Umgeben und geprägt von Bächen und Bäumen

Waldkolonie Neuhaus 

Während sich die meisten Ortschaften der Gemeinde Möhnesee rund um das Seeufer oder entlang des Haarstrangs gruppieren, liegt Neuhaus mitten im Arnsberger Wald. Bis in das Mittelalter war das Tal der Heve dicht bewachsen. Die ersten, die sich hier niederließen, waren kurfürstliche Jäger, die das Zeughaus bewohnten. Das Zeughaus diente der Aufbewahrung allerlei Werkzeuge und Utensilien, die für die Arbeit im Wald notwendig waren. 

Die durch die Ansiedlung von Waldarbeitern entstandene Kolonie gehört offiziell zum etwa fünf Kilometer nördlich gelegenen Ortsteil Stockum. Wer am Südufer der Forststraße folgt, die von Stockum nach Arnsberg-Breitenbruch führt, kommt zwangsläufig durch das Straßendorf. Die Forststraße ist die einzige Straße die in das Dorf, durch das Dorf und aus dem Dorf führt. 

Die St. Marien Kapelle in Neuhaus wurde exakt so groß gebaut, dass sie den zwölf Familien der Waldkolonie Platz bot.

Die St. Marien Kapelle in Neuhaus wurde exakt so groß gebaut, dass sie den zwölf Familien der Waldkolonie Platz bot. 

Ein Dutzend Wohnhäuser, 55 Bewohner 

Neuhaus besteht aus gerade einmal einem Dutzend Wohnhäusern mit dazugehörigen Nebengebäuden, die entlang der Forststraße stehen. Etwa 55 Bewohner sind hier zuhause. Hinzu kommt die pittoreske St. Marien Kapelle, die am 22. Juni 1958 eingeweiht wurde. Die Entwürfe für die Kapelle mit einer Größe von 12 x 7 Metern stammen vom Körbecker Architekten Franz Trompeter. Die Kapelle wurde seinerzeit so geplant, dass sie allen zwölf Familien von Neuhaus genügend Platz bot. 

Vor dem Bau der St. Marien Kapelle mussten die Bewohner der Waldkolonie einen beschwerlichen Weg zur Kirche nach Körbecke zurücklegen. Von der Hevebrücke in Neuhaus bis zur Kirche betrug die Luftlinie 4.100 Meter. Tatsächlich musste auch so mancher Hang bewältigt werden. Um pünktlich zur sonntäglichen Frühmesse um 7:00 Uhr in der Kirchenbank zu sitzen, machten sich die Neuhäuser Familien mit Lampen bewaffnet bereits um 5:30 Uhr auf den Weg nach Körbecke. 

Als man nach dem Bau der Sperrmauer 1912 damit anfing den See aufzustauen, musste der Neuhäuser Kirchweg umgelegt werden, was die Talsperrenbetreiber übernahmen. Er ist bis heute vorhanden. Für den Umweg von rund einem Kilometer wurden die Neuhäuser Familien damals mit einer einmaligen Zuwendung in Höhe von 600 Goldmark entschädigt. 

Kriegerdenkmal vor der ehemaligen Schule von Neuhaus.

Kriegerdenkmal vor der ehemaligen Schule von Neuhaus. 

1946 hatten die Strapazen zumindest teilweise ein Ende, denn es wurde der erste Gottesdienst in der Schule von Neuhaus gefeiert. Dafür, dass der Pastor in Körbecke von den Neuhäusern Brennholz geliefert bekam, kam er alle zwei Wochen mit der Kutsche in die Waldkolonie und feierte im umfunktionierten Klassenzimmer die heilige Messe. So lange, bis die Kapelle fertiggestellt wurde. Vor dem ehemaligen Schulgebäude befindet sich ein bereits 1922 eingeweichtes Kriegerdenkmal, das an die gefallenen Neuhäuser im Ersten und im Zweiten Weltkrieg erinnert. 

Von der Heve geprägte Landschaft 

Hauptattraktion des abseits des Touristentrubels gelegenen Dörfchens ist die Landschaft selbst. Die im Arnsberger Wald entspringende Heve schlängelt sich genauso durch das Tal wie ihr Nebenfluss, die Große Schmalenau, die in Neuhaus in die Heve mündet. Die Heve, wiederum ein Nebenfluss der Möhne, fließt in den Hevearm des Möhnesees und speist die Talsperre gemeinsam mit der Möhne. 

Gegenüber vom Landgasthaus „Zum Tackenberg“ befindet sich ein großer Wanderparkplatz. Er ist der ideale Ausgangspunkt für Ausflüge in den Wald. Von hier aus führen verschiedene Rundwanderwege durch den Naturpark, der in dieser Gegend so idyllisch ist wie an kaum einer anderen Stelle. Auch die Sauerland-Waldroute, ein 240 Kilometer langer Fernwanderweg von Iserlohn nach Marsberg, verläuft durch Neuhaus. Von der Enze-Brücke nahe des Parkplatzes hat man einen sehr schönen Blick auf den Hevefluss. Zwischen Parkplatz und Ufer befinden sich ein großzügiger Spielplatz und Sitzgelegenheiten für ein Picknick. 

Am westlichen Dorfende steht das Gutshaus Wilhelmsruh. Das 1914 von Baron von Donner erbaute Anwesen diente unter anderem als Forstverwaltung für die Familie von Opel. Nachdem es 1912 aufwendig umgebaut wurde und seither vollständig barrierefrei ist, haben Gäste am Möhnesee erstmals die Möglichkeit behindertengerecht Urlaub zu machen. Familien und Gruppen mit bis zu 20 Personen finden in den acht Schlafzimmer Platz. 

Nördlich des Gutshauses liegt der Erholungspark Wilhelmsruh, der um ein Vielfaches größer ist als die beschauliche Waldkolonie. Rund 270 Parzellen sind mit kleinen, meist hölzernen Ferien- und Wochenendhäuschen bebaut. 

Wald im Wandel 

Die Stürme der vergangenen Jahre und die nicht zuletzt durch die trockenen Sommer ausgelöste Borkenkäferplage haben das Waldbild rund um Neuhaus in den letzten Jahren sichtbar verändert. Schon 2007 hat Sturm Kyrill einen ganzen Fichtenwald zu Fall gebracht. Die meisten Bäume wurden damals liegen gelassen und bieten heute Lebensraum für zahlreiche Tierarten wie Insekten, Lurche und Vögel, aber auch für diverse Pflanzen. Aus der Krautschicht am Boden wächst längst ein neuer Wald. Diese Naturwaldzelle am Hellerberg, die bereits 1972 eingerichtet wurde, dient den Förstern von Wald und Holz NRW, um die Entwicklung der heimischen Flora und Fauna zu beobachten und Rückschlüsse zu ziehen, die die Waldökologie und die forstliche Bewirtschaftung betreffen. Der Waldbestand in der Naturwaldzellen wird konsequent sich selbst überlassen. 

Andere Flächen, auf denen zuvor die Fichte dominierte, wurden längst wieder aufgeforstet. Mischwald soll den nach wie vor zu großen Teilen forstwirtschaftlich genutzten Wald hier natürlicher, lebendiger, aber eben auch widerstandsfähiger machen, damit er den immer brutaler werdenden Umwelteinflüssen der Zukunft besser trotzen kann. Insgesamt ist der Arnsberger Wald rund um Neuhaus in den letzten Jahren deutlich heller und luftiger geworden. Entlang der renaturierten Heve entsteht ein artenreicher Auenwald der von Birken und Buchen, Eichen und Erlen, Eschen und Weiden geprägt ist.