Quelle: WHB/Jürgen Appelhans
Wie haben die Pandemie und der damit einhergehende Digitalisierungsschub das Ehrenamt verändert? Wie kann der digitale Wandel aktiv gestaltet werden? Was sind gelingende Strategien, um freiwilliges Engagement zukunftsfest aufzustellen? Mit diesen Fragen hat sich am vergangen Samstag, 21. Mai, der 65. Westfalentag des Westfälischen Heimatbundes e. V. (WHB) im Sauerland-Theater in Arnsberg befasst.
Im Anschluss an die Mitgliederversammlung des Dachverbandes für rund 600 Heimat-, Bürger- und Kulturvereine sowie 700 ehrenamtliche Heimatpflegerinnen und -pfleger eröffnete der Vorsitzende des Westfälischen Heimatbundes, Matthias Löb, den Westfalentag. „Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern nützliches Werkzeug, das Potentiale für Kommunikation, Öffentlichkeitsarbeit und Vereinsmanagement bietet. Das soziale Miteinander, die Gemeinschaft vor Ort wird diese jedoch nicht ersetzen können. So kommt es auf die richtige Mischung an“, so Löb in seiner Begrüßungsrede. „Dafür braucht es eine passgenaue Beratung, die Vermittlung von Kompetenzen wie etwa mit der Westfalen-Akademie und Vernetzung. Hier sehen wir unseren Auftrag als WHB.“
Der Arnsberger Bürgermeister Ralf Paul Bittner würdigte in seinem Grußwort das 100-jährige Wirken des Arnsberger Heimatbundes, welcher die Einladung für die Durchführung des großen Forums des WHB in Arnsberg ausgesprochen hatte. „Mit seinen generationenübergreifenden Angeboten, die auch digitale Medien berücksichtigen, leistet der Arnsberger Heimatbund eine hervorragende Arbeit.
So ist das bürgerschaftliche Engagement ein wesentlicher Pfeiler der Stadt Arnsberg, die als Smart City auch die Chancen technischer und sozialer Innovationen für alle Lebensbereiche auslotet.“
Für seinen Einsatz erhielt der Arnsberger Heimatbund, der auch aufgrund der Nutzung neuer Medien während der Pandemie seine Mitgliedszahlen erweitern konnte, die Ehrenurkunde des WHB.
In seiner Festrede deutete Hannes Jähnert, Vorstandsreferent der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt, die Digitalisierung als Kulturwandel in der Bürgergesellschaft, der zu Beschleunigung und ständiger Verfügbarkeit, aber auch zu Resonanz führen könne, da es letztlich um ein gutes Miteinander und Teilhabe gehe. Er plädierte für Gelassenheit im digitalen Wandel und gesunden Pragmatismus.
In den Gesprächsrunden unter Leitung der WHB-Geschäftsführerin Dr. Silke Eilers wurden zum einen wegweisende Initiativen für die Unterstützung und Förderung freiwillig Engagierter im Prozess der Digitalisierung vorgestellt. Ulrike Petzold, Geschäftsführende Vorständin des Dachverbandes der Kulturfördervereine in Deutschland e. V. (DAKU), präsentierte das Pilotprojekt des digitalen Werkzeugkastens. Der WHB möchte die gemeinsam mit Jugendlichen entwickelten digitalen Anwendungen im Rahmen einer Kooperation mit dem DAKU künftig auch für NRW nutzbar machen. Über Fördermöglichkeiten digital ausgerichteter Projekte aus dem Ehrenamt informierte Eckhard Uhlenberg, Präsident der NRW-Stiftung.
Wie das digitale Dorf von Morgen in der Praxis aussehen kann, zeigten zum anderen Projektkoordinatorin Heidrun Wuttke aus dem Kreis Höxter anhand von „Smart Country Side“ und „Dorf.Zukunft.Digital“, Dr. Pia Steffenhagen-Koch, Regionalmanagerin im Kreis Minden-Lübbecke mit dem Projekt „Mühlenkreis 2.0 – SMARTversorgte Dörfer“ oder Dipl.-Ing. Dana Kurz in Bezug auf die „Digitale Dorf.Mitte“ in Siegen-Wittgenstein. Deutlich wurde, die Menschen haben verstanden, dass digitale Tools die Möglichkeit eröffnen, das eigene Dorf selbstorganisiert nach vorne zu bringen. Notwendig sind jedoch Kümmerer vor Ort, Schulungen und geeignete Rahmenbedingungen sowie Förderung. Dann können beispielsweise das digitale Erzählcafé, die Dorf-Webseite mit Schnittstelle zum Dorffunk oder ein digitales Schwarzes Brett gelingen.
„Wir wissen, dass Heimat nicht Stillstand bedeuten darf“, brachte es Marius Hanke alias Zwergriese in seinem Poetry Beitrag zum Thema Heimat auf den Punkt. Impulse gaben auch die ersten digitalen Erklär-Videos des WHB, die im Rahmen des durch die DSEE geförderten Modellprojektes „Digitalen Herausforderungen begegnen – Zukunftsperspektiven ehrenamtlicher Heimatarbeit“ entstanden sind.
In einer gut nachgefragten Zukunftswerkstatt am Nachmittag konnten die Teilnehmenden mit WHB-Referentinnen Anna Schlottbohm und Sarah Pfeil das Tagungsthema nochmals vertiefen. Alternativ bot ein attraktives Exkursionsprogramm Einblicke in Stadtgeschichte und Natur. Die jungen Gäste des Westfalentages haben in einem kreativen Medienworkshop in Kooperation mit UZWEI_Kulturelle Bildung im Dortmunder U und im Escape Room zur Sonderausstellung „Du Hexe!“ im Sauerland-Museum viel Freude gehabt.
Der Westfalentag war auch insofern ein besonderer, da Matthias Löb nach acht Jahren als Vorsitzender des Westfälischen Heimatbundes offiziell verabschiedet und sein designierter Nachfolger Dr. Georg Lunemann vorgestellt worden ist. „Es ist sicherlich das Verdienst von Matthias Löb, dass der WHB und seine Mitglieder in der Region und weit darüber hinaus in den letzten Jahren eine neue Wahrnehmung und Wertschätzung erfahren haben“, waren sich die Laudatorinnen Birgit Haberhauer-Kuschel, stellvertretende Vorsitzende des WHB, sowie WHB-Geschäftsführerin Dr. Silke Eilers einig. „Wir haben Herrn Löb als jemanden erlebt, dem das freiwillige Engagement ein wirkliches Herzensanliegen ist. Es ist ihm immer darum gegangen, Strukturen nachhaltig zu verbessern, etwas zu bewegen und in die Zukunft zu entwickeln – dabei nie von oben herab, sondern auf Augenhöhe.“ Die Gäste des Westfalentages würdigten sein ehrenamtliches Engagement für die Heimatbewegung Westfalens mit langanhaltendem Applaus. In der Mitgliederversammlung war er kurz zuvor zum Ehrenmitglied des WHB gewählt worden.