Sauerland-Tourismusforum: Einsichten, Perspektiven und Appelle

Eine gründliche Betrachtung der touristischen Lage zu Zeiten des Corona-Lockdowns, erleichterte und freudige Gefühle anlässlich des hohen Gästeaufkommens im Sommer, nachdenkliche und durchaus sorgenvolle Blicke in den Herbst und Winter, aber auch deutliche Appelle an Politik und Bevölkerung – das Online-Sauerland-Tourismusforum des Sauerland-Tourismus bot eine hohe Bandbreite an Eindrücken und Einsichten.

An Zuschauende aus Hotellerie und Gastronomie, aus der Freizeitwirtschaft und natürlich an Touristiker aus der Region richtete sich der Live-Stream, der laut Sauerland-TourismusGeschäftsführer Thomas Weber zusammen mit ausgewählten Experten „eine Blitzlichtaufnahme mitten im Sommer“ aus der Branche liefern und besorgten und verunsicherten Betrieben Aussichten und Perspektiven für die nahe Zukunft aufzeigen wollte. Gleichzeitig gehe es aber auch darum, so Weber einleitend, die Frage zu beantworten: „Was müssen wir tun, um einer sensibilisierten Bevölkerung die Sorgen und Ängste vor Ferien und Ausflügen in der Region zu nehmen“. An der Veranstaltung nahmen neben Vorsitzenden und Geschäftsführung des Sauerland-Tourismus auch Vertreter von Tourismus NRW, aus den Orten und von Ausflugszielen, der IHK Arnsberg, der Sparkasse Hochsauerland sowie des Beratungsinstituts dwif teil. Sie waren live vor Ort im Veranstaltungssaal in Arnsberg oder wurden mit Video-Beiträgen dazu geschaltet – in dieser gemischten, digitalen Form war das Sauerland-Tourismusforum also ein Novum.

Aus verschiedenen Perspektiven warfen die Teilnehmer einen Blick auf die Einbußen der Tourismuswirtschaft in der Region während des Lockdowns und auf die erst vorsichtige, dann im Sommer erfreulich anziehende Erholung der Branche. So waren die Monate März, April und auch der beginnende Mai aus Wertschöpfungssicht eine Zeit der (Gäste)-Leere.
Zahlreiche Betriebe mussten Kurzarbeit anmelden, Soforthilfe beantragen und dennoch um ihre Existenz bangen. Hier war gute Beratungsleistung durch die entsprechenden Partner gefragt. „Wir haben während der Corona-Zeit 25.000 Beratungsgespräche geführt“, teilte Dr. Ilona Lange, Hauptgeschäftsführerin der IHK Arnsberg für ihre Kammer mit.

Sehnsucht nach Natur
Ab Mitte Mai rollte der Tourismus dann endlich wieder an, begleitet durch Restart-Kampagnen auf regionaler und auf Landesebene. Der angekündigte große Boom auf die Mittelgebirge blieb zumindest zu Ferienbeginn noch aus, so berichtete Dr. Achim Schloemer als Vorstandsvorsitzender des Tourismus NRW, jedoch zog die Nachfrage besser als erwartet an. Gefragt waren zunächst sogenannte autarke Unterkünfte wie Ferienwohnungen und Campingplätze, im weiteren Verlauf dann auch die Angebote von Hotels. Von der Urlaubslust der Deutschen im eigenen Land profitierten auf NRW-Ebene die ländlichen Regionen deutlich stärker als die Städte. „Noch nie war die Sehnsucht nach Natur so groß, die Lust am Draußen sein, die Entdeckerfreude“, bemerkte Thomas Weber für das Sauerland. Das konnte Dr.Jürgen Fischbach, stellvertretender Geschäftsführer des Sauerland-Tourismus, durch Zahlen belegen: Die Besuche auf der Internetseite www.sauerland.com hatten von Anfang des Jahres bis Mitte Juli um 71 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zugenommen, die Telefonanfragen bei der Hotline des Tourismusverbandes sich sogar verdoppelt, die Prospektbestellungen sich fast verdreifacht. Aber – so zeigte ein Blick in das Buchungsportal, das in dem entsprechenden Zeitraum ein Minus von 20 Prozent aufweist – nicht jeder Wunsch nach Urlaub im Sauerland spiegelte sich in einer konkreten Buchung wider. Die Region
profitierte zu Beginn des Restarts vor allen Dingen von Rad fahrenden, wandernden, ausflügelnden Tagestouristen, die nicht unbedingt Gastronomie und kostenpflichtige Freizeitziele besuchten und zur Wertschöpfung betrugen.

