Unterwegs auf dem Weg der Sinne

Er ist das Flaggschiff und das Aushängeschild für das neue Wandern schlechthin: Der Rothaarsteig, der Weg der Sinne, zählt zweifellos zu den herausragenden deutschen Wanderwegen – und er hat mit seiner Eröffnung am 6. Mai 2001 dafür gesorgt, dass zahlreiche weitere Steige und Trails in Deutschland wie Pilze aus dem Boden schossen. Die Vorzüge des 154 Kilometer langen Rothaarsteigs, der durch Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz führt, sind schlicht überwältigend: Der Rothaarsteig verläuft als Höhenwanderweg überwiegend zwischen 600 und 800 Metern Höhe, mühsame und (unter uns) frustrierende Steigungen bleiben dem Wanderer erspart. Allein: Es warten immerhin doch ordentliche 3.139 Höhenmeter, die bewältigt werden wollen …

Auf dem Marktplatz von Brilon befindet sich das Eingangsportal des Rothaarsteiges. Schon bald ist die Möhnequelle erreicht, dann sieht man schon von Weitem die mächtig-geheimnisvollen Bruchhauser Steine, die mit ihren Wallanlagen aus unterschiedlichen Zeiten bis heute noch so manches archäologische Geheimnis bewahrt haben. Über Willingen und Winterberg, die beiden Skisportzentren des Sauerlandes, führt der Steig weiter nach Schmallenberg und Bad Berleburg, wo er den Waldskulpturenweg kreuzt. Ein ganz besonderes Erlebnis ist der schwankende Gang über eine 40 Meter lange Hängebrücke bei Kühhude.

Der nächste Höhepunkt im wahrsten Sinne des Wortes ist der Rhein-Weser-Turm, der einen grandiosen Ausblick erlaubt. An der Ruine Ginsburg weht ein Hauch europäischer Geschichte über den Rothaarsteig: Hier trafen sich im Jahr 1568 Wilhelm von Oranien (genannt: der Schweiger) und sein Bruder, Graf Ludwig zu Nassau-Dillenburg, um den Kampf der Niederländer gegen die spanischen Besatzer vorzubereiten. Nur wenige Schritte entfernt gluckert es unaufhörlich zu beiden Seiten des Weges: Hier entspringen Eder, Sieg, Lahn und Dill und suchen sich ihren Weg zur Fulda beziehungsweise zum Rhein. Besonders der im Mai 2014 offiziell eröffnete, renaturierte Quellbereich der Sieg hat sich zu einem wahren Renner entwickelt. Über einen Holzsteg kommen die Besucher der Natur hier besonders nahe.

Südlicher Endpunkt des Rothaarsteigs ist das hessische Dillenburg, das gleichfalls von den Oraniern geprägt wurde und deshalb bis heute enge Verbindungen zum Siegerland und in die Niederlande hat. An die Familie von Nassau-Oranien erinnern das Museum im Wilhelmsturm sowie die Grablege in der evangelischen Stadtkirche. Unweit vom Hessischen Landgestüt befindet sich das südliche Eingangsportal des Rothaarsteigs.

„Der Weg der Sinne“ – so lautet zu Recht der Slogan des Rothaarsteigs. Natur intensiv erleben, das ist die Philosophie des Weges – gleichzeitig: Natur verstehen. An mehreren Punkten sind Informationstafeln und Erlebnisstationen installiert, die den Wanderer mit den vielfältigen Naturräumen und dem Wirken des Menschen hier vertraut machen. Und seit der Wandersaison 2014 gibt es sogar 99 Hörinseln am Wegesrand: Wanderer können sich gesprochene Info-Texte (auch auf Englisch und Niederländisch) als Podcast auf ihr Smartphone herunterladen. Das Schönste am Wandern sind natürlich die Pausen – und da dürfen sich die Wanderer auf ganz besondere Ruheplätze, nämlich die unverwechselbaren original Rothaarsteig-Waldmöbel, freuen. Unverwechselbar sind auch die Rothaarsteig-Ranger, die Tag für Tag auf dem Weg unterwegs sind und den Wanderern mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Mehr Wandertipps finden Sie im WOLL Wanderführer: www.woll-verlag.de/sauerland-wandern-woll-1-peter-kracht/