Quelle: Sven Brandenburg
Schon lange hat kein aktuelles Kunstwerk mehr für ein so reges Interesse gesorgt, wie der am diesjährigen Pfingstfest in der Kirche St. Clemens in Drolshagen von Weihbischof Matthias König aus Paderborn eingeweihte neue Hochaltar. Es gab reichlich Aufregung um das Marienbild und eine Leiter sowie einem weißhaarigen Mann mit nacktem Oberkörper. Medien aus aller Welt haben sich mit dem über vier Meter breiten und fünf Meter hohen Altarbild kritisch auseinandergesetzt. Dargestellt werden auf dem Gemälde Maria, die Mutter des Gekreuzigten, die Heilige Veronika mit dem Schweißtuch und der ungläubige Thomas, dem Maria auf der Leiter stehend den Gürtel spendet. Veronika und Maria treten in Alltagskleidung und in Jeans auf, ebenso Thomas, der dazu noch oben herum unbekleidet ist. Nach Aussagen von Dr. Monika Willer, Kulturredakteurin der Westfalenpost, ist das Bild nicht nur wegen der modernen Kleidung der Personen etwas besonderes, sondern auch durch die brillanten Farben und die Botschaft der Verbindung von Himmel und Erde durch den Gürtel. Dr. Willer betonte in einem Vortrag zu dem zeitgenössischen Altarbild in der Kirche St. Clemens, dass es schwer ist, jeden Geschmack zu treffen, denn: „Gute Kunst löst immer Diskussionen aus“.
Gute Kunst löst immer Diskussionen aus
Vor zwei Jahren hat der Pfarrgemeinderat in Drolshagen den Künstler gebeten, ein Altarbild zum Thema Menschwerdung zu entwerfen. Das Bild sollte authentisch sein, mit Ölfarben auf Leinen gemalt sein und die stattliche Größe von circa vier Meter Höhe mal fünf Meter Breite haben. Obwohl Thomas Jessen in der Regel kleinere Formate bevorzugt, nahm er den Auftrag an. Ein Flügelaltar muss eine gewisse Größe haben, denn vor den kirchlichen Hochfesten, wie Weihnachten und Ostern, wird der Altar zugeklappt und zum Vorschein kommt ein anderes Bild. An diesem Motiv arbeitet der Sauerländer Künstler derzeit noch. Zum ersten Adventssonntag wird es fertig sein. Auch wenn der Altar noch nicht komplett ist, scheint der Strom der neugierigen Besucher zur St. Clemens Kirche in Drolshagen nicht abzureißen. Die Kirche und Drolshagen haben nach der gelungenen Renovierung der Kirche, mit dem anregenden Altarbild, eine äußerst diskussionsanregende Attraktion mehr.
Thomas Jessen – all das
Was erzählt Malerei? Für Geschriebenes gilt oft: Was wichtig ist, steht zwischen den Zeilen, between the lines. Bei Thomas Jessens Malerei verhält es sich ähnlich. Malerei beginnt dort „Zwischen den Zeilen“ – hinter der Offensichtlichkeit eines Portraits, eines Aktes oder der Schönheit einer Landschaft beginnt die Malerei, eine ganz eigene Geschichte zu erzählen. Und jeder bewusste Versuch die glatte Oberfläches des Genres abzudecken, teilweise durchzustreichen oder komplett durch reine Farbflächen zu ersetzen, gibt der Malerei selbst ihre ganz eigene Sprache zurück.
Da erzählt nicht die Malerei über eine Landschaft, da erlaubt eher der zerstückelte Blick auf die Landschaft einen Dialog mit der Farbe, der Struktur – mit der Malerei an sich. In diese Auseinandersetzung mit Malerei ist der Maler selbst mit einbezogen. Jessen versucht seine eigene Position in der Malerei selbst zu verorten. Ist er Teil der Erzählung oder reiner Beobachter? Und, wenn Beobachter, mit was für einer Haltung? Sachlich, dokumentarisch – oder emotional involviert?
Im Jahre 2016 hat der WOLL-Verlag zusammen mit Thomas Jessen einen Katalog mit dem Titel „all das“ aufgelegt. Darin nimmt uns Jessen ein Stück mit auf seinen Weg zu seinen Meisterwerken. Auf seinem ganz eigenen Passionsweg zur Malerei.
Eslohe ist zur Heimat geworden
Für den weltweit bekannten Künstler Thomas Jessen ist das beschauliche und landschaftlich besonders reizvolle Sauerland zur Heimat geworden. Der 1958 im westfälischen Lübecke geborene Maler, der an der Düsseldorfer Kunstakademie ausgebildet wurde, wo er 1974 bis 1999 die Professur für Malerei innehatte, sowie an der renommierten Cité Internationale des Arts in Paris gelebt und gearbeitet hat, wohnt und malt im sympathischen Einkaufsdorf Eslohe, mitten im Sauerland. Neben einer Vielzahl von Ausstellungen und Projekten in seiner Sauerländer Wahlheimat, vor allem im Raum Arnsberg/Sundern/Eslohe, in Nordrhein-Westfalen (u.a. Düsseldorf, Köln, Paderborn, Münster) und in ganz Deutschland (u.a. in Berlin und München), sind Jessens Werke immer wieder in Museen und Kunsthallen rund um die Welt zu sehen gewesen, ob in Krakau, Avignon, Rotterdam, Chicago, La Rioja oder Chartres. Das Sauerland erscheint dem Kunst-Cosmopolit wie ein Paradies: „Es ist einfach unbeschreiblich – unbeschreiblich schön!“
Hier kann der Katalog „all das“ von Thomas Jessen direkt bestellt werden.
- Format: 92 S. / 28 x 37,5 cm / Hardcover
- ISBN 13978-3-943681-77-2
- 49,90 Euro
- WOLL-Verlag Hermann-J. Hoffe
- Telefon 0 29 71 – 87 0 87
- E-Mail: info@woll-verlag.de