TeamCard und weitere Projekte:

Quelle: Schmallenberger Sauerland Tourismus

Was tun gegen den Fachkräftemangel?

Stell dir vor, du willst essen gehen, aber niemand kocht für dich. Der Fachkräftemangel ist ein bedrohliches Thema in der Hotel- und Gastronomiebranche. Die Touristiker des Schmallenberger Sauerlands haben im Rahmen des Projekts G.A.S.T. (Gerne arbeiten im Schmallenberger Tourismus) kreative Lösungen für Gastronomen entwickelt, um die Attraktivität der Jobs in der Branche zu steigern.

WOLL hat mit Katja Lutter, Geschäftsführerin Schmallenberger Sauerland Tourismus GmbH, und dem Gastronomen Walter Beckmann, Geschäftsführer des Landhotels Sauerländer Hof in Wenholthausen, über die aktuelle Lage und notwendige Maßnahmen gesprochen.

WOLL: Frau Lutter, im vergangenen Frühjahr endete das vom Bund geförderte Projekt G.A.S.T. Was ist seit Projektende passiert, um die Gastronomie als Arbeitgeber interessanter zu machen? Katja Lutter: Wir konnten uns erst im letzten Quartal 2021 wieder dem Fachkräfteprojekt widmen, aufgrund beispielsweise der Lockdown-Folgen. Bei diesem wichtigen Thema fehlt uns ein „Vollzeit-Kümmerer“, was zuvor durch die Fördergelder ermöglicht worden war. Dennoch nehmen wir uns des wichtigen Themas mit vorhandenem Personal an. Zum Abschluss des Förderzeitraumes waren sehr viele wichtige Grundlagen und Konzepte erarbeitet worden, die es nun in TeamCard und weitere Projekte: konkrete Projekte umzuwandeln gilt. Insgesamt hat das Projekt dazu beigetragen, an der Basis und auf allen Verbandsebenen das Thema Arbeitskräfte in den Mittelpunkt des Interesses zu rücken. Seit dem 1. Mai 2022 gibt es die „Team- Card“ für Mitarbeitende in der Branche. Dieses Angebot war ein Wunsch der Hoteliers und Gastronomen, die bei der Entwicklung mitgewirkt haben. Die Card soll langfristig den Teamgedanken stärken und beinhaltet viele attraktive Freizeitangebote für die Inhaberinnen und Inhaber. Im Detail ist der Leistungsumfang unter www.deinteamgast. de zu finden. Wir hoffen, dass viele „Team- Mitglieder“ zusammenkommen.

WOLL: Was ist für die Zukunft geplant?
Katja Lutter:
Der Abschlussbericht des Projektes umfasst zahlreiche weitere Maßnahmen, die zur Mitarbeiterbindung und -gewinnung umgesetzt werden können – zum Beispiel zentrale Jobbörsen, Weiterbildungsprogramme oder Personalmarketingmaßnahmen. Diese gilt es mit der Projekt-Arbeitsgruppe, die auch nach Ende der Projektlaufzeit weiter mitarbeitet, umzusetzen. Parallel weisen wir bei allen Initiativen und auf allen touristischen Ebenen darauf hin, das Thema in den Fokus zu nehmen. Mir persönlich liegt auch das Thema Wohnraum für Mitarbeitende am Herzen, das ich gerne auf kluge und für Mitarbeitende attraktive Weise gelöst wüsste.

WOLL: Und wie sieht das in der Praxis aus? Herr Beckmann, nehmen Sie den Fachkräftemangel wahr?
Walter Beckmann:
Der Fachkräftemangel ist eindeutig wahrnehmbar. Die heutige Situation zeichnete sich schon vor der Pandemie ab. Corona hat den Prozess beschleunigt. Die größte Problematik in der Branche sind die Arbeitszeiten und der Glaube vieler Eltern, dass Kinder studieren müssen, um etwas zu werden. Es kommen Zeiten, da wird ein Meister mehr wert sein als ein Studierter. Alle wollen gut leben, aber was ist, wenn es kaum noch Hotels, Restaurants oder Handwerksbetriebe gibt?

WOLL: Wie zeigen sich die Auswirkungen des Fachkräftemangels in der täglichen Arbeit?
Walter Beckmann:
Ich befinde mich diesbezüglich in einem Denkprozess. Sofortmaßnahmen wären kurzfristig: Von persönlicher Bedienung mehr auf Buffet umstellen, Angebote reduzieren, Öffnungszeiten ändern.

