Wer macht hier eigentlich Politik?

Es grünt so Grün …

Grün gefärbte Wälder, Wiesen und Felder prägen, mal abgesehen von der Winterzeit in den Höhenlagen oberhalb 300 Metern, fast ganzjährig das Landschaftsbild im Schmallenberger Sauerland. In Sachen Politik hat sich eine „grüngesinnte“ Sichtbarkeit nach einem ersten Ausbruch 1985 in Schmallenberg erst Anfang 2005 erkennbar entwickelt. Heute zählt der Ortsverband Bündnis 90/ DIE GRÜNEN Schmallenberg 28 Mitglieder. Drei Mitglieder sitzen im Rat der Stadt Schmallenberg. Bei der Kommunalwahl 2020 errang die Partei einen Anteil von 8,78 %. 1.139 Personen haben in der Stadt Schmallenberg Bündnis 90/DIE GRÜNEN gewählt. WOLL hat sich mit Hannah Roßwinkel, die sich den Vorsitz der Partei in Schmallenberg mit Daniel Schulte teilt, und dem Schatzmeister Sebastian Lanksch an einem dunklen Januarabend an der ersten Station des Holzerlebnisparcoursweges, im Boot, getroffen. Hannah Roßwinkel und Sebastian Lanksch haben extra diesen Platz für das Gespräch im Rahmen unserer Serie „Wer macht hier eigentlich Politik“ vorgeschlagen. Der wunderbare Ausblick auf das erleuchtete Schmallenberg und das Thema Holz sollen symbolisieren, wofür sich die Partei unter anderem besonders einsetzt. Beide Parteimitglieder sind erst in Schmallenberg „Grüne“ geworden.

Hannah Roßwinkel kam 2016 zusammen mit ihrem Mann, der Richter am Amtsgericht in Lennestadt ist, und ihren zwei Kindern nach Schmallenberg. Sebastian Lanksch stammt gebürtig aus Oberbayern und hat beruflich die ganze Welt gesehen. Seit 2018 wohnt er zusammen mit seiner Frau und zwei Kindern in der Strumpfstadt. Beruflich arbeitet er für einen großen deutschen Automobilkonzern im Vertrieb Elektromobilität. Hannah Roßwinkel, die als Suchttherapeutin und stellvertretende Teamleiterin bei der Fachklinik Fredeburg beschäftigt ist, hat sich erst nach dem Mord an den Kassler Regierungspräsidenten Walter Lübcke entschlossen, sich politisch zu engagieren. „Ich habe mir angeschaut, was passt hier in Schmallenberg, und habe bei den GRÜNEN eine Haltung und Kultur gefunden, die mich ansprach. Obwohl die Website vor drei Jahren noch nicht so ansprechend war wie heute, habe ich an einer Fraktionssitzung teilgenommen bin ich dann dabeigeblieben.“

In Schmallenberg zu den Grünen

„Ich bin auch ein Wahlheimat-Schmallenberger“, sagt Sebastian Lanksch. Vor einigen Jahren standen er und seine Frau vor der Wahl, in der Ferne zu bleiben oder hier in Schmallenberg zu wohnen und zu arbeiten. Seine Nähe zu den GRÜNEN im sonst eher „schwarzen Sauerland“ rührt aus Erlebnissen in seiner Jugendzeit her. In den 80er Jahren stand der Tourismus in seiner Heimat, in einem engen Tal in Oberbayern, vor großen Problemen. Im benachbarten Österreich änderte sich die Skilandschaft mit breit angelegten Trassen und Schneekanonen, was dort die Umwelt schädigte und in Oberbayern die Gästezahl enorm verringerte. „Die Gäste fuhren an unserem Bergsteigerdorf vorbei weiter nach Österreich. Die Einkommensquellen für die Menschen versiegten und die Gemeinde musste sich neu erfinden. Heute ist das heimatliche Skigebiet dank grüner Politik ein Naturschutzgebiet. Das hat mich geprägt und motiviert, mich für grüne Politik einzusetzen.“

„Ein Traum hier zu wohnen.“

Im Gespräch betonen die beiden jungen Eltern ihre Motivation und Freude, nun im Schmallenberger Sauerland zu leben. Familie Roßwinkel hat sich im Neubaugebiet Lenninghof ein Haus gebaut, mit einem großen Naturgarten, den sogar die Rehe aus den nahen Wäldern regelmäßig aufsuchen. „Wir wollen alles sehr natürlich und naturnah gestalten. Es ist ein Traum, hier zu wohnen.“ Sebastian Lanksch beschäftigt sich beruflich mit Elektromobilität und setzt sich in Schmallenberg zurzeit besonders für die Verbesserung und Errichtung sicherer Radwege ein. „Die Führung des Sauerland-Radweges durch die Stadt entspricht noch nicht den üblichen Sicherheitsbedürfnissen und vor allem das Radfahren in der Stadt ist nicht nur für Kinder derzeit sehr gefährlich. Hier muss in den kommenden Jahren einiges getan werden“, sagt er. Die Energie- und Mobilitätsthemen stehen bei den Schmallenberger GRÜNEN, wie fast überall, ganz vorne auf der Aufgabenliste.