Erfreuliche Sommerferien
Im Sommer – spätestens ab Mitte der NRW-Sommerferien – präsentierte sich dann ein deutlich erfreulicheres Bild. „Hätte mir jemand Anfang Juli gesagt, was sich Mitte Juli, im August und bis heute bei uns abspielt, hätte ich gesagt: Nie im Leben“, stellte Michael Beckmann, Tourismusdirektor aus Winterberg fest. Zusammen mit seinem Kollegen Norbert Lopatta aus Willingen gewährte er Einsicht in den Tourismus auf Ortsebene. Bezeichnend sei in diesem Sommer die Spontaneität und kurzfristige Entscheidung der Gäste. Tagestourismus boome, Urlaub im Mittelgebirge funktioniere richtig gut, Außengastronomie werde bestens angenommen. „Das bringt natürlich auch Probleme mit sich“, sagte Beckmann. Man müsse in der Region gemeinsam lernen, Besucherströme schon bei der Anreise besser zu lenken und die Digitalisierung dafür zu nutzen. Dennoch herrsche in den Orten und bei den Betrieben die bange Frage: Wie werden der Herbst und der Winter verlaufen, wenn die Menschen sich mehr
im Inneren aufhalten müssen? Sowohl Beckmann als auch Lopatta schilderten die Verunsicherung der Gäste aber auch Betriebe darüber, dass die Verordnungen zu CoronaSchutzmaßnahmen zwischen den Bundesländern abweichen. Es brauche aber praktikable, schnell zu verstehende und umsetzbare, vor allem aber einheitliche Regelungen. „Das Denken auf politischer Ebene muss für eine ganze Region gelten, nicht für einzelne Orte oder einzelne Bundesländer und an der Landesgrenze ist Schluss“, appellierte Lopatta.

Die Lage bei den Ausflugszielen schilderten Dr. Stefan Niggemann, Geschäftsführer der Dechenhöhle in Iserlohn, und Ulrike Wieners, Geschäftsführerin der Börde Therme in Bad Sassendorf. Nach dem Ende des Lockdowns zögen die Besucherzahlen wieder sukzessive an, jedoch würden die Hygieneschutzmaßnahmen das Geschäft schwieriger machen. „Wir gehen davon aus, dass wir nur mit einer 75-prozentigen Auslastung rechnen werden“, sagte Wieners. Und Dr. Niggemann berichtete, dass zwar die Zahlen der Einzelbesucher erfreulich hoch seien, denn „die Leute drängt es etwas zu erleben“, jedoch herrsche beim wichtigen Standbein des Gruppenreisegeschäfts ein Minus von 70 Prozent.

Sorgenkind Geschäftsreisetourismus
Ein Sorgenkind in der Region ist auch der derzeit kaum stattfindende Geschäftsreiseverkehr. Die IHK Arnsberg, Hagen und Siegen hatten dazu eine Blitzumfrage an Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe, Handel, Dienstleistungssektor, Bau und Verkehr gerichtet, die von
rund 350 Betrieben beantwortet wurde. Die Ergebnisse präsentierte Thomas Frye, Geschäftsbereichsleiter Standortpolitik der IHK Arnsberg, beim Sauerland-Tourismusforum.

Das Jahr 2020 scheint für den Geschäftsreisetourismus demnach wenig Hoffnung zu bieten, ein großer Teil der Befragten wird nach eigener Angabe zu 50 Prozent weniger Geschäftsreisen unternehmen als vor der Corona-Pandemie. Die Ausblicke für das Jahr 2021 sind gemischt: Jedes fünfte Unternehmen geht davon aus, dass die Zahl der Geschäftsreisen
sich auch im kommenden Jahr zumindest halbieren und durch digitale Formate ersetzt wird, so Frye. Aber ein anderes knappes Fünftel gehe davon aus, dass es eben nicht so sein wird, lege Wert auf den persönlichen Kontakt. „Der Kuchen wird aber kleiner“, stellte Frye fest. Der Blick in die Zukunft bietet bessere Aussichten, beispielsweise was Tagungen und Seminare betrifft: In einer Zeit nach der Corona-Pandemie möchten die Befragten nach eigener Angabe als Ergänzung zu geschäftlichen Veranstaltungen wieder Rahmenprogramme anbieten. Damit liege eine Chance in der Region, sagte Frye: „Wir als attraktive Outdoorregion haben jetzt gerade bewusst – unter diesem Gesichtspunkt Sicherheit, Abstand – die Rahmenbedingungen zu bieten, damit solche Angebote als Ergänzung zu Teammeetings stattfinden können.“

Aufruf an Bevölkerung
Bei einer kleinen Diskussion mit Zuschauerfragen betonte Thomas Weber die Bedeutung der gepflegten Erscheinung und Qualität der Angebote „im gesamten Sauerland und drumherum und bis zum letzten Schild“ und richtete das Wort gezielt auch an die Einheimischen. „Wir müssen unsere Angebote selbst testen und ernst nehmen. Nutzt die neuen Internetseiten von uns, nutzt die Sauerland-App, jeder Sauerländer sollte diese kostenlose App haben mit hunderten Tipps.“ Und auch Theo Melcher, Vorsitzender des gastgebenden regionalen Tourismusverbandes, schloss die Veranstaltung mit einem eindringlichen Aufruf an die Bevölkerung, die ebenso wie die Sauerland-Gäste aktiv dazu beitragen könne, die heimischen touristischen Angebote – Wander- und Radwege, Gaststätten und Ausflugsziele – zu erhalten: „Nutzen wir die Infrastruktur und nutzen wir die gastronomischen Angebote, bleiben wir nicht zu Hause, gehen wir essen, natürlich mit der gebotenen Vorsicht, denn Corona wird uns noch lange begleiten“.

Eine Aufzeichnung des Sauerland-Tourismusforums ist weiterhin auf dem YouTube-Kanal des Sauerland-Tourismus zu sehen. Den Link finden Interessierte auf der Seite www.sauerlandpartner.info.