Vollgas im Ruhestand

Erfolg im Sport kennt keine Altersgrenze

Der Sport, insbesondere die Leichtathletik, gehörten schon immer zu seinem Leben dazu, und dabei ging es nicht in erster Linie um Erfolge. Doch genau die sind es, die ihn mit mittlerweile 76 Jahren weit über die Grenzen des Sauerlandes hinaus bekannt machen.

Dr. Eberhard Linke ist gebürtig aus Kiel, verbrachte seine Kinderjahre aber in Büren, Wesel und Velbert. Nach seinem Abitur in Mühlheim a. d. Ruhr studierte er in Mainz und Essen, bevor er nach seiner Facharztausbildung über Dortmund und Wuppertal ins Märkische Sauerland und später nach Altenhundem kam. Kontakte hierher gab es durch die Verwandtschaft in Altenhundem schon immer und so war er als junger Mediziner bald überzeugt, im Sauerland leben zu wollen. Dass er zufällig während des Studiums seine Frau Christel kennenlernte, die aus Garbeck im Sauerland kommt, war also nicht der einzige Grund für seine Entscheidung. Ein paar Jahre später eröffnete der Allgemeinmediziner und Dermatologe eine Hautarztpraxis in Schmallenberg und die neue Heimat wurde zuerst Jagdhaus, dann Schmallenberg.

Dass er aber nicht nur beruflich erfolgreich war, wird klar, wenn man die ganzen Pokale, Urkunden und Auszeichnungen sieht. Bereits im Alter von zwölf Jahren trat er in einen Leichtathletikverein ein und konnte erste Erfolge auf Kreis- und Bezirksebene erzielen. Weitsprung und 100-Meter-Lauf waren seine Lieblings-Disziplinen, später kam noch der Dreisprung hinzu. Über sieben Meter weit schaffte er es damals im Weitsprung, auch heute sind es immerhin noch knapp fünf Meter. Zum Vergleich: Der Weltrekord der Herren liegt aktuell bei 8,95 Meter. Während seines Studiums blieb leider nicht mehr viel Zeit für die große Leidenschaft des Leichtathleten. Später kamen die Familie mit zwei Kindern und die eigene Praxis hinzu, sodass der Sport zwar immer dazugehörte, für regelmäßiges
Training und Wettkämpfe aber die Zeit fehlte.

Mit neuen Zielen in den Ruhestand
Nach etwa vierzig Jahren, nachdem Dr. Linke seine Praxis an einen Nachfolger übergeben hatte und in den Ruhestand getreten war, begann er wieder intensiv mit der Leichtathletik. Das war vor zwölf Jahren und der Erfolg gibt ihm Recht, denn seitdem räumt er in seiner Altersklasse manch einen Pokal ab: 2017 dreifacher Deutscher Meister, Europameister im Weitsprung und Zweiter im Dreisprung, 2018 und 2019 wieder dreifacher Deutscher Meister und 2019 sogar Weltmeister im Weitsprung und Dreisprung. Zu den spannendsten Erlebnissen zählt für ihn seine Bestleistung im Weitsprung über 5,10 Meter im Jahr 2018. Nach zwei ungültigen Versuchen sprach ihm seine Frau den nötigen Mut zu – und es wirkte: Er wurde mit dieser Weite Weltjahresbester.

Mit starkem Willen kann man manchmal Großes schaffen
Es lief perfekt, doch dann wurde im Herbst 2019 eine Knie-Operation unumgänglich. Was tat er, als er mit 75 Jahren ein neues Knie-Gelenk bekam? Aufhören jedenfalls nicht! Das war für Dr. Linke keine Option. Sobald es möglich war, begann er wieder mit dem Training. Für Weitsprung und Laufen gaben die behandelnden Ärzte ihr Okay, nicht aber für den Dreisprung, da die Belastung zu sehr auf die Knie geht. Doch der Mediziner hatte seine eigenen Pläne, auch wenn seine Frau in diesem Fall nicht gerade begeistert war. „Sie war immer mit bei den Wettkämpfen, ob in Deutschland, Dänemark oder Polen. Und sie hat immer hinter mir gestanden, mich angetrieben und mir Mut zugesprochen, wenn es mal knapp wurde“, sagt er. Er trainierte, kämpfte und arbeitete sich wieder nach vorn. Unglaublich, dass er im Frühjahr 2020, unmittelbar vor den Wettkampf-Absagen durch die Corona-Pandemie, wieder an der Deutschen Meisterschaft in Erfurt teilnehmen konnte. Unglaublich auch, dass er dort den ersten Platz im Weit- und Dreisprung und den dritten Platz im Laufen belegte. „Ich hatte einen starken Willen und ich konnte nicht einsehen, dass eine Knie-Operation das Ende der sportlichen Aktivitäten bedeuten sollte“, sagt der 76-Jährige.

Für dieses Jahr wurden alle Meisterschaften abgesagt. Die Hallen-EM, die WM sowie die Deutsche Bahnmeisterschaft und die regionalen Wettbewerbe. „Das ist sehr schade, da ich im Moment sehr fit bin“, sagt er. Und unter diesen Umständen möchte er seine Leidenschaft auch nicht an den Nagel hängen. „Das wäre kein guter und gewollter Abschluss.“ Wie man allerdings kürzlich erfuhr, soll die Hallen-EM im Januar 2021 in Portugal nachgeholt werden und auch die WM ist für Sommer nächsten Jahres geplant.

Beim Training ist Abwechslung gefragt
Wie hält man sich so fit, vor allem in Zeiten wie diesen? „Unter normalen Umständen trainiere ich zweimal pro Woche bei der LG Kindelsberg-Kreuztal, denn dort wird in der Seniorenabteilung eine Betreuung durch Trainer angeboten. Aber auch der Sportplatz in Schmallenberg, der Wald und der eigene Garten sind für das individuelle Training geeignet. Auch Skifahren und Mountainbiken stehen auf dem Programm: „Wichtig ist vor allem, abwechslungsreich zu trainieren.“ War der Sport ein Ausgleich zur beruflichen Tätigkeit, Gesundheitsbewusstsein oder war es einfach nur eine Leidenschaft? „Alles zusammen“, sagt Dr. Linke. Und er hat die Erfahrung gemacht: „Sport ist immer ein roter Faden, wenn das Geistige überhand-nimmt. Durch Sport regeneriert sich die Lust, etwas Geistiges zu tun. Außerdem beugt Sport der Demenz vor und ist gut für Psyche und Immunsystem.“

Bei dem gebürtigen Kieler fällt auf, dass er WOLL-Sager ist. Wenn Dr. Linke sich so sehr mit dem Sauerland identifiziert, was gefällt ihm dann am besten hier? „Das Schmallenberger Sauerland ist das schönste Sauerland“, da ist er sich mit seiner Ehefrau einig. Die Landschaft ist toll, man findet hier abwechslungsreiche Möglichkeiten von Sport, Freizeit und Gastronomie sowie tolle Arbeitsplatzoptionen. „Wir hoffen und wünschen, dass wir all diese Dinge bald wieder in vollem Umfang genießen können.“