Unersetzlicher Rückhalt für Nobelpreisträger Koch

Quelle: Kira Erwes

Seit mehr als zwei Jahren ist die Abkürzung RKI in aller Munde. Im Zeichen der Corona-Pandemie vermeldet das Robert-Koch-Institut in Berlin Eckdaten zur weltweiten Seuche. Weniger bekannt sind gewöhnlich die Namen und Schicksale der beiden Ehefrauen des im Harz geborenen Arztes und mit dem Medizin-Nobelpreis 1905 ausgezeichneten Forschers. Noch weniger bekannt dürfte aber die Tatsache sein, dass Kochs zweite Ehefrau Hedwig im Jahre 1945 verstarb und auf dem Friedhof in Saalhausen bestattet wurde.

Der ehrgeizige junge Arzt widmete sich intensiv der Forschung nach dem Erreger, der im 19. Jahrhundert immer wieder auftretenden Milzbrand-Seuchen und lieferte sich dabei einen gnadenlosen Forscherkrieg mit dem Franzosen Louis Pasteur. Für die Entdeckung des Tuberkulose-Bazillus erhielt Koch 1905 den Nobelpreis. Unermüdlich unterstützt wurde er bei seinen Arbeiten von seiner zweiten Frau Hedwig, nachdem er sich nur 15 Jahre, nachdem das in Deutschland überhaupt gesetzlich möglich war, von seiner ersten Gemahlin hatte scheiden lassen. Mitte der 40er hatte er die damals 17-jährige Hedwig in einem Maleratelier kennengelernt, geheiratet wurde aber erst drei Jahre später. Offensichtlich wusste Koch die rückhaltlose Unterstützung seiner jungen Frau sehr zu schätzen, die ihn unter anderem auch auf seinen zahlreisen Forschungsreisen bis hin nach Indien und Ägypten begleitete, wo Koch den bis dahin unbekannten Pest-Erreger auf der Spur war. Auch im heimischen Labor stellte Hedwig eine willkommene Unterstützung dar. Der Düsseldorfer Professor und Augenarzt Johannis Grüntzig hat in seiner voluminösen Biographie auf fast 1100 Seiten dem wissenschaftlichen Traumpaar ein viel beachtetes Denkmal gesetzt. Wie sehr der Biograph die Bedeutung für Schaffen und Leben Kochs einschätzt, beweist wohl die Tatsache, dass er die Konterfeis der beiden Protagonisten gemeinsam auf dem Titelbild der fantastisch recherchierten Biographie verewigt hat.

Quelle: Kira Erwes


Von Berlin ins Sauerland

Schier unglaublich war der Rechercheaufwand von Professor Grüntzig, um so ein Mammutwerk zu schaffen. So zeichnet er fast minutiös das Leben von Robert und Hedwig Koch nach. Nach seinem medizinischen Triumph starb der Nobelpreisträger, der mit seiner Frau in Berlin lebte, im Jahre 1910. Im vierten Stock des Wohnhauses in der Hauptstadt hatte Hedwig in einem Zimmer ein kleines Koch-Museum eingerichtet. Beim Sturm der Russen auf Berlin wurde das Gebäude durch mehrere Bombentreffer Anfang 1945 schwer beschädigt. Eine Freundin der schon damals schwer erkrankten Hedwig aus Baden-Baden hatte gute Kontakte zu Bekannten in Altenhundem. Nach einem „Hilferuf“ der Berlinerin vermittelte sie deren Aufenthalt im geschützteren Sauerland und zwar im Gasthof „Zum Rüsperwald“ in Marmecke, wo Hedwig Koch einige Wochen wohnte, bevor sie in ein Zimmer des Gasthofes Kleimann in Gleierbrück (Später Hotel Gleiertal) umzog. Die Wirtsleute beschrieben ihren neuen Dauergast als ein wenig schwierig, wenn nicht gar exzentrisch. So soll es durchaus vorgekommen sein, dass, wenn „eurer Exzellenz“, wie sie angesprochen werden wollte, das in ihrem Zimmer im ersten Stock servierte essen nicht mundete, dieses samt Porzellan auf dem Rasen hinter dem Gasthaus landete. Als die Amerikaner in Saalhausen einmarschierten und etliche Häuser in Brand schossen, wollte Hedwig Koch ihren Beobachtungsposten im ersten Stock keinesfalls aufgeben. Allerdings nur so lange, bis eine Granate einen Apfelbaum nur wenige Meter vor Kochs Zimmerfenster zerfetzte. Als sich ihr Gesundheitszustand rapide verschlechterte wurde sie ins damalige Krankenhaus in Elspe eingeliefert. Dort verstarb sie wenig später im Alter von 73 Jahren und wurde einige Tage später auf dem Friedhof in Saalhausen bestattet. Nach einer Liegezeit von 40 Jahren wollte die Jodokus-Pfarrgemeinde das Gräberfeld einebnen und nahm Kontakt zur Lennestädter Stadtverwaltung auf. Der damalige Stadtdirektor Erwin Krollmann schrieb dem Robert-Koch-Institut und fragte dieses, ob Interesse an der Schaffung eines Ehrengrabes bestehe. Das RKI scheute offensichtlich eine finanzielle Kostenbeteiligung und lehnte dankend ab. So ist die Erinnerung an die zum Buddhismus konvertierte Hedwig Koch selbst im Luftkurort Saalhausen weitestgehend verblasst.