WOLL: Wie werben Sie um neue Mitarbeiter?
Walter Beckmann:
Wir schalten Anzeigen. Argumente reichen von mehr Gehalt und Zuschlägen, besseren Arbeitsbedingungen bis zu angenehmeren Arbeitszeiten durch Schichtmodelle. Derzeit suchen wir neue Mitarbeiter für den Servicebereich. Ich freue mich immer über Bewerbungen.

WOLL: Weshalb arbeiten Ihre Mitarbeiter gerne bei Ihnen?
Walter Beckmann:
Unser Betriebsklima ist hervorragend. Einer tritt für den anderen ein. Das Gehalt ist gut und die Arbeitszeiten sind in Ordnung. Das Gästepotential ist sehr gut. Unsere Gäste sind mit unserem Angebot zufrieden. Auch so entsteht als Rückkopplung ein gutes Klima.

WOLL: Was macht für Sie die Berufe in der Gastronomie besonders interessant?
Walter Beckmann:
Ich habe Freude daran, wenn die Menschen glücklich und zufrieden mit dem sind, was ich biete. Wenn man seinen Beruf liebt und lebt und das ausstrahlt, kommt viel zurück. Ich mag die Arbeit am Produkt und habe Freude daran, das Angebot immer weiterzuentwickeln.

WOLL: Wie fanden Sie das Projekt G.A.S.T und das neue Ticketsystem?
Das Ticketsystem ist eine schöne Sache für unsere Angestellten, aber damit ist die Grundproblematik nicht aus der Welt geschafft. Ich weiß das Engagement der Tourismusorganisationen sehr zu schätzen und nutze die Angebote gerne.

WOLL: Wie kann es weitergehen?
Walter Beckmann:
Praxis- und Theorie-Austausch zwischen den Hoteliers, Gastronomen und Tourismusorganisationen sind von großer Bedeutung. Viele kleine Projekte und bedrucktes Papier alleine sind nicht zielführend. Mir ist unser Umfeld wichtig. Damit wir ein Tourismusmagnet bleiben und die Gäste zufrieden sind – und so auch die Mitarbeiter. Dafür müssen die Dörfer sauber sein und die Einwohner gegenüber den Gästen freundlich auftreten. Der Tourismus muss die Bürger mitnehmen. Hier sollte noch stärker angesetzt werden. „Unser Dorf hat Zukunft“ zum Beispiel ist ein wirkungsvoller Ansatz. Unsere Gäste fühlen sich in Wenholthausen nicht nur wegen unseres Angebots wohl, sondern auch, weil sie den Ort hübsch finden, sie zum Beispiel gerne zum Einbergsee wandern, in der kleinen Hütte einkehren und unser Lädchen mögen. Sie können sich hier wie zuhause fühlen. Ich muss mich als Gastronom dafür bedanken, dass es bei uns im Dorf rund läuft. Eigentlich müsste ich bei Aufräumarbeiten an erster Stelle da sein, leider ist das zeitlich meistens nicht möglich. Ich bedanke mich dann auf andere Weise. Ich hoffe, die Jugend erkennt, dass es nur mit ehrenamtlichem Engagement in Zukunft so weitergeht und jeder seinen Teil dazu beitragen muss.

Vorteile der neuen TeamCard für Tourismusmitarbeiter im Schmallenberger Sauerland und in der Ferienregion Eslohe auf einen Blick:
• ermäßigte oder kostenlose Eintritte in Freizeiteinrichtungen der Region
• „Kollegenrabatte“ in Gastro- und Hotelbetrieben (25 Prozent auf Essen und Getränke, Übernachtungen zum halben Preis)
• Zugang zu Teamevents

Hintergrundinformation Projekt G.A.S.T
G.A.S.T. steht für „Gerne arbeiten im Schmallenberger Tourismus“. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt aller Schmallenberger und Esloher Gastronomen und Tourismusvereine, welches vom Bund über 20 Monate gefördert wurde. Geendet hat der Förderzeitraum im vergangenen Frühjahr. Anhand einer umfangreichen Mitarbeiter- und Arbeitgeber-Befragung wurden die Erwartungen und Probleme auf beiden Seiten analysiert. Es entstanden unter anderem eine Weiterbildungsdatenbank, Workshops und die Aktion „Gastro macht Schule“. Belohnt wurde die Arbeit mit dem ersten Platz beim Sparkassen Tourismuspreis Westfalen-Lippe 2018. Als eine besondere Idee ging aus dem Projekt nun das neue Ticketsystem #teamgast mit zahlreichen Vergünstigungen für Angestellte im Tourismusbereich hervor.