Therese Bergenthal, die Herrin von “Haus Kupferhammer”

Quelle: Haus Kupferhammer

Der folgende Brief der Therese Bergenthal (1805-1883) aus Warstein an ihre Freundin Dorothea in Eslohe aus dem Jahr 1851 ist fiktiv, aber angelehnt an die historischen Fakten der damaligen  Hausherrin des Haus Kupferhammer.  

Meine liebe Freundin Dorothea! 

Du kannst nicht erahnen, wie sehr ich Dich vermisse. Deine unbeschwerte Fröhlichkeit, Deine Vertrautheit, Deine tief empfundene Anteilnahme an meinem Leben. Nun sind es schon fast zwanzig Jahre her, dass ich mich von meiner wundervollen und geliebten Freundin in unserem heimatlichen Eslohe verabschieden musste. Ich erinnere, wie Du mich damals schwesterlich und ausdauernd in meinem Entschluss bestätigt hast und mir die Zukunft in den buntesten Farben ausgemalt hast: „Warstein ist nicht das Ende der Welt. Mit der Kutsche ist man immer in einem Tag dort.“ Notfalls, so versprachst Du es, würdest Du auch zu Fuß kommen. Da mussten wir dann doch lachen, weil das ja viel zu gefährlich ist.  

Wilhelm Bergenthal war mir damals schon vorgestellt worden, er sei, so mein Herr Vater „ein ehrgeiziger, begabter Unternehmer in der Eisenindustrie“, und mein Bruder ergänzte „der traut sich was, und der wird Erfolg haben“. Sie hatten beide Recht, auch wenn es meine damaligen Bedenken, bezüglich seiner Eignung als Gatte und zukünftiger Vater meiner Kinder nicht unbedingt zerstreute. Es war ja von Anfang an klar, dass sich die Gabriel-Werke unserer Familie mit Bergenthals Unternehmen vereinigen wollten. Damals wusste ich aber noch nicht einmal, was ein „Stahlraffinierhammer“ ist, und wenn ich ehrlich bin, weiß ich es bis heute immer noch nicht richtig. Ich weiß nur, dass es vielen Menschen Lohn und Arbeit gibt, dass mein Gatte ein guter Unternehmer ist, der sich fürsorglich um seine Arbeiter kümmert. Inzwischen hat er übrigens noch einen Reckhammer und ein Achsenwerk gegründet. Alle diese Werke und Gründungen haben Warstein zu einem bedeutenden Standort der Eisenindustrie gemacht, und ja, man kann wohl auch sagen, meinen Gatten zu einem wohlhabenden Mann. Manchmal mache ich mir allerdings Sorgen: Er arbeitet zu viel, will immer noch mehr erreichen und neue Ideen verwirklichen. Stell Dir vor, er redet von einem Puddlings- und Walzwerk, und sogar von einer Warstein-Lippstädter-Eisenbahn träumt er. Wo soll das nur enden? 

Quelle: Haus Kupferhammer

Die Eisenbahnidee stößt natürlich bei Constantin Wilhelm und Hubert auf großes Interesse. Beide Söhne sind wohlauf und gescheite Buben, die uns viel Freude bereiten. 

Liebste Dorothea, wenn Du doch jetzt hier sein könntest, Ich stehe vor den allergrößten Herausforderungen, die Du Dir nur vorstellen kannst. Nein, es geht einmal nicht um meine Haare oder die unsäglichen Perücken, die mir schier den Kopf eindrücken und an die ich mich wohl nie gewöhnen werde. Wie gerne denke ich an die wilde Zeit unserer Kindheit zurück, als sich die Zöpfe auflösen und im Wind flattern durften. Wenn ich heute ausgehen möchte, muss ich mindestens eine Stunde für die Toilette einrechnen und bin auf die Hilfe meiner Haar- und Ankleide-Mädchen angewiesen. Und jetzt steht auch noch das neue Heim wie ein Riesenberg vor mir: Wilhelm hat vor zwei Jahren das „Haus Kupferhammer“ gekauft. Es ist kein Haus, sondern eher ein Herrschaftssitz, riesengroß, unzählige Zimmer, Wintergarten, alles, was man sich nur erträumen kann. Die Einrichtung hat Wilhelm überwiegend in meine Hände gelegt. Wir werden exotische Gewächse haben, Vögel in Volieren, Skulpturen, Gemälde und das feinste Mobiliar. Ich denke da an ein Biedermeierzimmer, einen Festsaal, und Wilhelm hat angedeutet, dass er mich zu meinem nächsten Geburtstag bestimmt überraschen werde. Ob er wohl meine dezenten Hinweise der letzten 20 Jahre für meine Vorliebe florentinischen Mobiliars umzusetzen gedenkt? Ach, das wäre wirklich eine große Überraschung. 

Genug von mir, ich bin gespannt auf Deinen Bericht und wünsche, dass mein sehnlichster Wunsch nach Deiner Gegenwart in unserem neuen Haus sich endlich erfüllen kann.  Wilhelm hat als Hausinschrift „Nichts ohne Müh“ gewählt. So lass uns denn gemeinsam Mühe aufwenden, uns recht bald zu sehen. 

Deine treu und innigst verbundene Freundin  
Therese