Von der Gültigkeit alter Bauernregeln
Schon seit Jahrtausenden beobachten Menschen das Wetter. Besonders diejenigen, deren Existenz direkt davon betro en ist, also hauptsächlich die in der Landwirtschaft Beschäftigten. Die Gesetzmäßigkeiten, die die damaligen Landleute aus der Wetterbeobachtung ableiteten und durch lange Erfahrungswerte untermauerten, gaben sie – aufgrund der besseren Merkbarkeit – in Reimen weiter. So entstanden die „Bauernregeln“.
Allein auf Bauernregeln wird sich heute wohl kein Landwirt mehr verlassen. Moderne Messgeräte sowie meteorologische Prognosen nutzen Landwirte, Winzer und Schäfer in heutiger Zeit. Zusätzlich aber auch immer wieder die eigenen Erfahrungen.
Doch wie verlässlich sind die Bauerregeln eigentlich? Zunächst müssen aufgrund der gregorianischen Kalenderreform (1582) die Lostage* um zehn Tage nach vorn verschoben werden. Auch sind manche Heiligen-Gedenktage auf andere Daten verlegt worden. Klimaveränderung und regionale Unterschiede beeinflussen zusätzlich die Trefferquote. Gut beraten ist man, wenn man die Regeln als eine Zeitspanne um den jeweiligen Tag herum ansieht:
Hier einige Wetterregeln für den Herbst:
Tritt Matthäus stürmisch ein, wird’s bis Ostern Winter sein. (21. September)
Bringt St. Michel Regen, kannst du gleich den Pelz anlegen. (29. September)
Lacht Ursula mit Sonnenschein, wird wenig Schnee vorm Christfest sein. (21. Oktober)
Auf lange Sicht können Meteorologen das Wetter nicht genau vorhersagen. Von maximal 14 Tagen geht man aus, mit täglich abnehmender Wahrscheinlichkeit. Langfristig kann man sich also besser an Bauernregeln wie diese halten:
Wenn im Herbst viel Spinnen kriechen, sie einen kalten Winter riechen.
Ist der Herbst warm und fein, kommt ein scharfer Winter rein.
Aktuelle Voraussagen sind oft örtlich unterschiedlich:
Wenn es blitzt von Westen her, deutet´s auf Gewitter schwer; kommt von Norden her der Blitz, deutet es auf große Hitz.
Nicht nur die Flora (Bezaubern der Zaunwinde anmutige Blüten, kann der Hirte im Sonnenschein Schafe hüten), auch die Fauna behält der Landwirt gut im Auge: Bleiben die Schwalben lange, sei vor dem Winter nicht bange.
Davon, dass Bauern mit einem besonderen Humor gesegnet sind, belegt diese bekannte und zu 100 % zutreffende Regel:
Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter – oder es bleibt wie es ist.
Wie beliebt Bauernregeln auch heute noch sind, zeigen diese launigen Beispiele, bei denen es weniger um das Wetter als mehr um die Arbeit der Landwirte und Agronomen geht:
Kommt der Gockel untern Trecker, gibt es morgen keinen Wecker!
Hat der Melker kalte Finger, wird die Kuh zum Stabhochspringer.
Kommt die Milch in Würfeln raus, fiel im Stall die Heizung aus!
Natürlich sind die Bauernregeln nicht so genau wie die Wettervorhersagen der Meteorologen, unterhaltsamer sind sie aber auf jeden Fall.
Der 100-jährige Kalender
Im 17. Jahrhundert schuf der Abt Mauritius Knauer einen Kalender, um den damaligen Bauern und Mönchen eine Möglichkeit zur besseren Wettervorhersage an die Hand zu geben. Der Kalender beruht auf der Annahme, dass sich das Wetter alle sieben Jahre wiederholt, auch die Planetenstellung berücksichtigte er. Hier die Voraussage für den Herbst im Mond-Jahr 2020: „Der Herbst beginnt mit feuchtem Wetter. Die Temperatur ist mittelkalt. Danach wird es so richtig kalt und das Wetter wird auch feuchter.“
*Lostage sind bestimmte Tage im Bauernjahr, die nach altem Volksglauben für das Wetter der kommenden Wochen und damit für die Verrichtung verschiedener landwirtschaftliche Arbeiten, wie Aussaat oder Ernte, bedeutsam waren. In dem Wort Lostag ist die Bedeutung von „Los“ im Sinne von „Schicksal“ erhalten.