Eine Amerikanerin bringt das „Hygge“-Gefühl ins Sauerland
Von San Francisco nach Bad Fredeburg – der Liebe wegen zog Holly Greiff vor vier Jahren von der amerikanischen Westküste ins Sauerland. Es folgte ein Kulturschock für die studierte Grafikdesignerin, die nicht nur den Kontinent wechselte, sondern dazu von einer Millionenmetropole in eine Kleinstadt zog. Heute ist Holly angekommen und fühlt sich im Sauerland heimisch, auch wenn ihr hin und wieder der Großstadttrubel fehlt. Im Zuge ihres Umzugs entdeckte die Amerikanerin ihre Liebe für den hohen Norden, insbesondere für das dänische Glücksrezept „Hygge“. Die Lebensart, in der Gemütlichkeit und inneres Wohlbefinden im Fokus stehen, begeisterte sie so sehr, dass die 36-Jährige sich im Januar dieses Jahres mit scandiPOP Interiors selbstständig machte. Das Online-Designstudio ist darauf ausgelegt, moderne Wohnräume im skandinavischen Stil zu schaffen, die sich positiv auf das Wohlbefinden auswirken. Holly berät, designt und erstellt digitale Modelle der neugestalteten Räumlichkeiten. Lisa Mörchen hat für WOLL mit Holly gesprochen.
WOLL: Holly, warum bist du vom skandinavischen Lebensstil so begeistert?
Holly: Die Skandinavier zählen nicht umsonst zu den glücklichsten Menschen der Welt. Das hat auch viel damit zu tun, wie sie ihre Eigenheime gestalten – minimalistisch, funktional und mit Bezug zur Natur. Sie kreieren sich gemütliche Rückzugsorte mit Wohlfühlfaktor. Da finde ich mich wieder. Jeder Mensch sollte ein Zuhause haben, in dem er zur Ruhe kommen kann. Das hat, meiner Meinung nach, großen Einfluss auf unsere mentale Gesundheit.
WOLL: Wie kam es zur Gründung von scandiPOP Interiors?
Holly: Ich habe mich immer schon sehr für Inneneinrichtung interessiert und als ich angefangen habe, unser Haus in Bad Fredeburg zu gestalten, kam mir die Idee, mich beruflich umzuorientieren. Ich möchte anderen dabei helfen, aus einem Haus ein Zuhause oder aus einem Raum einen gemütlichen Rückzugsort zu machen. Außerdem ist es mir wichtig zu vermitteln, dass man kein Vermögen ausgeben muss, um das zu erreichen.
WOLL: Deine Designs basieren alle auf einer Grundlage; wie schaffst du Abwechslung und Individualität?
Holly: Als ich unser Haus gestaltet habe, fiel mir auf, dass ich zwar die Schlichtheit mag, aber trotzdem gerne etwas Abwechslung in die verschiedenen Räume einfließen lassen möchte. Ich wollte, dass jeder Raum etwas anderes ausstrahlt, das Gesamtkonzept aber trotzdem zusammenpasst. Also habe ich auf den Grundlagen skandinavischen Designs vier Ausprägungen entwickelt – Scandi-Modern ist der Klassiker, Scandi-Luxe kommt etwas extravaganter daher, Scandi-Rustic geht in Richtung Landhaus-Stil und Scandi-Boho ist eher eklektisch. So lassen sich Räume je nach Vorlieben individuell gestalten und ergeben trotzdem ein stimmiges Gesamtbild.
WOLL: Wie läuft die Umsetzung eines Designprojekts ab?
Holly: Als Erstes bitte ich meine Kunden, an einem von mir erstellten Quiz teilzunehmen, um herauszufinden, welche der vier Stilrichtungen bevorzugt wird. Im anschließenden Gespräch finde ich heraus, was gewünscht ist – ein Raum, der Ruhe ausstrahlt, oder einer, der Energie versprüht. Dann gilt es ein Farbschema auszuwählen; Kunden können aus einem von mir vorgegebenen wählen oder selbst eines erstellen. Ich arbeite sehr viel mit Pinterest, die digitalen Pinnwände geben mir einen guten Überblick über das, was der Kunde mag. Wir nutzen die Plattform als Kommunikationskanal und können uns so gegenseitig schnell mitteilen, welche Einrichtungsgegenstände gefallen und welche nicht. Je nach gebuchtem Paket erstelle ich dann mithilfe einer Software die Raumaufteilung oder ein 3D-Modell. Ist der Kunde zufrieden, kann die Umsetzung beginnen, bei der ich mit Tipps unterstütze oder auf Wunsch eine Einkaufsliste zur Verfügung stelle. Die konkrete Umsetzung übernimmt der Kunde selbst.
WOLL: Welche Optionen gibt es für deine Kunden?
Holly: Ich biete drei Design-Pakete an, beginnend mit chatPOP – ein Raum wird mit bereits vorhandenen Einrichtungsgegenständen neu gestaltet und ich gebe Tipps. miniPOP umfasst die Umgestaltung kleinerer Räumlichkeiten, wie zum Beispiel Hauseingänge oder Badezimmer. Nach einem Erstgespr.ch erstelle ich ein 3D-Modell, eine Pinnwand bei Pinterest, eine digitale Aufstellung sowie eine virtuelle Videotour. Das fullPOP-Paket ist auf die komplette Neugestaltung eines größeren Raumes ausgelegt. Auch hier ist ein 3D-Modell inkludiert, eine Pinterest-Wand sowie eine digitale Aufstellung und eine virtuelle Tour. Selbstverständlich unterstütze ich auch bei der konkreten Umsetzung.
WOLL: In Zeiten von Corona arbeiten viele zuhause – wie sollte ein produktiver Arbeitsplatz aussehen?
Holly: Zuallererst sollte man sicherstellen, dass Stuhl und Tisch auf die Körpergröße eingestellt sind – sich auf einen Stuhl zu hocken und auf den Küchentisch hinunterzubeugen ist ungesund. Auch ist eine gute Beleuchtung wichtig. Außerdem würde ich eine Pflanze dazustellen – das schafft Atmosphäre. Es ist wichtig, dass die Arbeitsfläche aufgeräumt ist und nicht überall Sachen kreuz und quer herumliegen.
WOLL: Insgesamt verbringen wir im Moment mehr Zeit in den eigenen vier Wänden – wie kann ich schnell und einfach für Veränderung und Gemütlichkeit sorgen?
Holly: Ich würde empfehlen, den Raum einmal komplett leerzuräumen – wie ein Künstler, der auf eine weiße Leinwand blickt. Dann sollte man die größten Einrichtungsgegenstände wieder neu platzieren, wie zum Beispiel das Sofa oder den Esstisch. Anschließend kommen die Dinge zurück in den Raum, auf die man auf keinen Fall verzichten möchte. Alles, was dann noch übrig ist, sollte man genauer unter die Lupe nehmen und sich fragen: Brauche ich das wirklich? Wird die Frage bejaht, finden die Gegenstände wieder einen Platz. Wird die Frage verneint, sollte man sich trennen. Beleuchtung und Teppiche sorgen schnell für mehr Gemütlichkeit.
WOLL: Was wünschst du dir für die Zukunft?
Holly: Mein Traum ist es, ein ganzes Haus neu zu gestalten. Wenn wir uns mehr darauf konzentrieren, wie wir leben, dann kann Design einen nachhaltigen Einfluss auf unser Wohlbefinden haben. Ein Zuhause sollte ein Aufenthaltsort sein, an dem wir entspannen und unsere Batterien wieder aufladen können – bei der Umsetzung dessen möchte ich noch vielen weiteren Menschen helfen.