Warstein: Die etwas andere Altstadt

Foto: S. Droste

Schaut man sich die historischen Altstädte im Sauerland und überhaupt in Deutschland an, so stellt man in der Regel fest, dass sich die Städte zumeist drumherum entwickelt haben, von dort ausgehend gewachsen sind und der historische Teil häufig den Kern bildet. Nicht so in Warstein. 
 
Geht man durch die Straßen rund um die Alte Kirche, liest man viele interessante Straßennamen, die Auswärtige rätseln lassen. Aber es sind nicht nur die plattdeutschen Namen, die irritieren: Einige der Straßenschilder deuten auf Gebäude hin, die man vergeblich sucht. Die alte Straßenführung ist geblieben, aber was ist mit all den historischen Gebäuden geschehen? 
 
Ortsvorsteher Dietmar Lange, der zwar in Meschede geboren, aber in Warstein aufgewachsen ist, wohnt auch heute noch in der Warsteiner Altstadt – wie auch schon seine Eltern, Großeltern und Urgroßeltern. Er kennt sich gut in der Geschichte seiner Heimatstadt aus. „Die Geschichte dieses Warsteiner Stadtteils hat mich schon als Kind fasziniert, sodass ich eigentlich mein ganzes Leben der Regional- und Heimatgeschichte gewidmet habe“, erklärt er. 

Foto: S. Droste
Foto: S. Droste

Aber was ist so besonders an Warstein und der, wie der 60-Jährige sagt, „sogenannten“ historischen Altstadt?  
 
Gegründet wurde Warstein im 13. Jahrhundert auf dem Berg, auf dem sich der historische Bereich mit der Alten Kirche befindet. Die damalige Stadt, die umgeben war von einer Stadtmauer mit drei Toren, oben auf dem Berg war ein guter Ausgangspunkt zur Verteidigung der damaligen kurkölschen Landesherrschaft gegen den Grafen von Arnsberg und die Bischöfe von Paderborn. Doch die Berglage brachte auch große Gefahren mit sich. „Da der Platz auf dem Berg begrenzt war, wurde die Fläche sehr eng bebaut, was das Risiko für einen Stadtbrand stark erhöhte.“ Fast in jeder zweiten oder dritten Generation brannte die Stadt in großen Teilen oder sogar vollständig ab. Der letzte Stadtbrand war im Dezember 1802. „Die damaligen Landesherren, die Landgrafen von Hessen-Darmstadt, erlaubten es danach nicht mehr, die Stadt auf dem Berg wieder aufzubauen.“ Dort standen nun nur noch einzelne Häuser.  Die Stadtpfarrkirche, die heutige Alte Kirche und der Zehnthof vom Kloster Grafschaft hatten das Feuer überstanden. Die neue Stadt wurde 600 Meter weiter unten im Tal neu aufgebaut, wo sich auch heute das Stadtzentrum Warsteins erhebt. 

Foto: S. Droste
Foto: S. Droste

„Was wir heute als Altstadt bezeichnen, ist also gar nicht so alt. Nur einige wenige Gebäude sind historisch. Geografisch und gesellschaftlich blieb die Altstadt jedoch fest im Bewusstsein der Menschen verankert, sodass man heute immer noch davon spricht.“ 
 
Im 19. Jahrhundert wuchs das Stadtgebiet im Tal und auch der Stadtberg wurde langsam wieder bebaut – bis hinauf zur Alten Kirche und rundherum. Der gesamte Bereich um die Alte Kirche besteht aus Gebäuden, die etwa seit 1830/40 bis heute gebaut wurden. 

Foto: Dietmar Lange
Foto: Dietmar Lange

Die kleinen Leute 
Das Interessante an dieser Altstadt ist, dass sich hier damals die „kleinen Leute“ ansiedelten. In Warstein war im 19. Jahrhundert große Industrialisierung angesagt, gerade in der Eisen- und Stahlfabrikation. Die Arbeiter, die aus dem ganzen Sauerland und aus dem Hellwegbereich nach Warstein zogen, fanden auf den terrassierten Plätzen der alten Haus- und Hofplätze gute Baumöglichkeiten. „Diese Ansiedlung, hauptsächlich von Arbeitern der damaligen Warsteiner Industriebetriebe“, so erfahren wir vom Ortsvorsteher, „führte natürlich auch gesellschaftlich zu einer gewissen Schichtung der Leute, die damals überwiegend gewerkschaftlich orientiert waren und auch oft dementsprechend wählten. Auch so kam es, dass die Altstadt von Warstein einen ganz besonderen Charakter erhielt und sich den auch bis heute bewahrt hat.“