz sicher interessante Duelle erwarten können. Die wollten aufsteigen und haben es dann ganz knapp wegen dieser Prozent-Regelung verfehlt.

WOLL: Dann steht der Meister für die kommende Saison schon fest?
Ralf Behle:
Das glaube ich nicht. Die gegenseitige Anerkennung zwischen Meinerzhagen und Finnentrop/Bamenohl ist sehr hoch. Wir pflegen ein sehr respektvolles Verhältnis unter den Verantwortlichen. Und auch auf sportlicher Ebene ist da eine sehr hohe bilaterale Anerkennung da. Ich glaube aber, dass die Entwicklungen der Vereine sehr stark auseinandergehen. Während wir wirklich diese Philosophie weiterverfolgen und Spieler aus der Jugend sowie Spieler aus den niedrigeren Klassen nach und nach an das Level heranführen, und zum Westfalen- oder Oberligaspieler entwickeln möchten, hat Meinerzhagen vor einigen Jahren schon seine Philosophie geändert. Die holen gestandene Spieler aus den höheren Klassen, wie Dritte Liga oder Regionalliga.

WOLL: Wer sind sonst die Favoriten in der Oberliga Westfalen?
Ralf Behle:
Da sind die SG Wattenscheid 09, die ich selber noch aus meiner Kindheit als Bundesligist kenne. Ich glaube, dass wir auch im Stadion Lohrheide eine Adresse haben, die einen gewissen Mythos mit sich trägt. Dann ist sicherlich auch noch Westfalia Herne mit dabei. Was jetzt die Favoritenrollen angeht, muss ich sagen, kann ich mich überhaupt nicht festlegen. Dafür ist die Liga noch ein bisschen zu unbekannt. Der RSV Meinerzhagen zählt natürlich, da sie ja aus den bekannten Gründen nicht aufgestiegen sind, jetzt wieder zu den Favoriten.

WOLL: Wir bedanken uns ganz herzlich für das Gespräch und wünschen viel Erfolg für das beste Team des Sauerlandes!