„Wenn die Wände der Höhle reden könnten, würden sie die ganze Zeit quatschen.“

Das Felsenmassiv „Hoher Stein“ ist 50,55 Meter hoch. Früher wurde hier Kalkstein abgebaut. Foto: S. Droste

Die Kulturhöhle Hohler Stein 

Am liebsten kommt Klaus-Dieter HötteFörster und Rangerfrühmorgens hier hin. Dann steigt er auf den Gipfel des Hohen Steines und genießt die schier endlose Aussicht über das Lörmecketal. „Unten plätschert der Bach, auf der Wiese äsen Rehe und ab und zu schnürt ein Fuchs vorbei – was will man mehr?“ 

Die Kulturhöhle Hohler Stein ist umgeben von Haselnusssträuchern und Orchideenarten, die den trockenen, reichhaltigen Kalkmagerrasen ebenso lieben wie der Wilde Thymian, nach dem es bei jeder Brise duftet. Dabei entfaltet das Naturschutzgebiet auch bei Regenwetter seinen besonderen Zauber. „Einmal suchte ich bei einem Gewitter Schutz im Hohlen Stein“, so der Ranger.  „Als es dann donnerte – das war schon beeindruckend!“ 

Förster und Ranger Klaus-Dieter Hötte. Foto: S. Droste
Förster und Ranger Klaus-Dieter Hötte. Foto: S. Droste

Die Kulturhöhle  

„Beeindruckend“ ist überhaupt das richtige Wort, um die Kulturhöhle mit den Innenmaßen von 12 Meter Höhe, 20 Meter Breite und 30 Meter Länge zu beschreiben. „Vor 350 Millionen Jahren war hier noch ein Meer“, erzählt Klaus-Dieter Hötte. Später sank es ab und der Fluss fraß sich nach und nach durch das Gestein. „Der Kalk wurde durch die Kohlensäure im Wasser gelöst und der Felsen ausgehöhlt.“   

Gleich zwei steinzeitliche Kulturen benutzen die Höhle als Lebensraum: Die Steinspitzenkultur und die Ahrensburger Kultur. Letztere hatte sich auf die Rentierjagd spezialisiert, wie diverse Funde in der Höhle beweisen. Statt den umherziehenden Rentierherden nachzureisen, lauerten die Menschen ihrer Beute im Frühjahr auf. 

Fälscher, Götter und Geister 

Der Hohle Stein war bis ins 19. Jahrhundert durch einen Überhang geschützt. Bis der abstürzte, diente die Höhle so manchem als Versteck. Im 17. Jahrhundert etwa wurden dort die Pfennigstücke der Stadt Werl gefälscht. Um 1813 machte es sich ein Riemenschneider und Sattler in der Höhle gemütlich. Bis er in der Stadt Kallenhardt ansiedeln durfte, lebte und arbeitete er zwei, drei Jahre lang im Hohlen Stein. Bei Ausgrabungen zwischen 1928 und 1934 wurden dann rund 50 LKW-Ladungen Geröll entfernt. Dabei stießen die Forscher auf eine gemauerte Felsenkammer, darin eine skelettierte Leiche.  

Die große Öffnung des Hohlen Steins war früher durch einen Überhang geschützt. Der Felsbrocken zeugt noch heute davon. Foto: S. Droste
Die große Öffnung des Hohlen Steins war früher durch einen Überhang geschützt. Der Felsbrocken zeugt noch heute davon. Foto: S. Droste

„Es wurde vermutet, dass es sich um König Attila von Susat, also von Soest, handelt, der dort zur Strafe für seinem Verrat an den Nibelungen lebendig eingemauert wurde“, berichtet Klaus-Dieter Hötte. Beweise dafür fanden sich keine. Allerdings soll es in der Höhle auch schon mal gespukt haben… 

Auch heute noch zieht die Höhle Besucher in ihren Bann. „Mich fragen immer wieder Leute, ob sie hier Wotan oder Thor mit einem Blutopfer huldigen dürfen“, erzählt der Ranger. Auch diente der Hohle Stein bereits als Kulisse für ein illegales Rockkonzert. „Wenn die Wände der Höhle reden könnten, sie würden die ganze Zeit quatschen.“ 

Hinter jeder Biegung etwas Neues 

Um den Hohlen Stein herum führen zahlreiche Wanderwege, so auch der sechs Kilometer lange „Fließweg“. Der führt direkt zum 550 Meter entfernten Felsmassiv „Hoher Stein“. Für menschliche Besucher ist er allerdings nicht begehbar.  „Wenn Sie hier Fotos machen“, der Waldranger deutet auf den Hohen Stein, auf dem sich gerade die Ziegenherde tummelt, „und erzählen, dass Sie in Südtirol waren, nimmt Ihnen das jeder ab!“ 

Bis ca. 1950 führte noch ein Stadtziegenhirte die Tiere auf die Hude am Hohen Stein. Heute sorgen sie dafür, dass der Schwarzdorn dort nicht überhand nimmt. Foto: S. Droste
Bis ca. 1950 führte noch ein Stadtziegenhirte die Tiere auf die Hude am Hohen Stein. Heute sorgen sie dafür, dass der Schwarzdorn dort nicht überhand nimmt. Foto: S. Droste

Wilde Schönheit Lörmecketal 

Eine uralte Höhle in einem Tal voller Geheimnisse. Unterirdische Höhlensysteme, die schon mal einen ganzen Bach „verschlucken“. Ein Felsspalt, aus dem sommers wie winters stets gleichwarme Luft strömt. Eidechsen, die sich in der Abendsonne wären. Schmetterlinge und Geflecktes Knabenkraut. Wildbienen und uralte Hudeeichen. Schlehen, aus denen sich nach Großmutters Rezept der beste Likör machen lässt: Für Klaus-Dieter Hötte könnte die Welt kaum schöner sein als hier am Hohlen Stein.