Unterwegs auf dem Allagener Nagelpfad

Von arbeitsamen Nagelschmieden und der Treue der Wanderhändler

Waren es Wanderhändler aus dem östlichen Sauerland, die auf ihrem Weg nach Soest den kleinen Pfad am Allagener Sportplatz, zwischen Dorf- und Höhenweg, den „Nagelpfad“, nutzten? Auf jeden Fall waren es Arbeiter aus Allagen und Niederbergheim, die so auf dem kürzesten Weg zur Warsteiner Nagelfabrik gelangten.  

Ihre Kiepen waren mit verschiedenen Dingen beladen. Die ärmsten Wanderhändler hatten darin Kram- und Holzwaren. Reichere Händler vertrieben Textilien und vor allem Sensen und Kleineisenwaren. Meist waren sie auf bestimmte Warengruppen spezialisiert Einige der Wanderhändler verkauften Produkte, die sie selbst hergestellt hatten, andere bezogen ihre Waren direkt bei den Schmieden.  

Aus den Ortschaften Assinghausen, Bruchhausen, Silbach und Wiemeringhausen, also unterhalb der eisenverarbeitenden Werke in Marsberg, bezogen sie ihre Waren. In dieser Gegend hatten sich seit dem frühen 18. Jahrhundert hunderte von Nagelschmieden angesiedelt. Die Aufgabe der Wanderhändler war es nun, die Waren von dort auf den Weg zu bringen. Teils waren sie sogar europaweit unterwegs. Oftmals waren die Wanderhändler Kleinbauern, die auf diese Weise ihr karges Einkommen aufbesserten. Wenn die Ernte eingebracht war, reisten sie ab und kehrten erst im Frühjahr wieder zurück. 

Die reichsten Sensen- und Stahlwarenhändler stiegen bald zu Großhändlern auf und beschäftigten schon bald immer mehr Lohnwanderhändler. Zu Beginn der 1930er Jahre stammten noch alle „Handelsknechte“ aus dem oberen Sauerland. Erst danach begann man mit der Beschäftigung von in den Absatzgebieten wohnenden Händlern.  

Der Warsteiner Arbeiterweg 

Etwa zwanzig Hammerschmiede zählte Warstein nach dem Dreißigjährigen Krieg. Auch sie hatten sich auf die Herstellung von Nägeln und Stiften spezialisiert. Das nötige Eisen erhielten sie von den örtlichen Hütten, die europaweit einen hervorragenden Ruf hatten. Besonders das Warsteiner Stabeisen war aufgrund seiner Qualität für die Herstellung von Sensen prädestiniert. In der Linnhoffschen Nagelfabrik im Wästertal, wo man sowohl Nägel als auch andere Eisenteile herstellte, arbeiteten im 19. Jahrhundert Arbeiter aus Allagen und Niederbergheim. Sie nutzten den Weg durch den Wald und über den heute so genannten „Nagelpfad“. 

Der Weg der Wanderhändler 

Um ihre Waren weiter abzusetzen, führte der Weg nach Soest die Wanderhändler zunächst durch die Warsteiner Ortsteile. Bestimmt werden sie auch in Allagen Rast gemacht, um ihre Waren anzubieten – vielleicht auch Eisenwaren der Warsteiner Schmieden aufzukommen – und natürlich, um Neuigkeiten auszutauschen. 

m niederdeutschen Sprachgebiet zwischen Sauerland und Hamburg wurden die Wanderhändler auch Kiepenkerle genannt.

Hinter Allagen, in Westendorf, ging für die Händler die Haar hinauf, auf Brüllingsen zu und dann auf dem „Frankfurter Weg“ über Elfsen in die Bördestadt. In älterer Zeit führte der Handelsweg Warstein-Soest wohl fast ausschließlich über den Sichtigvorer Loermund (Warsteiner Weg), wie der kundige Soester kundige Soester Wegeforscher Horst Brauckmann auf unsere Nachfrage anmerkte.  Der Nagelpfad, so Brauckmann, wurde vermutlich erst im 19. Jahrhundert mit der aufkommenden Kleinindustrie im Sauerland entdeckt und genutzt. 

Schöner Häuser und ein solides Leben 

Ebenso wie viele Arbeitsmigraten wollten auch die Wanderhändler bei ihrer Rückkehr in ein schönes Zuhause kommen. Deshalb investierten sie viel Geld in den Bau neuer, gediegener Häuser. Meist waren ihre Häuser die schönsten im Ort, denn das Wanderhandelssstem war äußert gewinnbringend. Auch zählten sie oft zu den Ersten im Ort, die im Besitz eines Autos oder Motorrades waren.  

Allerdings wurden von den Händlern auch ein solider Lebenswandelt erwartet. So erfuhr der Autor des Buches „Heimat und Fremde. Wanderhändler des oberen Sauerlandes“, Peter Höher, bei einem seiner Interviews: „Wenn einmal ein Handelsmann aus der Art schlug und in der Fremde die Mädels zu gern hatte und ein unsolides Leben führte, dann wurde er mehr oder weniger ausgestoßen. So streng war hier die Erziehung früher; so einen nahm man zu Hause nicht mehr auf.“