Vertrocknet hält länger

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Dörren macht Nahrungsmittel haltbarer

Das Konservieren von Lebensmitteln ist seit Jahrtausenden ein entscheidender Faktor für das Überleben vieler Menschen. Jahreszeitliche Schwankungen beeinflussen alle Bereiche der Natur und damit auch uns. Auch wenn wir diese Abhängigkeit in unserer Welt leicht aus den Augen verlieren, spielt sie immer noch eine entscheidende Rolle in unserem Alltag. Natürlich können wir in unserer globalisierten Welt nahezu jede Frucht jederzeit kaufen und essen. Aber dass die Äpfel im Winter nicht von heimischen Bäumen stammen, sollte jedem schon einmal durch den Kopf gegangen sein. Sie kommen mit dem Schiff von der anderen Seite der Welt. Die Krisen der letzten Jahre, insbesondere die Situation in der Ukraine, zeigen uns auf unverblümte Weise, dass diese Vernetzung auch eine Gefahr darstellen kann. Energie sowie Lebensmittel sind selbst für ein hochindustrialisiertes Land wie Deutschland nicht selbstverständlich. Zu Zeiten unserer Groß- und Urgroßeltern waren solche Verflechtungen noch nicht so ausgeprägt. Sie planten ihren Haushalt noch ganzjährig und eigenständig. Ernten, säen und konservieren war die Prämisse. Oft ganz ohne Strom.

Vielen Leuten wird heute wieder bewusst, wie wertvoll und bereichernd dieses Wissen für den eigenen Speiseplan sein kann. Einer dieser Menschen ist die gebürtige Esloherin Christel Müller, die den Gemeinschaftsgarten „Nagalino“ in Lippstadt gegründet hat:

„Als Sauerländerin in Ostwestfalen lese ich die WOLL regelmäßig. Mit großem Interesse habe ich dort letzten Herbst einen Artikel über alte Methoden der Lebensmittelkonservierung von Julius Bette gelesen. Das hat mich dazu animiert, über meine eigenen Erfahrungen zu berichten. Alljährlich im Herbst sammle ich meinen winterlichen Vorrat an Äpfeln von den verschiedenen Apfelbaum-Vorkommen der Stadt. Es gibt ergiebige Streuobstwiesen in den Ortschaften und eine Wiese, angrenzend an unseren Busbahnhof, mitten in der Stadt. Als Dorfkind kann ich daran nicht einfach vorbeilaufen. Um die Äpfel haltbar zu machen, kam ich auf die Idee, sie zu dörren. Das hatte ich vorher noch nie ausprobiert. In einem Ratgeber zu Nachhaltigkeit und Selbermachen für Garten und Balkon habe ich zuvor darüber gelesen. Ein Backofen reichte für meine Idee. Da ich bereits Joghurt im Backofen zubereitet hatte und dadurch mit den Temperaturbedingungen vertraut war, müsste es doch auch mit den Äpfeln klappen, überlegte ich. Ich wusste, dass der Ofen eine Temperatur von 40 Grad hat, wenn er nur so eben eingeschaltet ist und das Anzeigelämpchen brennt. Dies über einige Stunden zu halten, bei geöffneter bzw. angelehnter Tür, müsste gehen. Also habe ich die Äpfel geschält und in dünne Scheiben geschnitten. Die Anschaffung eines Apfelentkerners kam mir später zu Hilfe. Ich legte einen neben den anderen auf das Backpapier. Mit der Dörrdauer tastete ich mich voran. Ich wusste nicht genau, wie trocken sie sein müssen. Um auf Nummer sicher zu gehen, habe ich die Apfelschnitze möglichst lange im Ofen gelassen, bis zu vier Stunden.“ Diese gedörrten Apfelringe haben sich allerdings, entgegen allen Erwartungen, nicht sehr lange gehalten, wie mir Christel berichtete. Sie waren einfach zu lecker. Noch bevor sie ihr wahres Potenzial als Weihnachtssnack entfalten konnten, waren sie schon alle verputzt.

Bis Weihnachten hätten sie es sicherlich geschafft, denn das Dörren ist wohl eine der ältesten Konservierungsmethoden überhaupt. Und das nicht ohne Grund. Schon vor 5.000 Jahren waren getrocknete Datteln in Mesopotamien ein beliebter Snack. Beim Dörren gehen, z.B. im Gegensatz zum Einkochen, weder Vitamine noch Proteine verloren. Außerdem verliert die Nahrung so an Gewicht. Diese Kombination machte Gedörrtes zum wohl beliebtesten Reisesnack der menschlichen Geschichte. Doch was macht das Dörren überhaupt so effektiv? „Wasser ist Leben.“ Diesem Spruch ist wohl jeder schon mal, allerspätestens im Biologieunterricht, begegnet. Und genau dieses Prinzip macht sich das Dörren zunutze. Beim Dörren wird dem zu konservierenden Nahrungsmittel nahezu vollständig das Wasser entzogen. Von den ursprünglich 85 % Wassergehalt des Apfels bleiben nach einer ausreichenden Trocknung oft weniger als 10 % übrig. Mikroorganismen brauchen, genau wie alle anderen Lebewesen, eben auch etwas Wasser. Bakterien erreichen ihr Limit bei ca. 40 % Wassergehalt in ihrer Nahrung. Manche Pilze schaffen es sogar, bei 15 % Wassergehalt zu überleben. Aber wenn der Wassergehalt unter 10 % liegt und dort auch bleibt, ist das Gedörrte ein bis zwei Jahre haltbar. Dörren lassen sich übrigens nicht nur Früchte. Auch Pilze, Gemüse und Fleisch lassen sich mit dieser simplen, aber effektiven Methode konservieren, und das ganz ohne Kühltruhe. Bei der Lagerung sollte man allerdings darauf achten, dass die jetzt so trockenen Lebensmittel auch in einer trockenen Umgebung bleiben. Dazu kann man sie in luftdichte Behälter packen oder einfach an einem besonders trockenen Ort lagern. Denn genauso einfach, wie das Wasser entzogen wird, kehrt es auch zurück.

Also, ein fröhliches Dörren und bis zum nächsten Mal.