Sauerländerin Isabel Schneider hat im Beachvolleyball Olympia im Visier

Große Ziele mit neuer Partnerin

Auf die Frage, in welchen Sportarten das Sauerland national und international spitze sei, werden die Kenner der Szene sicherlich sofort den Wintersport nennen. Hat hier doch erst vor einigen Monaten Hannah Neise aus Schmallenberg im Skeleton sensationell Olympisches Gold in Peking gewonnen. Natürlich dürfen seit einigen Jahren auch der Radrennsport mit dem Team SARIS ROUVY Sauerland sowie zahlreiche Fahrerinnen und Fahrer aus der Mountainbiking-Szene zumindest zur nationalen Spitze gezählt werden. Beim Beachvolleyball allerdings würden vermutlich nur einige wenige Sportexperten wissen, dass hier Isabel Schneider aus dem schönen Ottfingen im äußersten Westen des Sauerlandes, eine nationale Größe ist. Sie gehört zu Deutschlands besten Beachvolleyballerinnen. Zusammen mit der Münchnerin Sandra Ittlinger bildet sie seit Januar dieses Jahres das Duo Ittlinger/Schneider im Sand.

Anfang Mai, kurz vor dem Beachvolleyballturnier in Doha, konnte WOLL Isabel Schneider und Sandra Ittlinger auf dem Beachvolleyball-Trainingsgelände des FC St. Pauli (dem neuen Verein des neuen Duos) in Hamburg zu einem Interview treffen.

WOLL: Isabel, Volleyball und Sauerland. Wie passt das überhaupt zusammen?

Isabel: Wie man sieht, passt das gut zusammen. Im Sauerland wird an vielen Stellen mit Begeisterung Beachvolleyball gespielt, zum Beispiel auf der Beachanlage in Olpe-Dahl. Die Anlage, die in Kooperation mit meinem Sponsor Mennekes gebaut wurde, lockt auch viele Vereinsspielerinnen im Sommer raus auf den Beachplatz. Natürlich ist jetzt gerade im Kreis Olpe der Hallenvolleyball präsent, aber ich denke als Ausgleich im Sommer ist es schön, wenn man eben draußen sein kann und dort einen Sport ausüben kann. Ich habe ja selber den Weg von der Halle in den Sand durchgemacht. Es ist extrem hilfreich beispielsweise in der Halle schon eine gute technische Ausbildung zu genießen. Das hilft nachher sehr beim Beachvolleyball.

WOLL: Jetzt trittst du mit einer neuen Partnerin bei den nationalen und internationalen Turnieren an. Das mit immerhin 30 Jahren. Spielt da der Traum Olympia eine kleine Rolle?

Isabel: Ehrlich gesagt, nicht nur eine kleine Rolle. Der Traum Olympia oder Paris 24 spielte bei der Entscheidung, sich noch einmal neu aufzustellen, mit einer neuen Partnerin zu starten, mit einem neuen Trainer, eine sehr, sehr große Rolle. Das ist etwas, was immer im Hinterkopf ist. Ich habe für mich aber auch herausgefunden, dass die Zwischenziele sehr wichtig sind. Drei Jahre nur hinter diesem Traum Olympia herzulaufen, das kann extrem anstrengend werden. Deswegen freue ich mich dementsprechend auch dieses Jahr auf die Europameisterschaft in München und die Weltmeisterschaft in Rom. Wir haben extrem viele Highlights, die mich auch total motiviert haben, nochmals weiter zu machen.

WOLL: Was sind die Motive, sich in den kommenden zwei Jahren nochmals den Herausforderungen und Anstrengungen im Leistungssport zu stellen?

