Stadtforst

Mit „Tante-Emma-Laden“ gegen „Buchdrucker“ und „Kupferstecher“

Eversberg/Freienohl. Wenn die Sonne sticht und es zu heiß wird, geht der Mensch in den Schatten. Bäume können das nicht. Der „Super-Sommer 2018“ war quasi ein Vorgeschmack darauf, was die heimische Natur durch den Klimawandel erwartet. So standen die Folgen der Extrem-Temperaturen für den Stadtforst auch im Mittelpunkt des diesjährigen Waldbegangs, zu dem sich die Mitglieder des Stadtrates jetzt mit Stadtförster Roland Wiese trafen.
Der Küppel im Freienohl ist ein Ort, an dem die Herausforderungen augenscheinlich werden. Die steile Südflanke des Berges ist quasi im idealen Einstrahlwinkel der Sonne ausgesetzt – die Folgen sind für die Fachleute schon jetzt sichtbar. Eher braun statt grün präsentiert sich ein Fichtenbestand unterhalb des Gipfels – Hitze, Trockenheit und in der Folge auch der Borkenkäfer haben dem „Brotbaum des Sauerlandes“ heftig zugesetzt. Direkt darunter: Ein etwa 45 Jahre alter Bestand von Douglasien, der das Extrem-Wetter ganz offenbar gut weggesteckt hat. „Die Douglasie kommt mit der Hitze deutlich besser zurecht“, weiß Roland Wiese. Deshalb wurden auch Flächen, die am Küppel durch Sturm „Friederike“ im Frühjahr freigeworden sind, mit jungen Douglasien aufgeforstet. Der Trockenheit zum Trotz: „Über 90 Prozent sind angewachsen“, freut sich der Stadtförster, „damit hätte ich bei dem Wetter niemals gerechnet.“
Für die Fichten am Küppel ist das keine Lösung. Aufgrund der Lage ist der Bestand kaum zu erreichen – ein Einschlag wäre mit hohen Kosten verbunden und nicht wirtschaftlich, erläutert Roland Wiese. Die Lösung: Der Bestand wird komplett sich selbst überlassen; „die ersten jungen Eichen wachsen schon nach.“ Ein Tipp des Försters: Wer im Wald spazieren geht, kann Eicheln mitnehmen und diese wenige Zentimeter tief in den Boden einsetzen – „irgendwann wird ein Wald daraus“. Ein bisschen Geduld muss man natürlich mitbringen – Forstleute denken in Jahrzehnten.
Was frühere Generationen von Förstern gedacht haben, wird oberhalb des Kohlwedertals bei Eversberg deutlich. Hier stehen etwa 40 Jahre alte Douglasien – ungewöhlich, dass man sich in dieser Zeit schon mit den „Fremdländern“ – so nennen Förster fremde Baumarten – beschäftigt hat. „Damals waren es Spinner“, frotzelt Roland Wiese – und macht deutlich, dass man die „Spinner“ von damals heute durchaus als Visionäre sehen kann: „Das, was man vor Jahrzehnten ausprobiert hat, hilft uns heute weiter.“
Zum Beispiel, indem man die Fläche an der Gasleitung räumt – in direkter Nachbarschaft eines westlich vorgelagerten Douglasienbestandes. So finden die Samen der „Fremdländer“ Platz für neue Jungpflanzen. Im „Försterdeutsch“ heißt das „Naturverjüngung“. Der Vorteil: Pflanzen finden so quasi automatisch Standorte, die zu ihren Ansprüchen passen – und die Methode ist noch dazu kostenlos. Roland Wiese: „Ansonsten müsste ich rund 1000 Pflanzen kaufen – so kriegen wir es umsonst.“
Ein weiteres Problem, mit dem die Forstleute aktuell als Folge von Windwurf und Trockenheit zu kämpfen haben, tragen die possierlichen Bezeichnungen „Buchdrucker“ und „Kupferstecher“. Die beiden Arten der Borkenkäfer machen ihrem Namen allerdings überhaupt keine Ehre, sondern beschäftigen sich hauptsächlich mit Fressen und Vermehrung, weiß Roland Wiese. In diesem Jahr ist das ein Riesen- Problem: Der Borkenkäfer breitet sich unter der Rinde der Nadelbäume aus – diese sterben in der Folge ab. Das ist nicht nur ökologisch eine Herausforderung, sondern auch wirtschaftlich: Das so genannte „Käferholz“ ist nur einen Bruchteil von dem Wert, was man mit gesundem Holz erzielen könnte.
Um eine weitere Ausbreitung des Borkenkäfers zu erschweren, müssen die Forstleute auch zu radikalen Mitteln greifen: Befallene Nadelbäume, die gefällt sind und zur Abholung bereit liegen, werden punktuell mit Insektiziden behandelt – „und zwar dann, bevor die Käfer ausfliegen können“, erläutert Roland Wiese. Der richtige Zeitpunkt ist, wenn die eigentlich hellen Larven honigbraun werden. Die Methode ist eine unerfreuliche Lösung, so Roland Wiese: „Aber sie kann mithelfen, dass gesunde Bestände auch gesund bleiben.“
Eine weiterer Weg dazu: Die richtige Durchmischung der Wälder. Denn besser als große Monokulturen sei der „Tante-Emma-Laden“, erklärt Roland Wiese: Kleine Bestände mit unterschiedlichen Baumarten können Herausforderungen wie Klimawandel und Schädlingen besser begegnen: „Dann haben wir optimale Chancen, dass sich ein Forst gut entwickelt – ökologisch und auch wirtschaftlich.“ Kupferstecher“.
Bildnachweis: Stadt Meschede

Die charakteristischen Kammern und Gänge in der Rinde sind ein untrügliches Zeichen
für „Buchdrucker“ und „Kupferstecher“ – Stadtforst –