Paläo-Nerd Stefan Schröder bringt das Staunen zurück
Die Frage, was als erstes da war, Stefan Schröders Leidenschaft fürs Schreiben oder seine Faszination für die Urzeit und Dinosaurier, ist in etwa so schwer zu beantworten wie die Frage nach der Henne und dem Ei. Eines aber steht fest, Stefan hat sich beides bis heute erhalten – und nun auch beides zusammengebracht: Mit „Paläo-Nerds“ ist gerade sein erstes eigenes Buch erschienen.
„Mit etwa sechs Jahren habe ich meine erste Geschichte geschrieben: Marco vom Planeten Uriapp“, erinnert Stefan sich. „Die Geschichte wurde sogar in der Zeitung abgedruckt.“ Erfahrung mit Veröffentlichungen hat er also schon lange, in der Tageszeitung, Magazinen oder auf seinem Blog. Ein eigenes Buch hält er aber nun – mit 47 Jahren – zum ersten Mal in den Händen.
Die Dino-Leidenschaft wurde etwa zur selben Zeit entdeckt. „Ich lag bei meinem Opa zuhause auf dem Teppich, ein großes Buch vor mir aufgeschlagen. Dort war ein Zeitstrahl abgebildet. Und diese Viecher aus der Urzeit, die sprengen ja jede Vorstellungskraft. Als ich dann auch noch las, dass es die wirklich gegeben hat, hat mich das komplett weggehauen.“ Wenn er nun durchs Sauerland streifte, stellte er sich vor, dass die tausend Hügel die Rücken schlafender Saurier seien. Viele, viele Museumsbesuche folgten, es gab Sonderpunkte in Sachkunde- und Bioarbeiten und heute ist er zwei bis drei Wochen im Jahr bei Grabungen in Balve dabei. Dass sich bei ihm zuhause neben Büchern auch Dinosaurierfiguren in allen Formen und Farben stapeln, verwundert da nicht mehr. „Es ist wie ein Virus“, sagt Stefan.
Oft ist es so, dass diese Interessen, die man als Kind entwickelt, nur phasenweise auftreten und Dinos irgendwann wieder im wahrsten Sinne des Wortes Geschichte sind und beim Erwachsenwerden verschwinden wie Kinderkrankheiten. „In meinem Buch mache ich den Plot auf, dass man sich irgendwann anpasst, seine Leidenschaften zur Seite schiebt oder einfach rauswächst. Mit dem Buch möchte ich aber genau das zurückholen und den Menschen das Staunen wieder beibringen. Ich möchte die Urzeit wieder unters Volk bringen, nicht wissenschaftlich, nicht aus dem Elfenbeinturm heraus.“ In Paläo-Nerds geht es nicht nur um die Erdgeschichte, die großartigen Lebewesen, die in der Urzeit über die Erde gestapft, geflogen und geschwommen sind. „Mein Verlag hat das Buch tatsächlich nicht nur bei Naturkunde/Naturgeschichte eingeordnet, sondern auch unter Lebenshilfe/Ratgeber. Das klingt erst einmal komisch, aber tatsächlich hat das Buch Anteile von beidem. Ich möchte die Menschen ermutigen, den Abenteurer, den Nerd in sich wiederzubeleben. Viele Menschen sterben mit 30 und werden dann mit 70 begraben. Ich habe für mich verstanden: Wenn man zu seiner Leidenschaft steht, dann zeichnet mich das aus. Das bin ich und darum geht es ja im Grunde.“
Am Anfang war die Idee
Es gibt viele Menschen, die mit dem Gedanken spielen, einmal im Leben ein Buch zu schreiben, zu Ende bringen es aber die wenigsten. Auch Stefans Weg war steinig, obwohl er ja bereits im Schreiben geübt war. „Es fängt eigentlich immer gleich an: Du hast 100 Themen im Kopf, aber du fühlst dich doof und faul. Aber dann legst du irgendwann los.“ Die ersten Notizen in Stefans Notizbuch sind von 2018. „We love to fear dinosaurs“ steht da zum Beispiel. „Ich habe gemerkt: Die Urzeit will nicht nur mir etwas sagen, sondern auch anderen. Und ich kann das Medium sein.“
Irgendwann ist dann der Prozess des Notierens und Denkens so weit abgeschlossen, dass das Ganze in ein Exposé überführt werden kann: das Projekt wird beschrieben, eine Gliederung erstellt, die Zielgruppe definiert und und und. „Ich wollte nicht einfach aufs Geratewohl losschreiben, sondern habe einen Verlag gesucht, der Vertrauen in meine Tätigkeit hat.“ Denn Zeit ist ja auch begrenzt und Stefan hat schließlich noch einen Hauptjob als Sozialarbeiter.
Der Erfolg blieb zunächst jedoch aus, obwohl Stefan immer und immer wieder hoffnungsvoll zum Briefkasten lief, um einem weiteren Verlag seine Idee zuzuschicken. „Ein Bekannter arbeitet als Freelancer bei einem Verlag und macht auch Projektberatungen“, erinnert sich Stefan. „Geld hatte ich keines, aber er fand meine Idee interessant und deswegen hat er sich trotzdem mit mir an die Lenne gesetzt und sich Zeit für mich genommen.“ Sein Rat: „Fake it till you make it. Du bist jetzt schon Autor, nimm es ernst und fang an zu schreiben.“ Aber typisch Autor sind eben auch Selbstzweifel: Genügt das? Wer will das denn schon lesen? Fragen, die natürlich auch Stefan quälten. Der Bekannte schlug vor, für den Verlag, für den er arbeitete, das Exposé fertig zu machen. „Das ist jetzt ziemlich genau ein Jahr her. Und tatsächlich hieß es dann: Vertrag unterschreiben und ab an die Arbeit!“
Verlag, Vertrag und jetzt?
Von da an ging es jedes Wochenende die Treppe rauf in die leerstehende Dachgeschosswohnung. Jetzt war sie Stefans Schreibwerkstatt. „Das ist wie mit dem Joggen: Da muss man erstmal reinkommen, das passiert auch mal widerwillig und auch mal mit einer Tasse Kaffee mehr und Augenringen. Und manchmal sitzt man dann davor und hat das Gefühl, eine Blockade zu haben. Aber auch das gehört dazu.“
Der Schreibprozess war spannend: Wenn Stefan nicht geschrieben hat, hat er gelesen, recherchiert und genetzwerkt. „Ich habe auch Wissenschaftler angefragt – ich bin schließlich keiner – und habe tatsächlich Antworten bekommen.“ Der größte Walforscher der Welt und ein Paläontologe aus Nottingham waren darunter. „Der Weg ist im Gehen entstanden. Und das sind vielleicht die Parallelen vom Schreiben an sich und dem Thema meines Buches: Das Leben findet einen Weg. Darauf sollten wir vertrauen.“
Und dann war er plötzlich da, der Tag, an dem Stefan endlich das Buch auspacken konnte, an dem er ein Jahr dran gearbeitet hatte: „Es war ein Wechselbad der Gefühle. Es ist eine Mischung aus Angst und Stolz. Angst davor, wie das Buch ankommt, Stolz, weil es schließlich das ‚Baby‘ ist.“ Aber Stefan weiß jetzt auch: „Es gibt nichts Größeres, als das eigene Buch in einer Reihe mit anderen Büchern zu sehen. Das kann ich jetzt endlich auch sagen.“ Und er will auf jeden Fall ein zweites Buch schreiben. Ob es Paläo-Nerds 2 wird? Er weiß es noch nicht. Aber eines ist sicher: Die Reise hat sich jetzt schon gelohnt.