Wasserfall ist die Plästerlegge und noch viel mehr

Es ist ein Ort, der nach seiner größten Sehenswürdigkeit benannt ist, dem größten natürlichen Wasserfalls NRW, der Plästerlegge. Doch dies allein macht nicht Wasserfall aus. Das kleine Bestwiger Örtchen mit seinem guten Dutzend Häusern hat viel Geschichte, die sich auch rund um das Haus Gevelinghausen und den legendären „Rennbaron“ Karl von Wendt dreht. Ihm gehörte hier das meiste Land, er baute Skilifte und das Fort Fun. 

Wer lebt denn da so alles auf 620 Metern Höhe? Auf aktuell 45 Bewohner, darunter eine Handvoll Kinder, kommt Franz-Josef Senger, erste Anlaufstelle für die WOLL-Reporter. Es ist wie überall im Sauerland, viele neue Bewohner zogen in den Ort, alt Eingesessene verstarben, einiges an Tradition ging flöten. „Früher hatten wir hier eine Winterkirmes, da kamen alle Familienmitglieder schon morgens, und das mitten im Winter, zum ,Fickeltünnes‘ am 17. Januar, dem Namenstag des Heiligen Antonius, unseres Ortspatrons“, erinnert sich Franz-Josef Senger mit glänzenden Augen. Es war bis in die 80er eine Riesen-Sause. „Erst feierten alle in den Häusern und abends ging es in die Dorfschule oder in Mettens Scheune, da wurde die Quetschkommode rausgeholt und getanzt.“  

Franz-Josef Senger arbeitete in der Aufbereitung bei der Stollberger Zink-AG in Ramsbeck. Durch die Nähe zur Grube Aurora – ihr Eingang war nicht weit von dort, wo heute die Marienkäferbahn fährt – gab es den ein oder anderen Bergmann, der aus Wasserfall stammte. In den 70ern, da kamen mit den Skiliften und Fort Fun, die Freiherr von Wendt baute, die Touristen. Viele Wasserfaller gründeten – wie auch Sengers – eigene Gästehäuser. 1983 wurde die Dorfstraße auf fünf Meter Breite ausgebaut, ein entscheidendes Jahr. Viele alte Häuser mussten der Erneuerung der Dorfstraße weichen, das Ortsbild veränderte sich, viel landwirtschaftlicher Charakter ging verloren. 

Als die Winter noch gut waren, pilgerten die Skifahrer ins kleine Örtchen.  Hiervon profitierte auch Familie Kersting, die gleich am Ortseingang einen Terrassen-Campingplatz betreibt. Die 80 Prozent Dauercamper kommen bis heute aus dem Ruhrgebiet und den Niederlanden. „Von hier kann man bis zum Ettelsberg-Turm in Willingen sehen“, sagt Helmut Kersting. Im vergangenen, von Corona geprägten Jahr war besonders viel los. Das halbe Ruhrgebiet machte sich auf die Beine, um die Plästerlegge zu sehen. Der Wasserfall wird gerade mit Fördermitteln aus dem Leader-Programm aufgehübst, der Weg dorthin liegt direkt am Campingplatz.  

Kerstings führen parallel noch ihren Bauernhof mit 70 Milchkühen. Parallel auch den Terrasen  Über Jahrhunderte standen die Bauern im Ort in großer Abhängigkeit zum Haus Gevelinghausen, aber das ist Vergangenheit. Ein ganz besonderer Hof, und gemeinsam mit Kerstings einer der ältesten im Ort, ist „Klögges“ gleich am Ortseingang. Hier wohnt Landwirt und Holzunternehmer Hubertus Becker. Zu seinem Hof gehörte einst die St.-Antonius-Kapelle – mindestens 300 Jahre alt und eine echte Sehenswürdigkeit. 

„Die Kindheit hier war genial“, sagt Hubertus Becker, Jahrgang 1968 und Vorsitzender des Vereins Dorfgemeinschaft Wasserfall. „Wir konnten auf der Dorfstraße Fußball spielen, auch mal mit Kindern der Dauercamper. Zu einigen haben wir bis heute Kontakt, sie sind Mitglied im Dorfverein.“ Der Verein gründete sich 2010 zum 450-jährigen Ortsjubiläum, er hat 50 Mitglieder und richtet einmal im Jahr das Schützenfest im Juli an Dorfhalle und Dorfplatz aus, im Oktober gibt’s ein Kartoffelbraten. 

Ja, und was macht denn nun Wasserfall so aus? „Wasserfall ist für mich die Möglichkeit, allem zu entfliehen und trotzdem auch zu jedem Trubel hinzukommen, wenn man möchte“, beschreibt Bewohner Hans Georg Thiele sein Lebensgefühl in diesem kleinen Örtchen.  

Wer einmal hoch auf die Skihänge oder zum Stüppelturm wandert und die Aussicht aufs Fort Fun und aufs halbe Sauerland genießt, der ahnt, was die Wasserfaller an ihrem Ort lieben. Es ist lange nicht nur die Plästerlegge, die erkundet und bestaunt werden will, sondern Wasserfall im Ganzen. Gern zu Fuß und unbedingt mit Zeit und Proviant im Gepäck. 

Quelle: WOLL Magazin