Schmachtend, schmächtig und – was noch?

Wer oder was ist ein Schmachtlappen?

„Boah, hasse auch so Schmacht?“, so wurde mitunter das Treiben auf dem Bolzplatz unterbrochen, wenn es in den Ferien auf die Mittagszeit zuging. Klar, man hatte Schmacht, also Hunger. Da musste vor den nächsten Schüssen aufs Tor eine Stärkung her.

Ein paar Jahre später mokierte man sich dann vielleicht beim Schützenfest oder in der örtlichen Disco über einen „Schmachtlappen“, der sein Glück bei genau der Dame versuchte, die man selbst ins Auge gefasst hatte. Gemeint war natürlich, dass man hoffte, der Hungerhaken, der Spargeltarzan oder die halbe Portion habe wenig Chancen. Aber die Geschmäcker sind nun mal verschieden und so schaute man eben in die Röhre, wenn der vermeintliche Schmachtlappen am Ende der Glücklichere war.

Vielleicht aber war er eben das auch nur kurz und die Auserwählte dachte schon gar nicht viel später ganz anders über den Anbetenden. Denn ein Schmachtlappen kann eben auch das sein: ein schmachtender Liebhaber, der sich in übertrieben gefühligem Verhalten verirrt und eher abschreckt als anzieht.

Aber, ob nun schmächtig oder schmachtend, wer würde vermuten, dass der tatsächliche Hintergrund der Bezeichnung „Schmachtlappen“ in der Kirche zu finden ist, und zwar zur Fastenzeit? Denn in jener 40-tägigen Zeit zwischen Aschermittwoch und Karsamstag ist sowohl in den katholischen als auch den evangelischen Kirchen das Kreuz oder der Altarraum mit einem Tuch verhüllt, dem Fastentuch.

Zur Zeit Jesu trennte dieser Vorhang in den Tempeln das Allerheiligste von den Menschen. Nur den Geistlichen war es vorbehalten, hinter diesen Vorhang zu treten. Im Augenblick des Todes Jesu zerriss im Tempel zu Jerusalem jener Vorhang. Ein Zeichen, dass durch Jesu Tod der Glaube den Menschen wieder zugänglich wurde.

Im Christentum setzte sich der Brauch durch, dass hierauf in der Fastenzeit Bezug genommen wurde. Mit dem Ostersonntag fand dieses „Fasten mit dem Auge“, jene „geistige Buße“ ein Ende. Das Fastentuch wurde abgenommen. So wurde die Erlösung durch Jesu Tod auch optisch nachvollziehbar.

Und da diese Verhüllung eine andere Form des Fastens darstellte, wurde aus dem Fasten- oder auch Hungertuch bei der Bevölkerung alsbald der etwas weniger feierlich anmutende „Schmachtlappen“. Hier wird auch klar, dass die Aussage, jemand nage am Hungertuch, weniger mit materieller Not zusammenhängt, sondern dass damit das geistige Fasten gemeint ist.

Der Schmachtlappen ist also seinem Ursprung gemäß jenes meist prächtige Stück Tuch, das zur Fastenzeit in den Altarräumen der Kirchen zu finden ist. War es das? Nun, noch nicht ganz. Denn im Mittelalter mag man sich für das geistige Fasten auch ganz irdisch belohnt haben.

Quelle: WOLL Magazin

Wer heutzutage z.B. im Netz auf die Suche nach dem „Schmachtlappen“ geht, wird auf diversen Seiten für Kochideen fündig. Und dieser Schmachtlappen scheint so gar nichts mit Fasten, Liebesschmachten oder einem schmächtigen Erscheinungsbild zu tun zu haben. Vielmehr ist damit ein mittelalterliches Stück Bauernbrot gemeint, das mit Schinkenwürfeln, Käse, Senf und Schmand geschmiert und belegt wird. Appetit bekommen? Dann gehen Sie mal schnell auf Rezeptsuche, denn hasse Schmacht, musste was essen, woll?!