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„Wie viel Windkraft verträgt unser Wald?“ Um diese Frage geht es im nächsten WDR 5-Stadtgespräch, das am Donnerstag, 15. September, in der Aula der Sekundarschule Hundem-Lenne in Kirchhundem stattfindet. Es wird von 20.04 bis 21 Uhr live auf WDR 5 übertragen. Gäste sind willkommen. Einlass ist ab 19.30 Uhr.
Klimawandel und Energiekrise erfordern mehr Tempo beim Ausbau regenerativer Energien, sagen die einen. Windindustrieanlagen-Kritiker dagegen warnen: Gigantische Industrieanlagen zur Energieerzeugung im Wald gefährden insgesamt die einzigartigen Naturlandschaften im Land der tausend Berge und ebenso besonders bedrohte Tierarten.
Wie lassen sich Energiewende und Naturschutz vereinbaren? Gibt es alternative Standorte für Windräder in NRW? Und welche Rolle können Sonnenergie und Biomasse spielen? Darüber wird beim Stadtgespräch mit NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur, Prof. Klaudia Witte vom NABU NRW und Karl Prinz zu Wittgenstein (Landesverband Erneuerbare Energien) diskutiert. Die Moderation übernehmen Ralph Erdenberger und Beate Schmies.
Lesermeinungen zum Windenergiethema aus dem Sauerland
Leserbrief von Prof. Dr. Thomas Riesenweber, Dr. Nadine Siepe (Frielinghausen)
Windindustrie in Südwestfalen
Man will uns weismachen, daß der Ausbau der erneuerbaren Energien notwendig sei, „um Putin die Stirn zu bieten“ und uns von fossilen Brennstoffen unabhängig zu machen; dafür müsse man in Kauf nehmen, daß allein im Sauerland 339 neue Windräder errichtet werden. Das wird nicht reichen! Auch die zehnfache Menge wäre zu wenig. Für die Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen muß man den Primärenergiebedarf in den Blick nehmen. Er betrug in NRW zuletzt etwa 1.100 TWh im Jahr. Der Anteil von Steinkohle lag bei ca. 14%, von Braunkohle bei 15%, von Mineralölen bei 38%, von Gasen bei 26% (Zahlen findet man bei IT.NRW). Laut LEE NRW, dem Lobbyverband der Windindustrie, erzeugten die 3.563 existierenden Windenergieanlagen 11 TWh, also ziemlich genau 1% des Primärenergiebedarfs. Der geplante Ausbau auf 45,6 TWh im Jahr würde den Anteil (vorausgesetzt, der Bedarf bliebe gleich) auf 4,2% erhöhen. So sieht das Maximalszenario des Lanuv aus – bei günstigen Windbedingungen, nach Abschaffung der 1.000m-Abstandsregelung und nach der Öffnung der Wälder für die Windindustrie. Man muß sich diese Zahl auf der Zunge zergehen lassen: 4,2%! So groß, oder vielmehr: so klein wäre trotz schwerster Eingriffe in unsere Ökosysteme um das Jahr 2030 die vielbeschworene Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern.
Für diese Maximallösung rechnet das Lanuv mit 2.406 modernen Windrädern (sie erreichen inzwischen eine Höhe von 260m). Für jedes Prozent des derzeitigen Primärenergiebedarfs in NRW werden somit ca. 730 Windräder benötigt. Wenn wir 30% durch Windräder abdecken wollten (das ist etwa der Anteil von Steinkohle und Braunkohle), benötigten wir über 20.000 zusätzliche Windräder, also fast das zehnfache der geplanten Zahl. Aber auch die dürften nicht reichen, da Benzin, Diesel, Heizöl und Gas mittelfristig ebenfalls durch Windstrom ersetzt werden müssen. Wer soll diese Kraftwerke bauen? Und wo? Und mit welchen Rohstoffen? Für ein Windradfundament werden ca. 3.000 Kubikmeter Beton benötigt, das macht bei 2.000 Windrädern 6 Millionen Kubikmeter, bei 20.000 Windrädern 60 Millionen. Wer wird diesen Beton aus den Wäldern holen, wenn die Windräder nach 20 Jahren zurückgebaut werden müssen? Und wie sollen auf diesen extrem verdichteten Flächen je wieder Bäume wachsen?
So schön die Vorstellung auch ist: das Ziel der Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen ist durch Wind- und Sonnenenergie unerreichbar, selbst wenn der Wind stetig wehen und die Sonne immer scheinen würde! Das ist eine mathematische Gewißheit. Jeder, der von Unabhängigkeit durch erneuerbare Energien spricht, hat Realität gegen Utopie ausgetauscht. Man könnte genauso gut das Ziel ausgeben, daß alle Bundesbürger bis 2030 imstande sein müssen, über das Wasser zu wandeln. Die Deutschen lassen sich von energiepolitischen Träumern und deren Freunden aus der Windindustrie für dumm verkaufen. Jedes zusätzliche Windrad bringt uns dem Ziel der Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen keinen Schritt näher, weil das Ziel auf diesem Weg unerreichbar ist; es führt nur zur weiteren Zerstörung der Wälder und zur Profitmaximierung der großen Windbarone, die gerade wie die Heuschrecken über das Sauerland herfallen. Es herrscht Goldgräberstimmung. Wohl dem, der genügend Kapital hat, um die besten Claims abzustecken!
Prof. Dr. Thomas Riesenweber, Dr. Nadine Siepe (Frielinghausen)
Leserbrief zu einem Interview in der Westfalenpost mit Herrn Krischer und zum Kommentar von Herrn Korte am 6.9.2022
Keine 900 Windräder in Südwestfalen? Dürfen wir von unseren Politikern nicht etwas mehr Ehrgeiz erwarten angesichts der Apokalypse? Selbst 900 Windräder würden gerade mal 15 TWh im Jahr erzeugen, etwas mehr als 1% des Primärenergiebedarfs in NRW. Ich fordere mindestens 10.000 Windräder, besser noch 50.000, um den Planeten zu retten und Putin endlich in die Knie zu zwingen. Herr Krischer verspielt mit seinem kleinbürgerlichen Zaudern die gewaltigen Chancen Südwestfalens: unsere Handwerker hätten endlich wieder Arbeit, die Sauerländer Stahlverhüttung würde boomen, man könnte Weltmarktführer bei Seltenen Erden werden, endlich hätte man Verwendung für das einheimische Balsaholz. Strom wäre wieder für eine Kugel Eis zu haben! Die uneigennützigen Windenergieprojektierer könnten noch mehr Geld aus ihrem unerschöpflichen Füllhorn zum Segen unserer Gemeinden ausschütten, und noch mehr hungernde Waldbauern würden vor dem Bankrott bewahrt. Schier endlose Scharen von Touristen würden ins Sauerland pilgern, um das Energiewunder mit eigenen Augen zu bestaunen und sich am Anblick der Windkathedralen zu ergötzen. Verzweifelte Stadtbewohner, auf der Suche nach stabiler Energie für ihre Netflixserien, würden fieberhaft nach Häusern im „Akku von NRW“ suchen, die Immobilienpreise würden in unermeßliche Höhen schießen. In kürzester Zeit wären wir reich und hätten nebenbei auch noch das Weltklima, die Demokratie und die Freiheit gerettet! Und dem Rotmilan könnten wir goldene Käfige bauen.
Prof. Dr. Thomas Riesenweber (Frielinghausen/Eslohe)