Vom Korn zum Brot – alle packen an

Foto: giba

Die Eichener Mühle in neuem Glanz

In der Nachbarschaft des Dorfes Eichen im Drolshagener Land liegt vor dem beschaulichen Mühlenteich die Eichener Mühle. Der Teich wird von den kleinen Gewässern der Rose und Brachtpe gespeist; zusammen mit den dahinterliegenden Mühlengebäuden der Familie Maiworm erblickt der Besucher eine harmonische Postkartenidylle in der Sauerländer Landschaft. Die Mühle wurde bereits im Jahr 1512 urkundlich erwähnt, als die Nonnen des Klosters Drolshagen etliche Grundstücke im damals Kreuzohl genannten Mühlenbereich erwarben. Das Wegerecht war ein heiliges Gut und so musste der Zugang zur Mühle immer gewährleistet sein.

Die Eichener Mühle war eine Bannmühle. Hier mussten die lehnsabhängigen Bauern des Klosters ihr Korn mahlen lassen, nicht nur der Müller sollte sein Auskommen haben, auch die Abgaben für das kleine Kloster ließen sich so gut regeln. Die Fischereirechte waren ebenso wichtig, denn Fische standen in der Fastenzeit ganz oben auf dem Speisezettel der Katholiken.

Mit dem Mühlenteich regulierte man die Wasserzufuhr für den Mahlbetrieb, dann wurde das Wasser durch einen Kanal zurück in die Brachtpe geleitet – erstaunlich, wie ökologisch die Menschen früher mit den natürlichen Ressourcen umgingen. So war die Verleihung des Wasserrechts durch die Obrigkeit auch die Voraussetzung für einen geordneten Mühlenbetrieb.

Als der Eichener Mühlenverein e.V. vor fast drei Jahren gegründet wurde, stand die Wiedererlangung der Wasserrechte für die 1964 stillgelegte Mühle an erster Stelle der Bestrebungen, die Mühle mit einem funktionierenden Mühlrad restaurieren zu können. Mittlerweile sind die Wasserrechte nach genauen Vorgaben durch die untere Wasserschutzbehörde, mit Genehmigung durch den Landesbeirat, erteilt worden.

Einer, der sich für die Rekonstruktion des historischen Gemäuers unermüdlich einsetzt, ist der Vorsitzende des Mühlenvereins, Dr. ing. Rolf Heinen, der tatkräftig unterstützt wird vom Vorsitzenden des Eichener Dorfverschönerungsvereins, Markus Clemens, und natürlich von der Familie Manfred Maiworm. Bewohner des Wohnhauses sind nämlich Manfred Maiworm (71) und seine Gattin Petra. Ihre Kinder Verena, Petra und Volker sind mittlerweile dem Elterhaus entwachsen. Die Maiworms leben gerne in Eichen und loben das Engagement seitens der Bevölkerung und besonders des Dorfverschönerungsvereins.

Im Mai 2019 hatte der BDKJ Drolshagen in seiner, alle fünf Jahre stattfindenden 72-Stunden-Aktion „Uns schickt der Himmel“ mit viel Spaß, Freude und Elan den Parkplatz vor der Mühle mit 18 Tonnen Split befestigt und die unteren Räume der Mühle begehbar gemacht. Nicht nur die jungen Männer der etwa 20 Mitglieder starken Gruppe, auch die jungen Damen scheuten keine schwere Arbeit. Mit Gummistiefeln standen sie in Schlick und Schlamm und befreiten den Abflusskanal unter dem Mühlrad von jahrzehntelang abgelagerten Sedimenten. Sie gingen beherzt zur Sache, erneuerten eine morsche Holzwand und strichen sie gleich an – mit viel Lachen und fröhlicher Musik. Alle waren mit Begeisterung aktiv und erboten sich erneut zu helfen, um dieses Kleinod in Eichen für die Zukunft zu erhalten.

„Bäckerei der Familie Maiworm ist anders.“

Für die Zukunft erhalten – das gilt auch für die 1896 gegründete Mühlen-Bäckerei der Maiworms. Die befand sich bis 1910 noch in der Mühle. Seitdem ist sie bis heute auf der anderen Seite des Mühlenteichs in einem schönen Sauerländer Fachwerkhaus angesiedelt. Das soll auch so bleiben. Denn in diesem Sommer ging der alte Backofen zwar nach 48 Jahren in den wohlverdienten Ruhestand, doch in einer dreiwöchigen Umbauzeit wurde Platz für den „Neuen“ gemacht, der es in sich hat: Acht Tonnen schwer, backt dieser bei 300 Grad sehr gleichmäßig, und je nach Brotumfang können 100 bis 200 Brote oder 500 Brötchen hineingeschoben werden. Neben den traditionellen Brotsorten wie Feinbrot, Kassler oder „Drolshagener Schwarzbrot“ werden verschiedene Körnerbrote und Baguettes gebacken. Die Brötchenherstellung verteilt sich ebenfalls auf mehrere Sorten, die den Ofen duftend verlassen. Natürlich gibt es auch Gebäck und zwar in allen Variationen. Doch Maiworm ist keine Bäckerei wie jede andere.

Das „Wochenblatt für Landleben und Landwirtschaft“ berichtete: „Die Bäckerei der Familie Maiworm ist anders. Seit fast 125 Jahren beliefern sie ihre Kunden mit Brot und Backwaren – bis vor die Haustür. Eine Entscheidung, die sich bewährt hat …“ Denn das Besondere an dem Handwerksbetrieb sei, dass ihre Bäckerei nie eine Bäckerei im herkömmlichen Sinn war.

Stimmt. Einen Verkaufsraum wie in anderen Bäckereien gab es nie. Stattdessen wird das Brot – wie schon lange nicht mehr überall im Sauerland – bis vor die Haustür gebracht. Bei den Mai worms soll das auch so bleiben. Und wenn die Menschen selber vorbeikommen möchten – kein Problem! Denn Bäckermeister Steffen Maiworm und seine Frau Kathrin, eine gelernte Betriebswirtin, hatten eine gute Idee: Die Backstube mit dem neuen Ofen wurde in den letzten Wochen gleichzeitig zu einem ganz besonderen Verkaufsraum umgestaltet. „Alle, die zu uns kommen, sollen sehen, wie hier mit Leidenschaft gebacken wird, und erleben, wie wunderbar es in der Backstube duftet“, sagt Kathrin Maiworm.

Nächstes Jahr, am Pfingstmontag 2021, soll das 125-jährige Jubiläum der Landbäckerei mit der Bevölkerung in Eichenermühle kräftig gefeiert werden – mit dem Mühlenverein, dem Dorfverein, mit gutem Essen und Trinken und Mühlenführungen. Spätestens dann soll sich auch das neue Mühlenrad drehen. Denn Steffen und Kathrin Maiworm pflegen den Kontakt zur Bevölkerung. Als die beiden beim Schützenfest 2016 das Königspaar in Berlinghausen stellten und deshalb die Backstube für kurze Zeit schließen musste, machten sie dies mit einem außergewöhnlichen Flyer publik. Auf dem Foto zu sehen: Steffen, noch in Bäckerkleidung, der von seiner Königin Kathrin im schönsten Kleid mit dem Brotschieber symbolisch aus der Backstube gezogen wird. Denn die hat es ihm – wie schon seinen Vorfahren – nun mal angetan.