Wie aus Fremden Freunde wurden

Quelle: privat

Cobbenroder helfen im Ahrtal

Deshalb waren die Kameraden der Löschgruppe unter anderem in Salwey im Einsatz: „Wir haben einige Häuser zwei oder drei Mal leergepumpt. Außerdem haben wir mit einem Bagger einen Feldweg aufgegraben, damit das Wasser abfließen konnte und nicht die zehn Häuser in unmittelbarer Nähe überflutet“, berichtete Björn Schnöde, Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr in der Einheit Cobbenrode.

Nachdem die Einsätze in der Gemeinde Eslohe abgearbeitet waren, fuhr Björn Schnöde mit dem Wasserförderzug des HSK für zwei Tage in den Erftkreis, um in der dortigen Kiesgrube in Blessem zu helfen. Dort erlebte er das Ausmaß der Katastrophe im Ahrtal. Sofort fing er an, durch ganz Deutschland zu telefonieren, und organisierte innerhalb von eineinhalb Wochen eigenständig Helfer, Baumaschinen und andere Gerätschaften. „Von offizieller Seite haben wir keine Unterstützung bekommen“, so Schnöde.

Durch das Ahrtal rauf und runter

Bald darauf machte sich eine kleine Truppe von fünf bis sechs Feuerwehrleuten aus Cobbenrode auf, um im Ahrtal an den Orten zu helfen, wo Hilfe gebraucht wurde und wird. Von offiziellen Stellen bekamen und bekommen die vielen Helfer wenige bis gar keine Informationen. So wollten Schnöde und seine Kollegen zum Beispiel eine Ölheizung spenden. Nach zwei Wochen und vielem Hin und Her erfuhr Schnöde dann, dass es laut neuer Flurkarte Regionen gibt, in denen gar keine Ölheizungen mehr betrieben werden dürfen. Björn Schnöde ist sehr froh darüber, dass einer seiner Kontaktpersonen die Arbeit für die Helfer etwas koordiniert: Anna Hammer aus Willich am Niederrhein hört sich um, wo es etwas zu tun gibt, verteilt die Helfer dann auf diese Orte und organisiert auch noch Maschinen und Geräte.

Die Truppe um Björn Schnöde fährt regelmäßig freitags ins Ahrtal, räumt Schutt aus Gärten, sägt umgestürzte Bäume klein und räumt sie aus dem Weg oder gibt den Menschen einfach mal eine Schulter zum Anlehnen. „Wenn es anfängt zu regnen, fangen die Leute da unten an zu weinen und haben Angst, dass das Wasser wieder ansteigt. Da möchte man am liebsten gleich mitheulen“, berichtet Schnöde über seine Erfahrungen.

Zwischen Frust und Dankbarkeit liegen oft nur Augenblicke

Quelle: privat
Cobbenrode hilft im Ahrtal

Die Dankbarkeit der Bevölkerung gegenüber den freiwilligen Helfern ist grenzenlos. Als Schnöde in Erftstadt im Einsatz war, kamen Leute und gaben ihnen Geld, weil sie einfach froh waren, dass jemand da war und half. Das Geld haben die Feuerwehrleute wieder eingesammelt und als Spende in den Erftkreis zurückgeschickt: „Das waren 700 Euro, die da zusammengekommen sind.“

Auf die Politik und die Versicherungen sind die Menschen im Ahrtal nicht gut zu sprechen. Um an Fördergelder zu kommen, müssen Onlineformulare ausgefüllt werden. „Die älteren Menschen kriegen das nicht hin oder es mangelt an der richtigen Ausrüstung, zum Beispiel an einem Computer oder – ganz einfach – an der Stromversorgung“, sagt Schnöde fassungslos. Außerdem stellen sich die Versicherungen bei Schadensregulierungen oft quer. Des Weiteren werden Versorgungsstationen abgebaut und die mobilen Toiletten wieder eingesammelt, obwohl viele Bewohner in feuchtem Rohbauzustand hausen, ohne Küche oder funktionierende Sanitäranlagen, geschweige denn, dass die Heizungen so kurz vor Wintereinbruch funktionieren. Viele Ahrtaler fragen sich: Wo ist die Hilfe, die die Politiker so großzügig versprochen haben? „Und das zu Recht!“, mahnt Schnöde stellvertretend für viele Helfer. Wer selber Kinder hat, fragt sich außerdem: Was passiert mit den „Kleinen“, die das alles miterleben musste? Die verzweifelten Schreie der Menschen, die Klassenkameradinnen und -kameraden, die in den Fluten ertrunken sind und deren Platz in den Klassenräumen für immer leer bleiben wird?

In den bis jetzt etwa vier Monaten, die Björn Schnöde und die anderen Cobbenroder geholfen haben, war Schnöde an drei Wochenenden zuhause. „Ein Wochenende musste ich von meinem Arzt aus zuhause bleiben, weil ich Staub und andere Stoffe eingeatmet hatte, die mir auf die Lunge geschlagen sind.“

In Erftstadt haben die Helfer auf der Autobahn unter freiem Himmel geschlafen. Im Ahrtal hat ein Hotelier seine Zimmer für einige Freiwillige zurechtgemacht und ein Containerdorf aufgebaut. Von den Cobbenroder Feuerwehrmännern fährt neben Björn Schnöde auch Florian Wieditz regelmäßig ins Katastrophengebiet. Außerdem bekommen sie Hilfe von Karsten Hesse aus Winterberg, der tatkräftig mit anpackt. Die anderen Helfer können leider nicht mehr mitfahren, weil sie beruflich eingespannt sind.

Wenn selbst Bundeswehrsoldaten nicht mehr können

„Die Bilder, die man da sieht, wird man nicht mehr los. Ich wache nachts teilweise auf und habe das Ahrtal vor meinen Augen. Bei einem meiner ersten Einsätze dort habe ich ein Kuscheltier, ein Mäppchen und einen Tornister gefunden. Später habe ich erfahren, dass das Mädchen, dem die Sachen gehörten, in den Fluten ertrunken ist. Da musste ich das Wochenende abbrechen. Zuhause bin ich dann zusammengebrochen. Ich war aber nicht der einzige. Ich habe gestandene Bundeswehrsoldaten wie kleine Kinder weinen ehen. Ein Soldat erzählte mir, dass es hier schlimmer aussehe wie in Afghanistan“, berichtet Schnöde mit einem Kloß im Hals.

In Sinzig befindet sich eine Auenlandschaft, die bei der Flut überspült wurde. „Dort liegt der Schutt teilweise bis zu drei Meter hoch und wir dürfen nicht auf die Fläche“, berichtet der Feuerwehrmann erzürnt. Die „oberen Stellen“ wollen die schweren Geräte nicht in das Naturschutzgebiet lassen, weil sie den Boden verdichten würden. „Dabei kann man Sand und Kies mit Bagger, LKW und Co. gar nicht verdichten!“, weiß Schnöde als erfahrener Straßen- und Tiefbauer. Auf dem Gelände liegen Ölfässer, Chemikalien, Plastikmüll und anderer Unrat, der die Umwelt zerstört. „Wo bleibt da der Umweltschutz, den unsere Politiker so stark propagieren?“ Außerdem werden noch zwei Menschen vermisst, die auf dieser Brachfläche vermutet werden.

Björn Schnödes Herzenswunsch ist: Helft den Menschen im Ahrtal weiter, so lange sie unsere Hilfe brauchen. Wir lassen sie nicht im Stich!