Sechs alte Brunnen

Die historische Brunnenanlage des Klosters Wedinghausen

Spannend ist das Mittelalter ja ohnehin. Wenn sich aber auch nach 850 Jahren im Sauerland noch Spuren des Mittelalters nachverfolgen lassen, dann entstehen vor dem geistigen Auge des Betrachters Bilder, die tief in die Vergangenheit eintauchen lassen. WOLL war auf Spurensuche, im Umfeld des Klosters Wedinghausen…

Das Kloster Wedinghausen, religiöses und kulturelles Zentrum der Grafschaft Arnsberg und dann des Herzogtums Westfalens, wurde um das Jahr 1170 gegründet – so viel ist hinreichend bekannt. Ein nicht so häufig thematisierter, aber ebenfalls interessanter Aspekt des Lebens der Mönche im Mittelalter ist die Versorgung mit lebensnotwendigem Wasser, welche durch eine Brunnenanlage mit insgesamt sechs Brunnen gesichert wurde. Zum Teil sind diese Brunnen auch heute noch gut erhalten.

Der auf der Karte mit „Nr. 1“ markierte Brunnen steht im Vorgarten von Peter Havestadt. Einst diente er zur Bewässerung des mittelalterlichen, großen Hopfengartens. In direkter Nachbarschaft, am Rande des Parkplatzes, hinter dem ehemaligen Kreishaus gelegen, liegt das mit zwei Metern Durchmesser größte Exemplar der Anlage („Nr. 2“), der Sud- und Braubrunnen (die Mönche tranken also – nicht sehr überraschend – nicht nur Wasser). Ein weiterer Brunnen („Nr. 3“) diente dem Prälaturgarten und liegt auf der Ecke Eichholzstraße/Prälaturstraße. Brunnen Nr. 4 liegt heute unter Glasbausteinen im Innenhof des Klosters, während die Nr. 5 der Prälatur (= Wohnung des Abtes) diente und heute auf der Klosterstraße unterhalb einer Garage abgedeckt ist. Hinter dem Hirschberger Tor, auf Höhe der heutigen Bücherei liegt schließlich der letzte, heute ebenfalls abgedeckte Brunnen, (Nr. 6).

Die Brunnen wurden als sogenannte „Ziehbrunnen“ angelegt, urtümliche Schächte, die im Erdreich durch Holzkastenkonstruktionen stabilisiert wurden. Geschöpft wurde das Wasser mit einer speziell gebauten Anlage. Ein hoher, aus einem Eichenstamm gehauener Pfosten balanciert an seinem oberen Ende einen Querbalken mit einem längeren dünnen (Holz)-Teil, an dem wiederum der Schöpfeimer hing, und einem kürzeren, dicken Ende, der „Wippe“.

Auf den ersten Blick erstaunt, dass so viele Brunnen auf einem überschaubaren Gelände angelegt wurden. Dabei muss man sich aber vergegenwärtigen, dass keinerlei Leitungen existierten und das Wasser von Hand getragen wurde, um Kühe, Schafe, Schweine und nicht zuletzt die Menschen selbst zu versorgen.

Und woher kam das Wasser? Vom Bockstall, der Passhöhe im Arnsberger Wald, floss es über den Schlossberg hinab in die Stadt, so wird vielfach vermutet. Peter Havestadt ist anderer Meinung: „Die Tatsache, dass beim Ausschachten zum Bau der Tiefgarage am Neumarkt (1993) kein Tropfen Wasser gefunden wurde, spricht schon dagegen. Ich denke, dass es Oberflächenwasser war, welches über den im Eichholz vielfach vorhandenen Schiefer abwärts floss und dann versickerte.“ Dies würde bedeuten, dass der Wasserstand in den Brunnen abhängig vom jeweiligen Niederschlag war: Kein Regen gleich wenig Wasser für Mensch und Tier!

Noch einmal zu Peter Havestadts Brunnen: Der Ruhrverband Arnsberg bestätigte im Jahr 1979, dass der Brunnen „ungewöhnlich gutes Grundwasser mit der niedrigen Härte des hiesigen Leitungswassers habe, aber weitaus bekömmlicher sei“. Der Prüfer weiter: „Aufgrund der Ergebnisse hat Unterzeichner ein Glas voll getrunken. Besten Dank!“ 

Zeichnung eines historischen Ziehbrunnens mit Schöpfeimer und „Wippe“
Übersichtskarte der historischen Brunnenanlage des Klosters Wedinghausen
„Nr. 2“, der Sud-und Braubrunnen des Kosters Wedinghausen