Teufelshund und Gotteslohn

Das Heiligenhäuschen zwischen Wormbach und Berghausen

„Ihr Berghäuser solltet euch was schämen, das Heiligenhäuschen auf Papen Brücke so verkommen zu lassen!“ Mit diesem Satz, der auf einem Wormbacher Schützenfest fiel, fing für Franz-Josef Knoche aus Berghausen eine inzwischen über 40-jährige gemeinsame Geschichte an. So richtig konnte sich niemand mehr erinnern, wie alt das kleine Heiligenhäuschen an der Wennebrücke zwischen Wormbach und Berghausen ist, und vor allem fühlte sich niemand dafür zuständig. Entsprechend sah es aus.

Heiligenhäuschen mit alter Sage verbunden

Gerade dieses Heiligenhäuschen, das direkt am historisch bedeutsamen Totenweg von Soest nach Wormbach steht, ist mit einer uralten Geschichte des Schmallenberger Sauerlandes verbunden: Bevor Berghausen eine eigene Kirche bekam, also vor über 800 Jahren, wurden die Klosterbrüder aus Grafschaft gerufen, wenn im Dorf ein Leben zu Ende zu gehen drohte. Mit den nötigen Utensilien für eine letzte Ölung – unsere heutige Krankensalbung – zog vor vielen Jahrhunderten ein Grafschafter Benediktiner des Abends von seinem heimatlichen Kloster ins noch kirchenlose Hawerland. Eile war geboten, denn ein Kranker lag in Berghausen im Sterben.

Das Ziel auf dem Hügel hatte er schon vor Augen, doch die Brücke über die Wenne war versperrt. Ein höllischer Hund verwehrte ihm den Übergang. Je häufiger die Geschichte seither erzählt wurde, desto größer wurde der Hund, desto feuriger seine Augen, desto länger seine Zähne und desto schwefliger sein Atem. Dem Klosterbruder war sofort eines klar: Kein anderer als der Teufel persönlich konnte in der Gestalt dieses Hundes stecken. Obwohl der Hund bestimmt kein Pudel war, dachte der fromme Mann wohl so etwas wie: „Das also ist des Pudels Kern“, und er hatte auch gleich das richtige Gegenmittel zur Hand. Flugs holte er die Utensilien zur Krankensalbung hervor und schon wich der Hund vor den göttlichen Zeichen zurück. Allerdings lie. er es sich nicht nehmen, dabei schnell einen Feuerschweif hinter sich herzuziehen. So kam der Mönch gerade noch rechtzeitig ins Dorf und konnte dort seine Pflicht erfüllen.

Engagement seit über 40 Jahren

Von Pflichterfüllung kann auch Franz-Josef Knoche etwas erzählen. Durch den Spruch auf dem Schützenfest bei seiner Ehre gepackt, nahm er sich des historischen Häuschens an: „Da bin ich am anderen Tag erst mal hingegangen und habe so richtig aufgeräumt.“ Seit über 40 Jahren geht er nun täglich von seinem Hof am Ortseingang von Berghausen den Abhang hinunter zur Wennebrücke, die Eingeweihte auch heute noch „Papenbrügge“ nennen, obwohl sie schon lange keiner Familie Pape mehr gehört – so ist das eben mit Hausnamen im Sauerland. Franz-Josef Knoche war Bergmann und Waldarbeiter, nach Feierabend auch Landwirt auf dem eigenen Hof und sehr aktives Mitglied im Schützenverein. Trotzdem fand er noch die Zeit und Kraft, fortan dafür zu sorgen, dass das Heiligenhäuschen immer im besten Zustand war und auch heute noch ist. Er kümmert sich um die Bepflanzung, mäht den Rasen, sorgt für den Anstrich und die Ausstattung. Zu besonderen Anlässen steckt er eine Kerze in einer Laterne an, die ebenfalls eine besondere Geschichte hat: Sie stammt vom Grab des 1969 verstorbenen Bruders von Franz-Josef Knoche.

Beispielhafte Sauerländer Teamarbeit

Bei der letzten großen Renovierung war der heute 77-Jährige ebenfalls feder- und pinselführend dabei – aber nicht allein. Die in Berghausen lebende Künstlerin Andrée Rousseau restaurierte behutsam das Wandgemälde, das die Berghäuser Pfarrkirche und ihre Schutzheiligen darstellt. Tobias Köhne, auf dessen Land des Häuschen steht, sorgte für ein neues Dach. Dieses sollte natürlich stilecht mit heimischem Schiefer gedeckt werden. Franz-Josef Knoche sprach in dieser Sache bei seinem alten Arbeitgeber auf der Grube Magog vor. „Fahr nach Heiminghausen und hol dir, was du brauchst. Du weißt doch, wo das steht“, sagte der damalige Firmenchef Ernst Guntermann – typisch Schmallenberger Sauerland.

Was treibt Franz-Josef Knoche, den heute ältesten Mann Berghausens, an, sich nur für Gotteslohn um ein kleines Bauwerk zu kümmern, das ihm nicht mal gehört? „Man kann es doch nicht einfach verkommen lassen“, ist seine einfache Antwort. Er hofft, dass vielleicht seine Enkelin die Tradition später fortführt. Das ist die Geisteshaltung, die das Schmallenberger Sauerland zu dem macht, was es ist.