Von Anfang an dabei

Quelle: Kunststoffinstitut Lüdenscheid

Führender Experte gründete vor 32 Jahren ein Kunststoffinstitut im Sauerland

1988 gründeten Prof. Dr. Paul Thienel und Manfred Rahmede das Kunststoffinstitut Lüdenscheid und übernahmen gemeinsam über viele Jahre die Geschäftsführung. Heute, 32 Jahre später, ist das Kunststoffinstitut mit rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine feste Größe. WOLL hat mit Prof. Dr.-Ing. Paul Thienel, ehemaliger Professor an der Fachhochschule Südwestfalen und „Vater der Kunststofftechnik“ an der Hochschule im Sauerland, ein Gespräch über die Technik und die Kunststofflandschaft Sauerland geführt.

Quelle: Kunststoffinstitut Lüdenscheid
Dr. Thienel

WOLL: Herr Professor Thienel, Sie haben den Kunststoff aus Aachen über Bocholt an die Fachhochschule in Iserlohn gebracht. Können Sie Ihren Werdegang schildern und uns sagen, warum Sie gerade in die ländliche Region des Sauerlands gekommen sind?
Prof. Thienel:
Nach einer Werkzeugmacher-Lehre bei der Firma HELLA und der Hochschulausbildung in Paderborn und Aachen habe ich den ersten Technischen-Hochschul-Studiengang der Kunststofftechnik in Deutschland als Diplom-Ingenieur beendet. Nach einer fünfjährigen Tätigkeit bei Firma Siemens in Bocholt als Leiter der Fertigung und Montage von Telefongeräten kam die Berufung als Professor zur Fachhochschule Südwestfalen in Iserlohn, mit der Aufgabe, den Studiengang der Kunststofftechnik aufzubauen. Iserlohn wurde vom Land NRW gewählt, weil das Sauerland schon damals der industrielle Schwerpunkt der Kunststofftechnik war und heute noch ist.

WOLL: Wie haben Sie damals, zu Beginn der 80er Jahre, die Industrie und die Hochschulen zusammengebracht?
Prof. Thienel:
Aus der Kenntnis der Aachener Institutstätigkeiten sowie aus Schulungen und der Erfahrung, Firmengemeinschaftsprojekte durchzuführen, wusste ich, worauf es bei der Zusammenarbeit von Industrie und Hochschule ankommt. Hierdurch gelang es, Gelder für eine bessere technische Ausrüstung wie Maschinen, Rechner und Messgeräte zu bekommen und notwendige zusätzliche Laboringenieure anzustellen. Und damit verbesserte sich auch die Lehre. Besonders zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang, dass wir stark von der Industrie unterstützt wurden, die uns kostenlos neueste Maschinen leihweise zur Verfügung stellte, zum Beispiel Spritzgießmaschinen, Extruder oder Temperiergeräte.

WOLL: Sie haben vielen Studentinnen und Studenten den künstlichen Werkstoff nähergebracht und die heimische Industrie mit sehr gut ausgebildeten Fachkräften versorgt. Heutzutage meiden Studierende die naturwissenschaftlichen Fächer und insbesondere die Einschreibezahlen für Kunststofftechnik sind rückläufig. Warum würden Sie gerade heute raten, dieses Fach zu studieren?
Prof. Thienel:
Die rückläufigen Zahlen lassen sich meiner Meinung nach besonders auf die negativen und inhaltlich oft falschen Berichte der Medien zurückführen. Richtig ist, dass Meere durch Verpackungsprodukte verschmutzt sind. Hier muss umgedacht werden. Nicht jedes Lebensmittel muss in Folie gepackt sein. Technische Teile aus Kunststoffen dagegen verschmutzen die Umwelt nicht. Diese Teile können recycelt werden. Sie sind außerdem aus den meisten technischen Geräten nicht wegzudenken oder nicht durch andere Werkstoffe zu ersetzen, wie in der Automobiltechnik. Hier muss im Studiengang der Kunststofftechnik zu Themen wie Entwicklung und Einsatz umweltfreundlicher Kunststoffe einschließlich der Zusatzstoffe wie Farben, Weichmacher etc. geforscht werden. Im Hinblick auf die Zukunft ein ganz wichtiger Studiengang!

WOLL: Ist Ihnen ein Produkt oder Unternehmen in Erinnerung, mit dem Sie einen besonderen Erfolg verbuchen konnten oder dessen Erfolg auch heute noch sichtbar ist?
Prof. Thienel:
Neben der Weitergabe des Wissens generell lag der Schwerpunkt auf der wirtschaftlichen und qualitativen Herstellung von Kunststoff-Formteilen und dabei besonders den Entwicklungen und rhelogisch, mechanisch und thermisch rechnerischen Werkzeugauslegungen. Dazu gehört zum Beispiel die patentierte technische Entwicklung der variothermen Temperierung von Spritzgießwerkzeugen. Diese Technologie findet heute noch in zahlreichen Unternehmen des Sauerlands Anwendung und dies macht mich auch ein wenig stolz.

WOLL bedankt sich herzlich bei Herr Prof. Dr. Thienel für das interessante Gespräch!