Was ein Kleeblatt mit Sektgenuss zu tun hat

Foto: Gaby Selbach

ODER: Warum Korken nicht knallen dürfen

Die Meggener Sommelière Simone Kohzer bringt mit ihrer Expertise auch Biertrinker auf den Weingeschmack.

Sprudelnd und schäumend füllt sich das edle Sektglas mit prickelndem Schaumwein, schnurgerade steigt die Kohlensäure nach oben. Fotografin Gaby und ich sitzen auf der gemütlichen Terrasse von Weinkennerin Simone Kohzer. Wir sind dort zum Interview verabredet. Es wird mehr werden als nur ein Gespräch über ihre Leidenschaft, den Wein: Unsere Geschmacksnerven bekommen eine kleine Kostprobe edler Traubentropfen und wir werden später ihren Balkon mit neu erlangtem Weinwissen verlassen. Dabei erfahren wir auch, warum es ein Kleeblatt für guten Sektgenuss braucht und warum die Korken nicht knallen dürfen.

Wir probieren einen Schaumwein aus dem Gebiet Südfrankreich. „Das Getränk ist in traditioneller Flaschengärung hergestellt und wird in vielen Gebieten Frankreichs produziert“, erläutert die Sommelière. „Sehr lecker!“, „Hmmm, köstlich!“, so die Urteile von Fotografin Gaby und mir. „Ich schmecke ein wenig Bitterstoffe, Bittermandel und weiße Blüten. Dazu ein bisschen zitrische Frische“, so die fachkundige Beschreibung von Simone Kohzer.

Die Meggenerin verfügt über ein enormes Fachwissen: Nationale und internationale Weingebiete kennt sie wie ihre Westentasche; sie weiß die Unterschiede sämtlicher Rebsorten und Zertifizierungen. „Vor fünf Jahren sind meine Familie und ich in die Niederlande gezogen, wo mein Mann Peter die deutsche Abteilung einer NATO-Schule in Brunssum leitete. Mich faszinierte Wein schon seit langem, deshalb habe ich mich während unseres Aufenthaltes in Holland auf diesem Gebiet weitergebildet“, erzählt die zweifache Mutter von ihren Ausbildungsanfängen. Zuvor besaß sie von 1989 bis 2011 den stadtbekannten Bioladen „Natur pur“ in Altenhundem. Schon während dieser Zeit interessierte sie sich für Weine und wählte für ihr Geschäft das passende Sortiment aus.

Umfangreiche Ausbildung

„Als wir in den Niederlanden lebten, absolvierte ich zunächst die Ausbildung zum ‚Berater für deutschen Wein‘ am benachbarten Berufskolleg Aachen. Mit der Sommelier-Schule in Koblenz habe ich schon früher geliebäugelt. So wagte ich anschließend den Schritt und meldete mich dort an“, erinnert sich die ausgebildete Sommelière an ihre „zweite Schulzeit“. „Wir starteten die Ausbildung mit 19 Schülerinnen und Schülern, lernten nicht nur die internationale Getränkewelt kennen. Auch BWL, Marketing und Weinrecht gehörten zu den Unterrichtsinhalten.“ Wie anspruchsvoll diese Schule und deren Abschluss ist, zeigt die Zahl der Absolventen: Nur sechs der anfänglich 19 bestanden schließlich die IHK-Prüfung. Simone Kohzer war eine von ihnen.

Und so kam sie ihrem Wunsch, ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen, ein ganzes Stück näher. Zunächst arbeitete sie für einige Monate in einem Weinhandel in Mönchengladbach, bevor sie mit ihrem Mann, der seine Tätigkeit in Brunssum beendet hatte, und ihren Kindern zurück nach Meggen ging. „Hier habe ich mich selbstständig gemacht und gestaltete meine Website ‚Weinwissen Sauerland‘. Ich biete beispielsweise Beratungen an, komme zu Events und Veranstaltungen. Zudem arbeite ich im Hotel Deimann in Schmallenberg als Sommelière und wähle die passenden Weine für die Gäste aus.“

Am 13. November wird es eine Verkostung im Kulturbahnhof Grevenbrück geben, bei der Pfälzer Weine und Gerichte vorgestellt werden. „Denn Wein spiegelt immer auch die Kultur eines Gebietes. Und das möchte ich bei diesem und noch weiteren Events deutlich machen“, berichtet die Weinkennerin von ihren Plänen. „Ich biete zum Beispiel auch mit Kirchenführerin Anne Schultze aus Altenhundem eine Veranstaltung in der Kirche an, bei der ich Wein aus heiligen Wurzeln vorstelle und wir erklären, welche Verbindung zwischen dem Wein und der Kirche besteht.“

Ideen und Pläne hat die bodenständige Bergmannstochter viele. So reichte eine einzige eigene Internetseite nicht aus. „Gemischte Sätze“ ist eine weitere Website, bei der sie ihre Fachkenntnisse und ihre Begeisterung für ganz besondere Weine an Gleichgesinnte weitergibt. „Bei gemischten Sätzen baut ein Winzer verschiedene Rebsorten in einem Weinberg an, erntet und keltert sie zusammen. 2018 probierte ich zum ersten Mal einen solchen gemischten Satz und es war Liebe auf den ersten Schluck“, erinnert sich Simone schmunzelnd. „Seitdem lässt mich das Thema nicht mehr los und ich entwarf kurze Zeit später die Internetseite.“ Es ist die erste Website über gemischte Sätze überhaupt.

Foto: Gaby Selbach
Foto: Gaby Selbach

Klar, dass auch Gaby und ich einen gemischten Satz probieren dürfen. Einen Wiener gemischten Satz DAC. „Fruchtig“, „weich“, so das bemühte Laienurteil. „Und ein wenig kräuterig“, ergänzt die Fachfrau. Wirklich köstlich. Schade, dass wir mit dem Auto hier sind.

Profi durch und durch

Manche mögen behaupten, dass man niemals am Geschmack erkennen könne, wie alt ein Wein ist oder aus welchem Gebiet er kommt. Ein solcher Skeptiker stellt Simone Kohzer auf die Probe, füllte einen Rotwein in eine andere Flasche. Die Weinkennerin probierte und erkannte den Schwindel sofort. „Er hat einen jungen Wein in die Flasche eines schweren Burgunders gefüllt. Diese sind viel stoffiger, roter. Inhalt und Flasche passten nicht zusammen, das habe ich sofort geschmeckt.“ Damit überzeugte sie einen Zweifler von ihrem Können. „Ich wünsche mir, dass ich meine Leidenschaft weiter ins Sauerland tragen kann und den ein oder anderen Biertrinker von der Köstlichkeit der Weine überzeugen kann.“

Zum Abschluss unseres Interviews gibt es noch einmal ein Schlückchen Prickelndes, dieses Mal aus einer Sektschale. Leise zischend mit einem „Pffffft“ öffnet die Sommelière fachmännisch die Schaumweinflasche und erklärt: „Knallen darf es nicht, sonst entweicht zu viel Perlage, also Kohlensäure. Das beeinträchtigt den Geschmack.“ Sprudelnd und zischend füllt sich die weite Schale mit dem edlen Getränk. Wieder steigt schnurgerade die Kohlensäure nach oben. „Manche Hersteller gravieren in die Mitte des Sektglases ein kleines Kleeblatt. Das sorgt für einen atmosphärisch frischen Eindruck“, erklärt Simone Kohzer. Ob mit oder ohne Kleeblatt: Wir verlassen dieses Gespräch mit angenehmen Nachgeschmack und beeindruckt von so viel Energie und Weinwissen…