Wer vertritt die Interessen der Bürgerinnen und Bürger?

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Auf welchen Sauerländer Höhen und in welchen Sauerländer Wäldern werden in naher Zukunft gigantische Windindustrieanlagen stehen? Wo werden bald sogenannte Windvorranggebiete für den zukünftigen Regionalplan ausgewiesen? Diese und andere Fragen werden in diesen Tagen von den Bürgerinnen und Bürgern in zahlreichen Städten und Gemeinden des Sauerlandes und den politisch Verantwortlichen gestellt. Vor einigen Tagen wurden an dieser Stelle 10 Fragen an die Landräte des Hochsauerlandkreises und des Kreises Olpe und an die Bürgermeister der Städte Schmallenberg, Winterberg, Meschede, Lennstadt, Bestwig, Eslohe, Finnentrop, Kirchhundem gestellt. Heute hat HSK-Pressesprecher Martin Reuther die nachfolgende Antwort als Stellungnahme des Hochsauerlandkreises sowie der Städte Schmallenberg, Meschede und Winterberg sowie der Gemeinden Eslohe und Bestwig zugeschickt.

Gemeinsame Antwort des Hochsauerlandkreises sowie der Städte Schmallenberg, Meschede und Winterberg und der Gemeinden Eslohe und Bestwig auf 10 gestellte Fragen.

„Deutschland und insbesondere auch Nordrhein-Westfalen sind ein energiehungriges Land. Viele, große Städte mit hohen Einwohnerzahlen und eine starke Wirtschaft mit vielen Industrieanlagen sind daher auf eine stabile Energieversorgung angewiesen, um den Lebensstandard zu erhalten und die Wirtschaft am Laufen zu halten. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat deutlich gezeigt, wie empfindlich eine Unterbrechung der Energieversorgung das gesamte Land treffen kann und wie abhängig man zum gegenwärtigen Zeitpunkt von Energielieferungen aus dem Ausland ist. Die drohende Energiekrise konnte nur aufgrund des Engagements zahlreicher Bürgerinnen und Bürger sowie der Betreiberinnen und Betreiber in der Industrie bewältigt werden, die bereit waren, in energiekritischen Zeiten so viel Energie einzusparen wie möglich. Zu Gute kam uns dabei zusätzlich der milde Winter, durch den der Grundverbrauch durch Heizen deutlich sank. Klar ist aber auch, dass eine derartige Energienot nicht jeden Winter neu über der Gesellschaft schweben und insbesondere nicht durch außerhalb Deutschlands liegende Einflüsse hervorgerufen werden darf.

Daneben basiert die aktuelle Energieversorgung sowohl im In- als auch im Ausland im großen Umfang auf fossilen Energieträgern. Diese sind endlich und werden auf lange Sicht den Energiebedarf nicht decken können. Zudem haben die letzten Jahre gezeigt, wie notwendig eine Verbesserung der CO²-Bilanz ist, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Jahrhunderthochwasser und sogar ein Jahrtausendhochwasser, Dürreperioden, die insbesondere den Bauern Sorgen und damit einer stabilen Lebensmittelversorgung Probleme bereiten, und heftige Stürme belasten bereits jetzt regelmäßig das Land.

Aus diesem Grund ist es erforderlich, sich eine von fossilen Energieträgern und vom Energieimport unabhängige Energieversorgung aufzubauen. Grundvoraussetzung dafür ist, die Ressourcen zu nutzen, die das eigene Land bietet. Diese sind: Wind, Wasser, Erdwärme und Sonnenenergie. Die Windenergie ist eine fundamentale Säule, um eine autarke Energieversorgung zu etablieren. 

Eine dezentrale Energieversorgung erhöht zudem die Resilienz vor Beeinträchtigungen und Ausfällen und reduziert die Belastung einzelner Standorte. Diese ortsnahe Versorgung setzt gleichzeitig eine faire Verteilung der Energieanlagen voraus. Aufgrund der Windhöffigkeit und der Bevölkerungsdichte ist aber gleichzeitig nicht jeder Standort geeignet, um dort Windenergieanlagen aufzubauen. 

Im Windflächenbedarfsgesetz (WindBG) wurden alle Länder verpflichtet, ca. 2 Prozent ihrer Landesfläche für Windenergie als eine Säule einer autarken Energieversorgung vorzuhalten.

Die Umsetzung des WindBG erfolgt in NRW durch die Änderung des Landesentwicklungsplans (LEP NRW). Der Entwurf wurde am 2. Juni 2023 von der Landesregierung verabschiedet. Bis Ende 2025 (also vor der bundesgesetzlichen Frist im WindBG – 1,1 Prozent bis 2027 bzw. 1,8 Prozent bis 2032 für NRW) sollen in den Regionalplänen Windenergiebereiche festgelegt werden. Dies setzt für alle Beteiligten eine große Kraftanstrengung und einen engagierten Einsatz voraus. 

Die Grundlage für den Landesentwicklungsplan bildet die Potentialstudie des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV). In dieser wurden für die Windenergie die potentiell geeigneten Flächen ermittelt. Der Landesentwicklungsplan für NRW befindet sich gerade in der Aufstellung und ist im Stadium der Auslegung. Die Träger öffentlicher Belange und die Öffentlichkeit haben Gelegenheit, sich zum Entwurf des LEP zu äußern. Parallel zur Änderung des LEP wird die Änderung des Regionalplans vorbereitet. Im Regionalplan sind die Flächenbeitragswerte für die Planungsregion, hier Arnsberg, als Windenergiebereich umzusetzen. Sobald der Regionalrat einen Regionalplanentwurf verabschiedet hat, besteht Gelegenheit für die Träger öffentlicher Belange und die Öffentlichkeit, eine Stellungnahme abzugeben.

Die überregionale Planung ist auch direkte Grundlage für die Auseinandersetzung mit den Belangen des Natur- und Artenschutzes. Im Rahmen der Regionalplanung findet eine strategische Umweltprüfung statt, welche schon auf der Planungsebene eine umfassende Betrachtung der betroffenen Belange sicherstellt. Auf diese kann dann Bezug genommen werden, wodurch eine aufwendige Gutachtenerstellung und Prüfung im Einzelfall obsolet wird. Dies wird ohne eine Verringerung des Stellenwertes des Natur- und Artenschutzes zu einer erheblichen Beschleunigung der Verfahren führen. 

Von diesen Änderungen abgesehen, laufen die Verfahren weiterhin nach dem immissionsschutzrechtlichen Verfahrensrecht, nach dem sämtliche Träger öffentlicher Belange angehört werden. An der Beteiligung der Öffentlichkeit ergeben sich keine Änderungen.“

Naturschutzvereine und besorgte Bürgerinnen und Bürger in den betroffenen Städten und Gemeinden werden vermutlich mit den Antworten der angesprochenen Kommunen nicht zufrieden sein. Vor allem die extrem kurzfristigen Zeiträume und Fristen zur Stellungnahme zum LEP stehen wohl in der Kritik. Die Fristen zur Stellungnahme liegen dazu noch in der Urlaubszeit, so dass kaum Zeit für Beratung und Abstimmung bleibt.