Fiona Hoppe gibt nicht nur auf der Motocross-Strecke Gas
„Sobald das Startgatter fällt, dann hat man alles vergessen und will einfach nur Gas geben.“ Fiona Hoppe aus Neheim-Moosfelde ist leidenschaftliche Motocrosserin mit dem ambitionierten Ziel, in mittelbarer Zukunft Weltmeisterin in dieser atemberaubenden Sportart mit dem duellen Motorrad gegen Motorrad und den spektakulären Sprüngen zu werden. Die 20-Jährige, angehende Studentin weiß, was sie will und arbeitet mit knallhartem, körperlichem Training, viel Disziplin und Verzicht sowie klarer Tagesstruktur auf dieses Ziel hin. Rumhängen, auf Neudeutsch „Chillen“, ist nicht ihr Ding: „Ich brauche Struktur in meinem Leben.“ Ein schwerer Rennunfall vor zwei Jahren warf sie nicht aus der Bahn. Fiona kämpfte sich in die Überholspur zurück und schöpfte neue Kraft und Energie – nicht nur für ihre sportliche Karriere.
Bei dem Unfall auf der Motocross-Strecke „Am Hafnerhäule“ des MSC Schnaitheim (bei Heidenheim) zog sich die Neheimerin eine schwere Verletzung am rechten Fuß zu. „Ich bin bei einem Sprung zu weit gekommen und gegen den nächsten Hügel geprallt“, erinnert sie sich. „Der gesamte Fuß sollte versteift werden.“ Ihre Karriere hing am seidenen Faden. „Dank der tollen ärztlichen Versorgung“ in der BG Unfallklinik Murnau, harter Arbeit und einem nicht leichten Reifeprozess („Lohnt sich überhaupt der ganze Aufwand?“) gelang ihr das Comeback, zunächst bei Trainingsfahrten Mitte 2019 auf ihrer Heimstrecke des MSC Voßwinkel. „Bei der ersten Fahrt habe ich vor Freude unter dem Helm geweint.“ Dass sie nach der Verletzung gar ihr erstes Rennen beim Ladies Cup in Northeim gewann, machte ihr Glück und das ihrer Eltern Sandra und Udo, die bei jedem Rennen dabei sind, perfekt, auch wenn Fiona auch heute noch zweimal in der Woche ihren Fuß behandeln lassen muss. „Die Verletzung hat mir gezeigt, was mir der Sport auf meiner 250 ccm Viertakt Husqvarna bedeutet. Sobald man auf dem Motorrad sitzt, das Feeling wieder hat, sind alle Bedenken verschwunden, man genießt nur noch. Ich habe neue Kraft geschöpft und Energie getankt. Die Zeit war eine Schule fürs Leben. Das Crossen hat mich viel selbstbewusster gemacht.“
14 Stunden knallhartes Training in der Woche
Für ihre sportlichen Ziele arbeitet Fiona hart. Gute 14 Stunden Training sind in der Woche angesetzt, bevor es im Frühjahr wieder auf die Strecken gehen soll. Im elterlichen Haus in Moosfelde hat Fiona, die den Status einer Profisportlerin hat, sich ein Sportzimmer eingerichtet. Zudem trainiert sie bei ihrem Personal Trainer Bernd Schiermeister aus Welver, der auch ihr Mentalcoach ist und die Trainingspläne erstellt. Ihr Tag ist streng getaktet. Von 6.30 bis 8.30 Uhr arbeitet sie im Moosfelder Kindergarten St. Elisabeth, den ihre Mutter Sandra leitet. Danach findet die erste Trainingseinheit statt, nach dem Mittagessen die zweite. „Ich brauche die klare Struktur und will nicht rumhängen.“ Fiona weiß, dass aufgrund ihrer sportlichen Karriere der Kontakt zu ihren Freundinnen leidet. Der Verzicht fällt ihr nicht leicht. Inzwischen ist sie mit Davide befreundet, der aus der Nähe von Hamburg kommt und ebenfalls Motocross fährt.
Auch was ihr Studium und ihre berufliche Zukunft betrifft, hat Fiona klare Vorstellungen und rechtzeitig Gas gegeben. Nach dem Realschulabschluss in Neheim („Ich war auch Schulsprecherin“), baute sie im letzten Jahr am Berufskolleg in Olsberg ihr Abitur mit den Leistungsfächern Sport und Biologie sowie gleichzeitiger, erfolgreicher Ausbildung zur Freizeit-Sportleiter(in). Im Sommer will sie mit ihrem Studium Sportwissenschaft und angewandte Trainingswissenschaft entweder an der Ruhr-Uni Bochum oder der privaten Hochschule DHGS in Unna beginnen. „Mit meiner Arbeit in der Kita will ich mein Studium finanzieren. Später würde ich gerne als Sportpsychologin arbeiten.“
„Fiona wollte schon mit drei Jahren aufs Motorrad“ (Mutter Sandra Hoppe)
Parallel schmiedet sie ihre sportliche Karriere, die ihr praktisch in die Wiege gelegt wurde. Vater Udo war 25 Jahre ein erfolgreicher Motocrosser beim MSC Voßwinkel. „Fiona wollte schon mit drei Jahren aufs Motorrad“, erzählt Mutter Sandra. Zunächst ging es aber mit dem Laufrad in den Garten, danach unternahm Fiona auf einem schnuckeligen Kinder-Motorrad erste Fahrversuche. Mit acht Jahren fuhr sie ihr ersten Rennen auf einer Kawasaki mit 65 ccm und ließ die Jungs hinter sich. „Erst lachten, dann staunten und schließlich schwiegen sie“, erzählt Fiona, deren Karriere Schritt für Schritt Fahrt aufnahm. Wichtig war vor allem, so Vater Udo, dass ihre Tochter „die Fahrtechnik beherrscht, mit Kopf und Respekt fährt“. Die Vorgaben ihres Lehrmeisters hat Fiona stets vor Augen, wenn sie Gas gibt. Sie treibt einen Sport, der es in sich hat. Motorrad gegen Motorrad, spektakuläre Sprünge, das jeweils in 25 Minuten plus zwei Runden.
„Das finale Ziel ist und bleibt der WM-Titel“ (Fiona Hoppe)
Ihre Karriereschritte sind fixiert. Im letzten Jahr fanden die Rennen statt, natürlich unter strengen Hygiene- und Sicherheitsbestimmungen. In diesem Jahr sind elf Rennen der deutschen internationalen Rennserie der Frauen und sechs WM-Rennen geplant. Fiona will 2021 weltweit unter die Top-Ten, in den folgenden Jahren soll es in die Top Five und aufs Podium gehen. „Das finale Ziel ist und bleibt der WM-Titel“, betont Fiona. Dabei hofft sie in nächster Zeit Mitglied eines WM-Teams zu werden, das sich u. a. in organisatorischer und infrastruktureller Hinsicht um sie kümmert. Bisher gehört sie zum kleinen Twenty Suspension-Team. Zu den Rennen fährt sie im Wohnmobil mit ihren Eltern, denen sie „unendlich dankbar“ ist. „Meine Eltern stehen voll dahinter.“ Gleichzeitig freut sich Fiona, dass sie mit dem Unternehmen BRISTA, einen Betrieb aus dem Industriegebiet Ense-Höingen als treuen Sponsoring-Partner an ihrer Seite hat, der sie auch in diesen nicht einfachen Zeiten begleitet.