Wildwetterwandern

Tipps von Ranger Stefan Knippertz

„Usselig, woll!“ – so ist das Wetter an den zahlreichen feuchten Tagen im Herbst und Winter. „Was ist das? Müssen wir da raus?“ – Ja! Denn gerade zu dieser Jahreszeit bietet der Wald Eindrücke für alle Sinne. Beim Wandern gibt es kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung: Gummistiefel, Jeans, dicker Pullover und Gummimantel. Wer die trägt, kommt garantiert nass, durchfroren und mit Blasen an den Füßen zurück. Ranger Stefan Knippertz aus Rehsiepen gibt Tipps zum Wandern im Regen.

WOLL: Was lässt sich an einem regnerischen Tag im Wald besser erleben als bei Sonnenschein?
Die Geräusche sind ganz andere. Es entstehen Nebelbänke, die nicht nur optisch sehr schön sind. Ich bin der Meinung, dass man bei Regen mehr Wild sieht. Ganz besonders sind die Gerüche. Das kennt man, wenn Regen auf Teer fällt, diesen ganz typischen Regengeruch. Im Wald riecht es dann frisch und erdig.

WOLL: Welche Kleidung kannst du empfehlen, wenn man trotz Regenwetter im Wald unterwegs sein möchte?
Grundsätzlich muss man sich darüber im Klaren sein, dass Wildwanderkleidung Geld kostet. Mit billigen Material braucht man gar nicht erst anfangen. Elementar sind Socken, die gut im Schuh passen und nicht rutschen. Wichtig finde ich auch, dass die Schuhe m.glichst aus Leder und vorher gut behandelt worden sind. Gore-Tex-Schuhe finde ich persönlich nicht gut. Darin schwitzt man sehr schnell und man muss sie viel mehr pflegen. Ich trage einfach lieber einen Lederschuh.

WOLL: Was hältst du davon, im Wald mit Gummistiefeln unterwegs zu sein?
Zum Wandern sollte man keinen einfachen Gummistiefel anziehen. Möchte man dennoch in Gummistiefeln wandern, sollten sie eine feste Sohle und an den Seiten Schnallen haben, damit sie eng an den Waden anliegen, sodass man nicht hin- und herrutscht. Der Gummistiefel muss passen, genau wie der Wanderschuh aus Leder. Gegebenenfalls kann mit Einlagen gearbeitet werden. Wichtig ist, dass die Socken richtig gut sitzen. Das federt die Bewegung ab. Ich trage deshalb nie dünne Socken beim Wandern.

WOLL: Braucht man auch spezielle Unterwäsche?
Für mich ist Funktionskleidung nichts, die den Schweiß von innen nach außen trägt, ich brauche Baumwolle. Viele schwitzen auch unter einer Regenjacke, die ganz dicht ist. Ob ich jetzt von au.en oder von innen nass bin, ist am Ende auch egal. Sobald man auf der Haut nass wird, beginnt man zu frieren.

WOLL: In Lappland heißt es, dass einem kalt ist, wenn man vor die Haustür tritt und dort noch einen Moment stehen bleibt. Sonst trage man die eigene Sauna mit sich herum, sobald man beginnt, sich ernsthaft zu bewegen.
Richtig, schwitzen ist ganz schlecht. Deshalb sollten Wanderer auf ganz warme Sachen verzichten und lieber auf ein Zwiebelsystem setzen. Wenn man merkt, es wird warm: die Unterjacke ausziehen und die Regenjacke wieder anziehen.

WOLL: Welche Regenjacke ist am besten? Welche Hose sollte man tragen?
Am besten wäre eine leichte, gute Regenjacke: wasserdicht und atmungsaktiv. Unter Gore-Tex schwitzen viele, andere schwören auf Wachsjacken, die sind aber sehr schwer. Der bekannte Ostfriesennerz ist ebenfalls sehr wasserdicht, aber darunter schwitzt man wieder. Mein Vorschlag ist deshalb, gerade an solchen Tagen, an denen man eh einen Rucksack aufhat, einen Poncho aus Gore-Tex überzuwerfen. Dann hat man ringsherum und von unten Luft, bleibt von oben auf den Schultern aber trocken. Loden hält auch unheimlich lange, hat aber den Nachteil, dass er sich vollsaugt und dann richtig schwer wird. Die Hose ist nicht so kritisch, da kommt nicht viel Regen dran. Es muss eine bequeme Wanderhose sein, die wasserabweisend ist. Eine Jeans ist schlecht, die saugt sich sofort voll. Bei Hosen gibt es Marken, die man leicht wachsen kann. Die muss man nach jedem dritten Mal wieder behandeln, das Wachs wäscht sich irgendwann raus. Diese Wachshosen sind optimal, aber auch etwas teurer.

