Warstein, Rosengasse 5

Gepflegte und gelebte Warsteiner Heimatgeschichte

Auf der Suche nach der Rosengasse 5 in Warstein findet man sich in einer kleinen Nebenstraße mit gemischten Mehrfamilienhäusern ohne besondere Auffälligkeiten oder gar ästhetischem Anspruch. Noch bevor man die Hausnummer 5 erkennt, steht da ganz plötzlich und unvermutet ein kleines, malerisches altes Häuschen in einem zauberhaften Garten mit alten Obstbäumen und vielen, vielen Bauernpflanzen, reichlich dekoriert mit bäuerlichen Nutzgegenständen und gemütlichen Sitzgelegenheiten. Hier wird sich schon so mancher Besucher verblüfft die Augen gerieben haben. Sind wir im Märchenwald gelandet? Ein Heimatmuseum mitten in einer unscheinbaren Gegend? Der 71-jährige Eigentümer, Manfred Gödde, Warsteiner Urgestein, gelernter Kaufmann mit 30-jähriger Sparkassen-Berufstätigkeit und 35-jähriger Politikerfahrung, unter anderem als Warsteiner Bürgermeister, empfängt uns vor der Haustür. Er stellt uns als erstes seine Lebensgefährtin, Anni Dunker vor, ohne deren Unterstützung „das alles gar nicht möglich wäre“.

WOLL: Was genau versteckt sich hinter der Adresse Rosengasse 5 in Warstein?

Manfred Gödde: Das älteste Haus Warsteins. Ich habe es von meinen Eltern geerbt und ab 2014 vollständig renoviert. Eine Renovierung unter Denkmalschutz und liebevoller Bewahrung alter Schätze, wie Haushaltsgegenstände, Werkzeug und Spielzeug der ehemaligen Bewohner. Heute vermiete ich es an Feriengäste und biete Führungen für kleine Besuchergruppen an.

WOLL: Welche historischen Fakten gibt es zur Rosengasse 5?

Manfred Gödde: Im Jahr 1617 wurde Warstein durch einen verheerenden Stadtbrand völlig vernichtet. Die Stadtväter entschieden, dass der Wiederaufbau auch außerhalb der bis dahin geltenden Stadtgrenzen stattfinden durfte, ohne dass die Bürger ihr Bürgerrecht verlieren sollten. Auf einer solchen Parzelle „Bruch 28“ könnte eines dieser Häuser gestanden haben, das mit noch brauchbaren Baumaterialien aus den verbrannten Häusern errichtet wurde. Der jetzige Mescheder St.- Walburga-Pfarrer Michael Schmitt, gebürtiger Warsteiner, ist historisch sehr versiert und ausgewiesener Experte in der Regionalgeschichte. Er konnte einen entsprechenden Nachweis für den Namen „Lourweges Haus“ aus dem Jahr 1757 aus einem alten Kirchenbuch erbringen. Bis heute hat das Haus noch bei vielen älteren Warsteinern den Beinamen „Lorwigs Häuseken“.

Meine Großmutter, Elisabeth Sprave, geb. Felmecke, ist in diesem Haus geboren worden, meine Mutter hat es geerbt und nun ist es in meinem Besitz. Das Haus ist ca. 400 Jahre immer bewohnt worden. Zu den Bewohnern zählten neben den

Familienangehörigen eine Kuh und ein Schwein, manchmal auch zwei, die in den Ställen rechts und links der Deele untergebracht waren. Dazu kamen natürlich noch jede Menge Hühner, und ein Hofhund dürfte auch nicht gefehlt haben. Ich kann mich noch gut erinnern, wie 1956 die letzte Kuh aus dem Haus geführt wurde. Damals verwirrten mich die Tränen in den Augen meiner Verwandten, heute verstehe ich ihre Trauer.

WOLL: Warum haben Sie 2014 die aufwändige Restauration vorgenommen?

Manfred Gödde: Das Haus war heruntergekommen und sollte ganz abgerissen werden. Es entsprach einfach nicht mehr unserem Wohnstandard. Da ich immer schon alle möglichen alten Dinge gesammelt habe, zerriss es mir förmlich das Herz. Es muss genetisch begründet sein, denn das alte, krumme, verwunschene Haus enthielt so viele kleine Kostbarkeiten, von altem Geschirr über Haushaltsgegenstände, Bilder und Handwerkszeug, die ich einfach nicht entsorgen konnte.

So reifte der Plan, das Häuschen bewohnbar und vermietbar wieder herzurichten. Der Denkmalschutz musste beachtet werden, die kleinen Ställe mussten zu Wohnraum umfunktioniert werden, ein Badezimmer fehlte, Elektro-, Heizung- und Sanitäranlagen wurden installiert bzw. renoviert. Eine Menge Arbeit, aber schon von Anfang an bekam ich von Warsteiner Bürgern und auch überregional die eine oder andere „Kostbarkeit“, mit der Bemerkung „Wir können damit nichts mehr anfangen, aber Du weißt diese Dinge doch zu schätzen“. So entstand eine beachtliche Sammlung von alten Gebrauchsgegenständen, die immer noch weiter ergänzt wird, wobei die meisten Gegenstände original aus dem Haus stammen.

WOLL: Wie beurteilen Ihre Mieter das Haus?

Manfred Gödde: Bislang haben wir nur begeisterte Reaktionen zu hören bekommen. Die Gäste sprechen von einer besonderen Gemütlichkeit, einer Puppenstube oder einem Knusperhäuschen. Man fühlt sich wohl in diesem Haus und behandelt das Inventar sehr respektvoll. Bisher haben wir überhaupt keine negativen Erfahrungen machen müssen.

Auch die kleinen Führungen, die ich gelegentlich anbiete, werden sehr geschätzt und sind immer wieder auch für mich eine Bestätigung, dass ich mit meiner Einschätzung, das Alte zu bewahren, vielen Menschen aus der Seele spreche.

WOLL: Gibt es etwas, was Sie den Warsteiner Bürger/innen sagen möchten?

Manfred Gödde: Der Denkmalschutz wird von mir als Privatperson akzeptiert, respektiert und finanziert. Das erkennen viele Warsteiner Bürger/innen an. Mein Idealismus wird als solcher gewertschätzt.

Es ist ein schönes Gefühl, alte Traditionen in alten Häusern hautnah und nachfühlbar zu gestalten.

Zugegeben, es ist ein kostspieliges Hobby. Alte, denkmalgeschützte private Gebäude vor Verfall und Abbruch zu retten, sollte auf dem Land und in der Stadt umfangreich unterstützt werden.

Wer Interesse an einer Führung in der Rosengasse 5 in Warstein hat, kann sich unter 02902 4214 an Manfred Gödde wenden.