In der „Kommandozentrale“ des größten und ältesten BVB-Fanclubs
Der Borsigplatz in Dortmund, geschichtsträchtig und als Baudenkmal in die Denkmalliste der Stadt eingetragen, ist weit über die Grenzen Dortmunds bekannt – vor allem durch den BVB und dessen Gründung 1909 an diesem Ort. Noch heute finden dort nach Titelgewinnen die Feierlichkeiten der Fans und der Mannschaft samt Autokorsos statt. Rund 60 Kilometer entfernt befindet sich die „Kommandozentrale“ des größten und ältesten BVB-Fanclubs – im Wohnhaus des 1. Vorsitzenden Eugen Kraas – in „Oeventrop-Freienohl“.
Das Fußballfieber gepackt
T-Shirts und Bälle mit Originalunterschriften, Fotos, Karten, Schals, Hüte und alles, was man an einem Fanartikel-Stand vor einem Fußballspiel kaufen kann oder sich im Laufe der Jahre schenken lässt: Das Haus von Eugen Kraas strahlt in schwarz-gelb und sein Fußballherz strahlt im Gleichklang mit. Seit der Gründung des BVB-Fanclubs 1979 wirkt der 70-Jährige aktiv im Vorstand mit. „Als ich 1970 das erste Mal zu einem Spiel zu Borussia Dortmund ging, hat es mich gepackt und nicht mehr losgelassen“, beginnt er. Seitdem hat er kein einziges Heimspiel verpasst. „Ich habe mir die Schichten immer so gelegt, dass ich zu den Heimspielen gehen konnte. Und wenn es mal nicht so passte, habe ich eben einen Kollegen bestochen“, erzählt er lachend. Im Jahr 1979 wurde Eugen Kraas Schützenkönig in Oeventrop. Hier wurde die Idee des Fanclubs geboren. Die ersten Gespräche an der Theke wurden nur wenige Tage nach dem Schützenfest in die Tat umgesetzt. Am 01.08.1979 wurde der BVB-Fanclub Oeventrop-Freienohl gegründet. Damals noch mit 37 Borussen-Fans, heute zählt der Verein 1.061 Mitglieder.
Das Ganze zusammenhalten
Die Jahreshauptversammlungen des Vereins sind mittlerweile legendär und können mit Fußballprominenz aufwarten. „Die Fanbeauftragten des BVB, Siggi Held und Petra Stüker sowie der ehemalige Teammanager Fritz Lünschermann kommen jedes Jahr zu diesen Veranstaltungen. Zu unserem 40jährigen Bestehen war der Geschäftsführer, Hans-Joachim Watzke, zu Gast. Vor 25 Jahren war es noch einfacher, auch Spieler einzuladen. Da hatten wir u. a. Reuter, Klos oder Kohler hier“, schwärmt Kraas.
Dass seit vergangenem Jahr die Jahreshauptversammlungen verschoben werden mussten, ist nur ein Wermutstropfen von vielen. „Die Spiele am Fernseher zu schauen ist doch nicht dasselbe. Unsere Mannschaft braucht uns im Stadion. Wie soll denn da Kampfgeist aufkommen, wenn sie nicht angefeuert werden“, bekräftigt er. „Im Signal Iduna Park, in dem um die 82.000 Zuschauer Platz haben, nur mit knapp 9.300 Zuschauern zu sitzen, das tut schon weh. Aber es muss ja weitergehen.“
Die Organisation von allem
Der organisatorische Aufwand ist groß. „Früher hatte ich mal ein Reitpferd, aber mir fehlte die Zeit dafür. Man kann nur eines intensiv und richtig machen.“ Und dass er es richtig macht, bekommen die Mitglieder des Vereins zu spüren. Auf der Website des Fanclubs steht es schwarz auf weiß: Rund um die Uhr geöffnet. Und Eugen Kraas kann man immer erreichen. Ob für das Karten bestellen, umbuchen, Busse organisieren: hier herrscht Teamgeist wie auf dem Fußballplatz. Und nur so kann es funktionieren. Zu den Fahrten zu Heimspielen und Auswärtsspielen, die es zu organisieren gibt, kommen Partien im DFB-Pokal, Europapokal und der Champions League hinzu. „1997 sind wir mit drei Bussen zur Champions League gegen Juventus Turin nach München gefahren – und haben gewonnen“, schwärmt Eugen Kraas. Er zählt weitere große Ereignisse in seiner Laufbahn als BVB-Fan und Fanclub-Vorsitzenden auf. Bei dem Vielbeschäftigten ist kein Ruhestand in Sicht. Er identifiziert sich mit seinem Einsatz für den Fanclub und für den BVB. Der „Anführer“ des Fanclubs ist weit über die Grenzen des Sauerlandes bekannt. „1999 sind wir sogar als Komparsen für den Film: Nie mehr zweite Liga gebucht worden. Schauspieler Dietmar Bär ist seitdem Ehrenmitglied im BVB-Fanclub“, erzählt er weiter.
Das Beste zum Schluss – Revierderby
„Schalke wird fehlen, schreib das auf jeden Fall auf!“, fordert Eugen Kraas. „Der Kampfgeist und die Rivalität sind das i-Tüpfelchen der Bundesliga. Was sollen wir denn in Holstein Kiel?“ Der Kampfgeist zwischen Schalke und dem BVB ist legendär. „Schon während der Busfahrt haben wir immer Spaß gehabt, wenn wir auf Busse mit Schalkefans trafen.“ Das Revierderby, oder auch Ruhrderby genannt, steht für Emotionen pur. Hier prallen zwei Welten aufeinander. Man ist sich einerseits spinnefeind, hat aber Spaß daran, die Rivalität zu leben. Und ohne geht es dann auch nicht. Davon lebt der Fußball.
Von Oeventrop-Freienohl zurück ins Revier – zum Borsigplatz
Es gibt noch andere Anlässe, an welchen Eugen Kraas seine Fußballkluft anzieht. Zusammen mit dem Fahnenschwenker und besten Freund Franz Herrmann fährt er jährlich zu den Karnevalsumzügen in Dortmund, geht im Martinszug mit und beide stehen dann mit den Fahnen am Altar der Dreifaltigkeitskirche in der Nähe des geschichtsträchtigen Borsigplatzes. Und auch Eugen Kraas kann mittlerweile Geschichte schreiben über seinen Einsatz und Wirken für den BVB-Fanclub Oeventrop-Freienohl. Das nennt man dann wohl: Echte Liebe!