WOLL: Was setzt man auf den Kopf?
Etwas, was über die Ohren geht und auch den Nacken hinten bedeckt. Das kann ein gewachster Hut im Barbour-Stil sein oder wieder etwas aus Gore-Tex. Ein Filzhut eignet sich auch, muss aber regelmäßig imprägniert werden.

Gewusst wie: Wandern bei schlechtem Wetter.

WOLL: Wie trockne und säubere ich Funktionskleidung richtig, damit sie noch lange erhalten bleiben?
Da die Schuhe eh schon nass sind, kann man sie entweder mit einer Wurzelbürste oder mit einem Gartenschlauch saubermachen. Zum Trocknen nehme ich die Schnürsenkel raus und stelle die Schuhe etwas h.her in einen normal temperierten Raum. Auf keinen Fall sollte man Schuhe auf eine Heizung oder auf einen Ofen stellen, denn dann leidet das Leder. Der Schuh muss langsam abtrocknen. Einlagen muss man auch rausnehmen. Der Schuh braucht so mehrere Tage zum Trocken. Wenn man viel im Wald unterwegs ist, sollte man mindestens zwei Paar Schuhe besitzen. Schuhe, die innen extrem nass geworden sind, kann man mit Zeitungspapier ausstopfen.

Wenn die Sachen wieder trocken sind, sollte man die Lederschuhe regelmäßig neu fetten. Gore-Tex-Sachen kann man mit einem Spray behandeln, dabei mindestens dreimal sprühen. Einmal sprühen, eine Stunde warten, dann erneut sprühen. Ich empfehle auch, Fett auf Leder nicht zu dick aufzutragen und es richtig einzureiben. Vor allem Nähte und Nieten beachten, wo man schnürt! Auch bei Wachsjacken darauf achten, die Nähte an den Ärmeln gut einzuwachsen, da kommt die Nässe als erstes durch. Die Obergardeobe hänge ich auf einen Kleiderbügel, in den warmen Heizungskeller, oder in die Nähe eines Ofens, oder über einen Stuhl. Am besten eignet sich ein Kleiderhaken, damit die Luft von allen Seiten drankommen kann. Vorher sollte man den Dreck mit einem (Kehr)-Besen entfernt haben.

WOLL: Im Gelände werden Wege bei Regen oft rutschig. Wie bewege ich mich auf solchen Waldwegen?
Kleine Schritte machen! Ich habe mir angewöhnt, schräg zu gehen, das heißt aber nicht, einfach nur den Fuß schräg zum Hang zu setzen, sondern quasi im Zickzack runtergehen. Und wenn man gerade herunter gehen muss, muss man auch den Fuß gerade aufsetzen, sonst greift die Sohle nicht richtig. Ich habe einen Wanderstock, der mindestens so lang ist, wie ich groß bin. Damit kann man sich hervorragend abstützen. Wenn man mit mehreren Leuten unterwegs ist, unbedingt Abstand halten, nicht zu nah aufeinanderhängen! Sonst gibt es einen Dominoeffekt. Den Blick immer nach vorne richten, gerade wenn man über Holzstege oder Stufen geht, weil die bei Nässe glatt sein können. Alles aus Holz ist glatt. Am besten achtet man darauf, nicht auf Wurzeln, am Boden liegende Äste oder anderes Holz zu treten – und wenn es sich nicht vermeiden lässt, dann nur ganz vorsichtig.

WOLL: Gibt es Verhaltensregeln im Wald, die ich beachten muss?
Rücksicht auf das Wild ist ein wichtiger Punkt: Wanderer sollten immer auf den Wegen bleiben, anstatt quer durch den Bestand zu gehen. Im Herbst gibt es viele Drückjagden, da wird natürlich penibel darauf geachtet, dass die Hauptwanderwege abgesperrt sind. Diese Sperrungen muss man respektieren, sonst droht Lebensgefahr! Das gleiche gilt bei Waldarbeiten – gerade wegen der Borkenkäferplage. Bei Gewitter sollte man den Wald ganz schnell verlassen. Im Winter kommt das bei uns aber nur ganz, ganz selten vor.

Wer die richtige Garderobe trägt und etwas Rücksicht auf die Natur nimmt, wird bei Regen im Wald tolle Eindrücke sammeln und es richtig genießen können.

Dieser Beitrag erschien in der Winterausgabe 2020 des WOLL-Magazins Schmallenberg-Eslohe. Das WOLL-Magazin könnt ihr im Zeitschriftenstand oder im WOLL-Onlineshop https://woll-onlineshop.de/woll-magazin/ erhalten.