Quelle: WOLL-Archiv
Siegen/Olpe. „In Sauerland und weit darüber hinaus drohen durch die Vollsperrung der A45 erhebliche Rückgänge bei Aufträgen, Umsätzen und Beschäftigung. Je länger der Neubau dauert, desto höher wird das Risiko, dass durch die Kostennachteile Unternehmensstandorte nicht mehr zu halten sind.“ IHK-Präsident Felix G. Hensel lässt keinen Zweifel daran, wie schwerwiegend sich die durchtrennte „Lebensader“ der Region auswirken könnte. Gerade für die in den beiden Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe weit überdurchschnittlich stark vertretenen produzierenden Betriebe seien intakte und leistungsfähige Straßen- und Schienenverbindungen existentiell wichtig. Felix G. Hensel: „Der volkswirtschaftliche Schaden der Brückensperrung ist erheblich, daran gibt es keinen Zweifel. Wie negativ sich eine langwierige Planung auswirkt, ist sicherlich angesichts der einsetzenden politischen Debatte um die notwendige Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren von elementarer Bedeutung. Dies soll daher kurzfristig wissenschaftlich untersucht werden.“
Für diese und andere Studien, die Möglichkeiten weiterer Beschleunigungspotenziale beim Brückenneubau offenlegen sollen, stelle die IHK Siegen 50.000 € zur Verfügung. Die Studien wolle man in den kommenden Wochen mit anderen Industrie- und Handelskammern sowie dem Verkehrsverband Westfalen e.V. auf den Weg bringen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse dürften jedoch auch aus einem anderen Grund einen hohen Wert aufweisen. Schließlich könne derzeit niemand ausschließen, dass auch an anderen Brücken der A45 oder auf den eingerichteten Umleitungsstrecken vergleichbare Schäden auftreten, ergänzt IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener: „Obwohl vielfach auch nicht in gutem Zustand, müssen diese Brücken nun noch zusätzlichen Belastungen standhalten. Jetzt könnte sich rächen, dass jahrelang zu wenig in Asphalt und Beton investiert wurde. Es wusste jeder, getan hat sich zu wenig. Das muss sich ändern, und zwar grundlegend und schnell. Wir brauchen dringend eine neue Wertschätzung für die Verkehrsinfrastruktur.“ Es sei keine Zeit zu verlieren. Daher habe man vor Weihnachten allen Mitgliedern der Verkehrsausschüsse im Bundes- und im Landtag eine einstimmig verabschiedete Resolution der IHK-Vollversammlung zugeleitet. Zugleich seien auch die südwestfälischen Abgeordneten in Bund und Land gebeten worden, alles dafür zu tun, den „Planungs-Turbo“ einzulegen. Die politisch von der neuen Regierung gewollte Planungsbeschleunigung erfahre hier ihre erste überregional bedeutsame Bewährungsprobe, die aus Sicht der IHK jedenfalls bestanden werden muss. Klaus Gräbener: „An der Brücke in Lüdenscheid kann die Bundespolitik den Nachweis erbringen, dass auch bei der Straßenerneuerung der Wechsel vom Standstreifen auf die Überholspur möglich ist. Wenn hier nicht, wo sonst? Kommt die Berliner Politik hier ,zu Potte‘, ist ihr der Beifall nicht nur der heimischen Wirtschaft sicher.“
Zeit sparen bei Planung und Genehmigung
Die Forderung der Vollversammlung an Politik und Verwaltung ist unmissverständlich: Die heimischen Autobahnbrücken müssen mit maximaler Geschwindigkeit modernisiert werden! In seiner Resolution appelliert das höchste IHK-Gremium an die Entschlossenheit und Geschlossenheit aller beteiligten Akteure. „Unterschiedliche Auffassungen im Detail müssen jetzt hinter das gemeinsame Ziel zurücktreten. Für parteipolitische Spiele ist die Lage zu ernst und zu dringlich“, betont Felix G. Hensel mit Blick auf die anstehende Landtagswahl. Aber auch sonst dürften Befindlichkeiten zwischen den Akteuren keine Rolle spielen. Man benötige einen breiten Konsens der relevanten Akteure. Wo immer möglich, müssten Verfahrensschritte im Planungsprozess gleichzeitig stattfinden, um Zeit zu sparen. Auf ein Raumordnungsverfahren sei bei Ersatzneubauten grundsätzlich zu verzichten. Damit würde auch die hier vorgesehene zeitaufwendige Umweltverträglichkeitsprüfung entfallen. Für die häufig langwierigen Planfeststellungsverfahren fordert die IHK, den gesetzlichen Rahmen umgehend neu zu gestalten. Felix G. Hensel: „Wir brauchen eine Instanzenverkürzung: Für die gerichtliche Überprüfung von Einwänden muss das Bundesverwaltungsgericht erstinstanzlich zuständig sein. Andernfalls gehen Monate, wenn nicht Jahre wertvoller Zeit ins Land.“ Fristen sollten aus Sicht der Kammer grundsätzlich so kurz wie möglich gehalten werden. Wo behördliche Rückmeldungen nicht fristgerecht eingehen, sollte eine Genehmigung angenommen, Einwände, die nicht fristgerecht eingehen, hingegen nicht berücksichtigt werden. Zudem werden mehr qualifiziertes Personal und digitale Technik in diesen sensiblen Bereichen benötigt, dafür deutlich weniger Bürokratie. Auch sollen die Brückenüberwachung verstetigt und unter Einsatz digitaler Instrumente optimiert werden.