Jonas Ermes unternimmt Gutes mit dem Verein „In safe hands e.V.“
Dies ist die Geschichte des ehemaligen Profifußballers Jonas Ermes aus Rönkhausen, der sich nach seinem Ausstieg aus dem Fußballzirkus dazu entschieden hat, das Gute in der Welt mit einem gemeinnützigen Verein zu mehren.
Zoomen wir heran: Zunächst sehen wir unsere Erde, diesen fragilen blauen Ball im Weltall. Wir fokussieren auf Deutschland, ein Land, in dem stärker als in den meisten anderen westlichen Ländern die soziale Gegenwart einer Familie über die Zukunft ihrer Kinder bestimmt. Die nächste Zoomstufe erreichen wir über dem Sauerland, dem waldreichen Landstrich, in dem vor 29 Jahren Jonas Ermes geboren wurde und aufgewachsen ist. An diesem wechselhaften Augustnachmittag hat er sich zum Glück von Mamas Nussecken gelöst und sich zu Fuß zum – letzte Zoomstufe! – Rönkhauser Sportplatz begeben, wo seine Fußballerkarriere begann. Daran ist seine Schwester schuld.
„Die nahm mich mit zu den Trainings und Spielen der Finnentroper Mädchenmannschaft, und ich saß am Spielfeldrand und baute Häufchen aus Asche. Irgendwann habe ich dann mitgebolzt.“ Das war die Zündung, die Jonas 2009 schließlich bis zur Fußball-WM der U17-Nationalmannschaften in Nigeria trug, als dritter Torwart hinter Marc-Andre Ter Stegen und Bernd Leno. Während Ter Stegen heute für den FC Barcelona das Tor hütet und Bernd Leno die Kiste für Arsenal London sauber hält, spricht ein gelassener, gut gelaunter Jonas Ermes im Strafraum seines Heimatvereins mit dem Team des WOLL-Magazins. Und um direkt die nächstgelegene Frage zu beantworten: Er genießt es.
„Ich sehe es nicht als Scheitern an, dass meine Geschichte als Fußballer aufgrund meiner zwei Knorpelschäden und meinem zunehmenden Fremdeln mit dem System früh zu Ende gegangen ist“, versichert er, der in seiner Jugend unter anderem mit Mario Götze kickte. „Es fehlten mir die ein, zwei Prozent Überzeugung, die man zum Durchbruch letztlich brauchst. Ich meine, du hättest mich jederzeit zum Bolzen wecken können – kannst du auch heute noch –, aber das System Fußball, in dem immer jemand etwas von dir will, in dem es dauernd um den nächsten Schritt geht, um dieses ewige „höher, schneller, weiter“ und in dem es fast immer um den Fußballer und selten um den Menschen geht, nahm mich irgendwann nicht mehr mit. Aber es sollte doch nicht immer nur um Leistung gehen, sondern vor allem darum, dass wir glücklich sind, oder? Und das bin ich heute, weil ich diese Denkweise mit meinem Team in unserem Verein „In safe hands e.V.“ seit fast sechs Jahren umsetzen darf.“
Verein? Wer ist dort „In sicheren Händen“ und wie? „Während meiner Zeit als Fußballer habe ich unter anderem auf meinen Reisen nach Nigeria und Indien live gesehen, dass längst nicht alle Menschen auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Ich durchquerte in einem voll klimatisierten Bus die Slums von Lagos, das gab mir zu denken. In diesem Moment wurde vermutlich auch der erste Anstoß zu meinem jetzigen Engagement gesetzt“, bewegt Jonas sich Richtung Wendepunkt, während der Reporter ihm erfolglos einige Elfer aufs Tor pöhlt. „Nach meinem letzten Profijahr bei Alemannia Aachen habe ich mein Studium beendet und bin in die Wirtschaft gegangen. Zeitgleich habe ich mit Andreas Luthe, aktuell Torhüter bei Union Berlin, den Verein gegründet und ehrenamtlich geleitet. 2016, während ich mich auf die Aufnahmeprüfung zum dualen Masterstudium vorbereitet habe, wurde mir aber bewusst, dass ich den Verein fortan viel lieber hauptamtlich leiten möchte, als in der Wirtschaft Karriere zu machen. Ich habe dann die Bücher in die Ecke gepackt, bin mit meiner Frau ans Meer gefahren und habe eine Woche später meinen Job gekündigt.“ Der Fußball machte etwas Neuem Platz. Ein Betriebswirt mit sozialem Gewissen also, eine seltene und in unserer Zeit umso wichtigere Kombination. Jonas ist es ein Anliegen, dass im Artikel nicht bloß er zur Geltung kommt. So gern er hier jetzt steht und für das Gute wirbt, Jonas ist letztlich lieber Medium der Sache als Selbstdarsteller. „Für uns im Verein ist Sport mehr als ein Spiel, mehr als Sieg oder Niederlage, mehr als Hobby, Beruf oder Business und mehr als Titel und Tränen. Für „In safe hands e.V.“ ist Sport ein Medium, mit dem wir Zugang zu den Wurzeln gesellschaftlicher Herausforderungen erlangen können. Mit dem wir die zukünftige Gesellschaft so gestalten können, dass unsere Vision Realität wird.“
Dazu arbeiten Jonas und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter – viele Menschen in einem Gesamtumfang von etwa drei bis vier Vollzeitstellen – insbesondere mit Grundschulkindern zusammen. Aber sie gehen auch auf Unternehmen aus der Wirtschaft zu, damit die Mittel der Letzteren im Sinne der Ersteren verwendet werden. In der neuesten Inkarnation des Satzungszweckes, dem Projekt „Bunter Ball“, begleiten Jonas‘ Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilnehmende Klassen über einen Zeitraum von vier Jahren und stärken damit nachweislich sozial-emotionale Kompetenzen. War bislang das Ruhrgebiet geographischer Schwerpunkt all der guten Angebote, kann sich Jonas, der jetzt mit seiner jungen Familie in Attendorn wohnt, durchaus eine Erweiterung des Wirkungskreises vorstellen.
Zoomen wir zurück. Im Strafraum quatschen und pöhlen Jonas und der Redakteur noch ein wenig. Deutschland ist landschaftlich so reizvoll und sozial so ungerecht wie eh und je. Und der große blaue Ball ist, wie wir jetzt wissen, um Jonas‘ Geschichte und um eine gute Sache namens „In safe hands e.V.“ reicher. Ein Blick auf www.insafehands.de ist immer lohnenswert!