… dann hat das Projekt ‚Sokoor‘ Wege eröffnet, an die zuvor kaum jemand gedacht hat
Ein langer Flur. Viele Türen. Viele Schilder. Und zum Glück – da vorne, ein Foto, das vielen Menschen das Leben so viel leichter macht. „Ein einziges Bild des Mitarbeiters neben dem Türschild hilft so sehr weiter. Viele unserer Bewohner sind allein dadurch so viel selbstständiger, weil sie durch das eine Bild ganz genau wissen, welcher Mitarbeiter hinter welcher Tür sitzt“, berichtet Leonie Köpp, die mit ihren Kolleginnen Lara Frese und Ulrike Düppe im Josefsheim Bigge das Projekt ‚Sokoor‘ umsetzt.
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte
Es ist oft nicht viel, was die leichte Sprache ausmacht. Dennoch kann jeder durch einfache Mittel mitwirken und bei komplexen Sachverhalten selbstverständlich die Fachstelle für Unterstütze Kommunikation des Josefsheims um Rat bitten. Ein Bild an der Tür, ein Bild in der Speisekarte beim Italiener oder eine Handlungsbeschreibung mit Symbolen am Geldscheinautomat gibt vielen Menschen durch die Anwendung einfacher Symbole in Kombination mit vereinfachter Sprache Selbstvertrauen und ein Stück ihrer Selbstbestimmung zurück. „Es ist so schön zu sehen, mit wieviel Freude unsere Bewohner aus dem Ort zurückkommen, weil sie es selbst geschafft haben, Geld an der Bank abzuholen. Und das, weil da einfach ein Bild mit Anweisungen hing, das ihnen geholfen hat. Der Stolz ist diesen Menschen ins Gesicht geschrieben – das macht uns als Projektteam natürlich auch glücklich“, gibt Leonie Köpp zu, die das von Aktion Mensch unterstützte Projekt im September 2018 ins Leben gerufen hat.
Ein Bild für viele Menschen
„Ich habe im Rahmen meiner Masterarbeit in dem Bereich der Unterstützten Kommunikation einen großen Hilfebedarf gesehen erzählt Leonie Köpp, die seit 2009 im Josefsheim Bigge arbeitet und seit fast zwei Jahren Leiterin der Fachdienste ist. Das Projekt, das von der Aktion Mensch gefördert wird, hat das Ziel, Sprache einfach zu gestalten, damit Menschen, die sprachliche, kognitive oder komplexe Behinderungen haben, selbstbestimmter und eigenständiger leben können. „Wir haben das Josefsheim-Projekt natürlich mit Blick auf die Menschen mit Behinderungen in Bigge-Olsberg ins Leben gerufen. Aber: Es profitieren zusätzliche viele andere, die sich über die unterstützte Kommunikation freuen. Kinder zum Beispiel oder ältere Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund oder Menschen, die nicht ausreichend lesen können. All diesen hilft oft ein einziges Bild, das der Erklärung dient“, führt die 31-Jährige Heilpädagogin fort.
Bewusstsein schaffen
Das Projektteam ist zwei Jahre nach Projektstart sehr zufrieden. „Wir haben schon viel erreicht und erste wichtige Meilenstein gelegt. Trotzdem waren wir zu Beginn unserer Arbeit erstaunt darüber, dass wir vielen Leuten, auf deren Unterstützung wir im öffentlichen Sozialraum angewiesen sind, erst einmal bewusst machen mussten, wie wichtig diese vereinfachte, oft bildliche Sprache für viele Menschen ist. Ich bin froh, dass dieses Bewusstsein jetzt da ist und mit uns zusammenarbeiten“, sagt Ulrike Düppe, die weiß, dass Menschen mit Behinderung froh sind, wenn sie mal nicht nach Hilfe fragen müssen.
Das Projekt endet voraussichtlich im Herbst 2021. Eine weitere Stärkung im Bereich der Leichten Sprache ist darüber hinaus weiter notwendig. Gilt es doch, noch mehr zu erreichen und das Bewusstsein der Gesellschaft noch stärker zu schärfen. Aktuell wird deshalb daran gearbeitet, budgetneutrale Verlängerung des Projektes zu erwirken.
Am Ende ist die vereinfachte Sprache eine Win-win-Situation – für die Einzelhändler, deren Angebote verstanden werden wollen, und für die Menschen, denen ein einziges Bild und die Übersetzung in die einfache Sprache so viel mehr zurückgeben als ein geschriebener Text.