Sichtbarkeit verbessern

Hannah Roßwinkel hat früher Rockkonzerte und andere große Events organsiert und kennt die Mechanismen, um junge Menschen zu begeistern. Sie sagt: „Ich habe großes Interesse daran, und das unabhängig von der Parteiarbeit, dass es mehr Nachwuchs in der Lokalpolitik gibt. Ich möchte auch gerne mehr Nachwuchs bei den politischen Gegnern haben. Dafür muss Politik zeigen, was wir eigentlich tun. Dafür braucht es mehr und bessere Sichtbarkeit.“ Hannah Roßwinkel sprüht voller Ideen und Begeisterung. „Ich gucke abends um 20:00 Uhr Nachrichten. Da wird irgendetwas auf Bundesebene erzählt, aber alles, was die Umsetzung anbelangt, ist Lokalpolitik. Das muss immer und immer wieder gesagt werden. Ich will mit den jungen Leuten sprechen, damit sie das Gefühl dafür bekommen und sich mehr engagieren.“

Sebastian Lanksch sieht in der gegenüber 2014 um fast 10 % gestiegenen Wahlbeteiligung bei der Kommunalwahl in Schmallenberg ein gutes Zeichen. „Man muss immer wieder aufzeigen, dass eine Wahl auch eine Konsequenz für die nächsten Jahre hat. Ich bin in meinem Berufsleben in vielen Ländern gewesen, wo es das Grundrecht auf Wahlen nicht gab. Wir müssen verstehen und schätzen, dass wir frei wählen dürfen. Daher ist es für mich sehr wichtig, die Wahlbeteiligung sehr hoch zu halten und noch höher zu bekommen: die Menschen durch öffentliche Diskussionen zur Wahl zu mobilisieren.“

Mehr Formate zum Diskutieren

Einig sind sich die beiden Vertreter von Bündnis 90/DIE GRÜNEN, Hannah Roßwinkel und Sebastian Lanksch, dass es in Schmallenberg recht schwierig ist, sich mit der Oppositionsarbeit zu profilieren. Hannah Roßwinkel: „Es gibt einen sehr bunten Stadtrat mit sechs unterschiedlichen Parteien.“ Und Sebastian Lanksch ergänzt: „Bei der Bürgermeisterwahl hat es verschiedene Kandidaten und eine richtige Wahl gegeben. Das hat gewiss auch zu der überdurchschnittlichen Wahlbeteiligung beigetragen.“

Und was wünschen sich die Vorsitzende und der Schatzmeister für die Zukunft? Es sind verschiedene Bereiche, die im Vordergrund stehen: die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an der Willensbildung, Stärkung von Familien, Unterstützung der lokalen Kulturarbeit, energetische Sanierungen ermöglichen. „Es wäre gut, wenn es mehr Formate gäbe, in denen sich die Köpfe der Parteien den Menschen in der Stadt zeigen könnten. Es sollte zudem als normal gelten, dass es zu vielen Problemen und Fragen unterschiedliche Positionen gibt.“ Sebastian Lanksch sieht es als eine wichtige Aufgabe an, mit Vorurteilen aufzuräumen. „Ich versuche zum Beispiel, den bekannten Aussagen wie ‚Ihr Grünen macht die Wälder kaputt, Ihr macht die Waldbauern kaputt.‘ Oder: ‚die Grünen wollen überall Windräder hinstellen.‘ mit guten Argumenten entgegenzuwirken.“ Die bei diesem Thema beginnende Diskussion zwischen dem Interviewer und Hannah Roßwinkel und Sebastian Lanksch von Bündnis 90/DIE GRÜNEN in Schmallenberg wurde nicht zu Ende geführt und hat es verdient, bei passender Gelegenheit öffentlich fortgeführt zu werden. Anträge im Rat der Stadt Schmallenberg von Bündnis 90/DIE GRÜNEN stehen ebenso wie Stellungnahmen zu aktuellen Themen auf der Website der Partei.