Wer war denn dieser Pampel?

Eine Esloher Legende

„Kann denn der Pampel sterben?“, fragte einer von Loths Jungen, als Wilhelm Jungbluth (1897–1960) der Schlag getroffen hatte. Der Esloher Malergeselle, im Hauptnebenberuf Fleischbeschauer, war als Pampel bekannt und lebt als solcher in unzähligen Geschichten bis heute fort. Viele von ihnen sind in einem ungewöhnlichen „Heimatbuch“ niedergeschrieben. Sie erzählen den Kleinen von einem starken Rückgrat, mit dem man den eigenen Weg gehen und aus der Reihe tanzen kann. Den großen Leuten aber will das Buch den nörgeligen Griesgram und die todernste Erwachsenenmiene vermiesen.

Aus seinen „Erlebnissen“

Einmal hatten die Anstreicher auf einem Bauernhof zu tun. Die Besitzer galten als geizig und so gab es für jeden Anstreicher mittags nur ein halbes Ei. Mit knurrendem Magen ging die Arbeit weiter. Plötzlich sprang Pampel von der Leiter und lief einem Huhn hinterher. Laut rief er dazu: „Gack, gack, gack, du alte Henne. Leg doch mal ein ganzes Ei!“ Am nächsten Tag hat das dumme Huhn tatsächlich ganze Eier gelegt. Einmal sang Pampel beim Ausmalen des Altarraumes alle Strophen von „Maria, dich zu lieben ist allzeit mein Sinn“. Da eilte aus dem hintersten Schiff der Kirche der Pastor hinzu und meinte: „Herr Jungbluth, können Sie nicht etwas anders singen? So dauert das Anstreichen ja viel zu lange.“ Da drehte Pampel sich um und sang im Schlagertempo einer Eierlikör-Werbung zum zügigen Pinselstrich weiter: „Ei, ei, ei, Maria.“

Es gibt auch Überlieferungen mit ernstem Ton: Pampels Eltern wohnten im Haus der jüdischen Familie Robert Goldschmidt und betrieben im ersten Stock eine Fremdenpension. Unten war das Geschäft der Goldschmidts. Pampel erneuerte die Schrift des Reklameschilds der Goldschmidts. Während dessen kam der Brillenträger Adam Nürnberg, stellvertretender Bürgermeister der Nazis, des Weges. Er sah nicht gerne, dass der jüdische Name erneuert wurde, ausgerechnet von einem „arischen“ Handwerker: „Können Sie nicht ein Hakenkreuz oder wenigstens einen Itzig mit krummer Nase danebenmalen, Herr Jungbluth?“ Pampel antwortete: „Das kann ich schon, ich kann aber auch einen Affen mit ‘ner Nickelbrille dabeimalen!“ Nürnberg ging weiter. Pampel kam auf die schwarze Liste der Nazis und war auch einige Zeit inhaftiert.

Auch das noch: Fleischbeschauer

Wenn Pampel sonst ein tüchtiger Anstreicher war, für die Trichinenschau beim Schweineschlachten in der Umgebung ließ er alles stehen und liegen. Er legte den Pinsel aus der Hand, schlug den Kittel um, schnallte den Trichinenkoffer vorn aufs Rad und fuhr los. In der Küche hatte er dann die ganze Kinderschar um sich herum, und jedes durfte ins Mikroskop schauen. Pampel hatte aber „gefühlt neunundneunzig Berufe“, u. a. Krankenwagenfahrer, Bademeister und Hausmeister. 1990 bekam der Pampel ein „Denkmal“ auf dem Platz vor dem alten Spritzenhaus. Peter Bürger sagte in der Einweihungsansprache: „Pampel hat sich das Denkmal nicht verdient, sondern erlebt. Es ist kein Denkmal im eigentlichen Sinn für einen Helden oder Würdenträger, der mit versteinerter Miene dasteht, sondern es ist eher eine Skulptur, die sagt: „Sieh mal!“ Wie der Pampel da steht, sieht man ihm doch an, dass ein kleines Geheimnis hinter seinem Gesicht steckt. Gleich verschwindet er um die Ecke und lässt das kleine Geheimnis leben. Mach’s ihm nach, wenn du vorbeikommst.“ Das 1989 erschiene Buch gibt es im DampfLandLeute-Museum. Peter Bürger und Rudolf Franzen sind die Autoren.