Vikar Lukas Hellekes über Abschiede, berufliche Herausforderungen und neue Hoffnung
Das Jahresende ist eine zwiespältige Angelegenheit: Ist der November noch der Monat der Trauer und des Abschieds, widmet sich ein Gutteil des Dezembers einer neuen Hoffnung: Weihnachten.
Der Gedanke, angesichts dieser Herausforderung einen Geistlichen zu konsultieren, schien uns verlockend. Es bedurfte nur einer kurzen Überlegung, da kam uns ein alter Bekannter in den Sinn: Lukas Hellekes, gebürtiger Altenhundemer und jetzt Vikar im Pastoralverbund Delbrück-Hövelhof, gab uns bereits in der Herbstausgabe 2015 ausführlich Auskunft über seine anstehende Priesterweihe und seine spirituelle Entwicklung bis dahin – oder besser: legte in Wort und Persönlichkeit ein fesselndes Zeugnis seines Glaubens ab.
Fünf Jahre später wollen wir wissen, wie der Jungpriester seine ersten Praxisjahre erlebt hat und wie er die Themen Abschied und Hoffnung sieht.
Lukas ist gerade auf Hausbesuch am Biertappen. Auf dem Tisch steht leckerer Apfelkuchen und dampfender Tee und Kaffee. Lukas‘ Mutter hat aufgetischt und wird während unseres Gespräches dabei sein. Ein Priesterkollege hat Lukas besucht und ist jetzt im Aufbruch: Patrick Kaesberg, ebenfalls eines dieser „neuen Gesichter“, die die katholische Kirche so dringend benötigt, ist in Netphen tätig und will jetzt noch auf einen Geburtstag. Trügen er und Lukas nicht die typischen Krägen, man hielte sie glatt für „normale“ junge Menschen.
„Glaub mir“, erwidert er auf die entsprechende Eröffnung, „ich habe alles dagegen getan, Priester zu werden. Es war ein Kampf, das kann man sich nicht vorstellen. Familie, Kinder, all das wollte ich auch. Aber schließlich gewann Jesus Christus, denn er ist alles wert.“ Seiner Mutter brach es das Herz, als sie als letzte von seiner Entscheidung erfuhr. Ihr Kuchen schmeckt köstlich, während sie auf ihren Sohn blickt: „Lukas hatte uns damals schon immer ermahnt, doch schnell zu machen auf dem Weg zur Messe. Einfach war es nicht, als ich erfuhr, wohin das geführt hat.“ Lukas schmunzelt: „Ihr wart aber auch immer sehr spät dran.“
Dieser Mann ist mit sich im Reinen und stellt sich mitten in der Welt unseren Fragen. Was als normale Recherche beginnt, entwickelt sich zu einem tiefen Gespräch über die Welt des Glaubens. Während Fotografin Gaby mit der Kirche als Unternehmen ihre Schwierigkeiten hat, faszinieren den Verfasser dieser Zeilen nach wie vor Lukas Klarheit und der Fokus, die auch fünf Jahre nach unserem ersten Gespräch im Café Heimes nichts von ihrer Strahlkraft eingebüßt haben. Gleichzeitig ist er immer noch der bodenständige Typ von 2015. Er schaut mich an, nickt, und greift der Frage vor: „Das bin ich.“ Vielleicht sitzt hier ein Update. Sind Abschiede eine Herausforderung?
„Klar. Bei einer 33-jährigen Mutter, die ein Kind hinterlässt, hatte ich natürlich ein anderes Gefühl als bei einer bettlägerigen alten Dame, die bis zur Krankensalbung durch mich nicht von der Welt zu kommen wusste, wie man schon mal so sagt. Kaum war ich fünf Minuten aus dem Zimmer, sei sie laut ihren Verwandten friedlich eingeschlafen“, berichtet er offen. „Das Gute ist: Du bist die Brücke Gottes zum Menschen und umgekehrt. Da wirkt nicht dein Ego, da wirkt etwas Mächtigeres durch mich. Das entlastet wiederum sehr.“ Doch auch der geistliche Dienst hat seine Schattenseiten: „Was mich noch immer unsicher macht, sind Gemeindemitglieder mittleren Alters, die ihm mit Polemik kommen. Sie hätten von meiner Messe etwas anderes erwartet, ich hätte doch alles studiert, nur nicht Theologie – und lauter solche Sachen.“
Wo wir gerade dabei sind, können wir jetzt auch noch – beim zweiten Stück Kuchen und bollerndem Ofen – Missbrauchsskandale und den Zölibat ansprechen. „Die Missbrauchsquote in der Kirche ist nicht höher als im Querschnitt der Gesellschaft. Jeder Fall ist einer zu viel, ganz klare Sache.“ Aber mit Priestern als reine Projektionsfläche hat Lukas Schwierigkeiten. Den Zölibat sieht er nicht als notwendiges Übel und verwehrt sich dagegen, diesen gegen die Ehe auszuspielen: „Gott beruft eben auf unterschiedliche Weise. Auch ich hätte mir gut ein Leben als Ehemann vorstellen können. Aber seht es doch mal nicht von der Verzichtsseite aus, sondern vom Gewinn her.“ Fotografin Gaby staunt nicht schlecht, und Lukas legt noch einen drauf: „Wenn Jesus bestellt, dann bezahlt er auch.“
Er möchte Räume öffnen, Zugänge zum Glauben schaffen. Unser Gespräch ist selbst zu einem solchen Raum geworden; trotz aller Zweifel und Differenzen fühlt sich jeder wohl. Hier darf jeder sein. Einfach sein. So müssten sich Heilige Messen auch mal wieder anfühlen!
Angesichts des nahenden Weihnachtsfestes gibt uns Lukas noch einen seiner unschlagbaren Einzeiler mit auf den Weg: „Mit Jesus zusammen zu gehen, ist das schönste Abenteuer des Lebens.“
Nun haben wir es: Abschied, Hoffnung, Neubeginn. Lukas bricht auf; er möchte heute Abend noch nach Hövelhof. Inspiriert setzen wir uns an Fotobearbeitung und Text. Hoffentlich sehen wir uns wieder – nicht erst in fünf Jahren!