Quelle: Robert Boecker
Novizin der Olper Franziskanerinnen blickt zum Gedenktag von Mutter Maria Theresia Bonzel auf ihre Ordensgründerin
Jedes Jahr am 9. Februar wird im Erzbistum Paderborn der Gedenktag der „jüngsten“ Seligen der Erzdiözese begangen: Mutter Maria Theresia Bonzel OSF. Sie lebte von 1830 bis 1905 und war Gründerin und langjährige Generaloberin der „Franziskanerinnen von der ewigen Anbetung“ in Olpe. Am 10. November 2013 wurde die Ordensfrau im Paderborner Dom selig gesprochen.
Schwester Jakoba, hat das Charisma von Mutter Maria Theresia Bonzel für Ihren Ordenseintritt eine Rolle gespielt?
Schwester Jakoba Zöll: Für meinen Ordenseintritt hat unsere Ordensgründerin zunächst keine Rolle gespielt. Ich habe meine Schwestern kennen gelernt und gemerkt, dass diese Art zu leben auch etwas für mich sein könnte. Beim genaueren Kennenlernen der Gemeinschaft habe ich dann natürlich auch Mutter Maria Theresia kennengelernt. Besonders beeindruckend war 2013 die Seligsprechung. Ich war damals in Olpe, um die Feierlichkeiten mit den Schwestern zu begehen. Und ich war beeindruckt, so viele „meiner“ Schwestern auf einem Fleck zu sehen! Zum ersten Mal habe ich in diesen Tagen in vielen Gesprächen mit meinen Mitschwestern bewusst viel über Mutter Theresia gehört, über das, was ihnen an ihr wichtig war.Mittlerweile ist mir Mutter Maria Theresia wertvoll geworden für mein Leben als Olper Franziskanerin. Für meine Spiritualität und mein alltägliches Leben spielen Franziskus und Klara von Assisi allerdings eine größere Rolle. Ich glaube aber nicht, dass Mutter Maria Theresia das stört. Es verbindet uns eher miteinander – auch sie hat sich Franziskus ja zum Vorbild für ihr eigenes Ordensleben genommen.
Was ist Maria Theresia Bonzel heute für Sie als Mensch und Ordenschristin?
Schwester Jakoba Zöll: Sie ist für mich eine Mit-Gehende auf dem Weg der Nachfolge Jesu in den Spuren des Franz von Assisi. Im Kleinen gibt es Eigenschaften unserer Ordensgründerin, die ich mir konkret zum Vorbild nehme. Dazu gehört zum Beispiel der Umgang mit ihren Mitschwestern, der immer wieder in ihrer Biographie und ihren Briefen durchscheint. Sie ist sehr liebevoll auf jede ihrer Schwestern eingegangen, kannte ihre Eigenheiten, Stärken und Schwächen und hat jede Einzelne als Geschenk Gottes begriffen. Und sie hat ihre Schwestern diese schwesterliche Liebe auch spüren lassen.Auch ihre kreativ-mutige Tatkraft in allen wechselvollen Situationen ihres Lebens macht mir viel Mut für die Herausforderungen in meinem eigenen Leben und in der heutigen Zeit. Sie fordert mich heraus, meine Fähigkeiten und die meiner Mitschwestern einzusetzen zum Wohl unserer Mitmenschen – so, wie es gerade Not tut und möglich ist.
Welche Tugenden Ihrer seligen Ordensgründerin sind heute wichtiger denn je?
Schwester Jakoba Zöll: Mutter Maria Theresia hat ihr Leben auf zwei Säulen gestellt. Sie hat sich auf der einen Seite „voll ins Leben gestürzt“, hat gearbeitet für und mit den Menschen um sie herum. Auf der anderen Seite hat sie viel Wert darauf gelegt, dass in ihrem Alltag immer Zeit blieb fürs Gebet, besonders für die Anbetung. Mal mehr, mal weniger Zeit für das eine oder das andere – aber immer beides. Kurz gesagt: Sie hat angebetet und angepackt. Sie erinnert uns daran, dass wir Menschen in unserem quirligen, wechselvollen und herausfordernden Leben etwas brauchen, auf das wir uns stützen können. Etwas, das uns trägt, uns Kraft gibt, den Alltag zu bestreiten. Mutter Maria Theresia hat ihren Schwestern nicht nur eine Aufgabe ins Stammbuch geschrieben, sondern einen Auftrag: das zu tun, was die Not der Zeit erfordert. Deswegen arbeiten Olper Franziskanerinnen heute in den verschiedensten Bereichen, die immer wieder andere sind als in der Vergangenheit und sicher auch in Zukunft immer andere sein werden – immer auf der Suche danach, die Nöte der Zeit zu lindern. Daraus können wir lernen, dass es auf dieser Welt nichts gibt, das immer so bleiben wird. Es braucht eine gesunde Spontaneität, eine Offenheit für das, was heute dran und richtig ist. Das muss dann getan werden, auch, wenn morgen etwas anderes dran sein wird.
Hätten Sie ohne Mutter Maria Theresia Bonzel heute eine andere Berufung in Kirche oder Welt?
Schwester Jakoba Zöll: Ohne Mutter Maria Theresia gäbe es die Olper Franziskanerinnen nicht, ich hätte meine Schwestern also nie kennen lernen können. Wer weiß, ob ich dann, und vor allem wann und wo, das Ordensleben als Möglichkeit für mein Leben entdeckt hätte. Ich bin froh, dass das nur Gedankenspiele sind und ich dank Mutter Maria Theresias wunderbarer Schwestern meinen Weg ins franziskanische Ordensleben finden konnte.
Liebe Schwester Jakoba, vielen Dank für dieses Gespräch!
Hintergrund: Schwester Jakoba Zöll ist seit August 2020 Novizin bei den Olper Franziskanerinnen. Vor ihrem Ordenseintritt hat die 25-Jährige Theologie in Bonn und Jerusalem studiert. Seit Oktober 2021 ist sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte sowie an der Arbeitsstelle für Theologische Genderforschung der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn. Ebenfalls seit Herbst 2021 promoviert Schwester Jakoba Zöll in Mittlerer Kirchengeschichte. Zurzeit lebt sie in Köln im dortigen Konvent der Olper Franziskanerinnen.
Foto: Schwester Jakoba Zöll OSF (r.) ist Novizin bei den Franziskanerinnen in Olpe, hier mit Schwester Katharina Hartleib OSF. Schwester Katharina ist bei den Olper Franziskanerinnen Ansprechpartnerin für das „Kloster auf Zeit“, bei dem junge Frauen das franziskanische Ordensleben kennenlernen können.