Isabel: Das ist eine ganz bewusste Entscheidung und das muss es auch sein, um die Entbehrungen in dieser Zeit in manch anderen Bereichen zu rechtfertigen. Gerade im Beachvolleyball ist es so, dass, solange der Körper mithält, jedes Jahr mit neuen Erfahrungen sehr gewinnbringend ist. Ich bin in den vergangenen Jahren durch alle Höhen und Tiefen gegangen. Zusammen mit meiner damaligen Partnerin Victoria Bieneck habe ich extrem viel erlebt. Auch meine Entwicklung im persönlichen und mentalen Bereich war enorm. Ich erhoffe mir natürlich, auf diese Erfahrungen weiter zurückgreifen zu können.

WOLL: Sandra, warum bildest du unbedingt ein Beachvolleyball-Duo?

Sandra: Bei mir war es so, dass meine Beachpartnerin mir irgendwann gesagt hat, dass sie schwanger ist, und dass sich damit die Olympia-Qualifikation erst einmal erledigt hat. In dem Moment, noch im gleichen Hotelzimmer, wo wir damals waren, habe ich gesagt, ich schreibe Isa. Dann hat es noch ein bisschen gedauert, bis ich sie dann tatsächlich gefragt habe. Isabel musste für sich noch ein paar Entscheidungen treffen. Ich saß derweil wie auf heißen Kohlen. Klar, führt man dann noch andere Gespräche, aber für mich war die Priorität klar.

WOLL: Seid ihr nun ein sauerländisch/bayerisches Team? Oder haben wir ein bayrisch/sauerländisches Team?

Sandra: Ittlinger/Schneider heißt unser Team. Deswegen sind wir dann ein bayrisch/sauerländisches Team. Nach den Regularien des Weltverbandes wird der Teamname in alphabethischer Reihenfolge aufgestellt.

WOLL: Was weißt du über das Sauerland, außer, dass Isabel dort herkommt?


Sandra: Tatsächlich bin ich froh, als ich mit Isa mal kurz auf Google Maps geschaut habe, dass ich weiß, wo die sauerländischen Grenzen sind. Das ist nämlich nicht ganz so ersichtlich für jemanden, der nicht aus der Ecke kommt. Also die Frage ist damit beantwortet. Ich glaube, wir trinken weder bayerisches Bier, noch ziehen wir uns Dirndl zum Training an. Unsere Partnerschaft ist mit Vollgas auf den sportlichen Erfolg ausgerichtet.

WOLL: Da wäre es ja interessant, das Sauerland zum Beispiel mal beim Schützenfest in Ottfingen kennenzulernen. Ist das angedacht?

Isabel: Tastsache ist, dass ich ja selbst seit Jahren nicht mehr beim Schützenfest in Ottfingen war. Schützenfeste gehören natürlich zum Sauerland dazu. Meine Jugendzeit ist voll mit Schützenfest-Erlebnissen. Doch je professioneller der Sport wurde, desto schwerer wurde es am Schützenfest teilzunehmen.

WOLL: Also sagen wir Paris 2024 Olympia und Ottfingen 2025 Schützenfest.

Isabel: Ja, genau, so wäre das gut.

WOLL: Was hat euch überhaupt zum Leistungssport gebracht? Was war das entscheidende Motiv?

Isabel: Ich muss sagen, ich war schon immer sehr ehrgeizig im Volleyball. Das hat schon früh in meiner Jugend angefangen, dass ich mir hohe Ziele gesetzt habe. Und ich weiß, ich wollte schon sehr früh, mit zehn Jahren, aufs Sportinternat. Mein großes Ziel war es, im Sport etwas zu erreichen. In der Halle lief es dann auch in Richtung erste Liga. Im Beachvolleyball war das Schlüsselerlebnis die Teilnahme an der U18-Europameisterschaft. Ich wurde nominiert und fand das total cool, für Deutschland zu spielen. Wir wurden begeistert von den Urlaubern angefeuert. Das war ein Schlüsselerlebnis, sodass ich gesagt habe, das möchte ich nochmal erleben. Und dann stand jedes Jahr eine Weltmeisterschaft oder Europameisterschaft im Jugendbereich an. Da war es immer wieder eine Herausforderung, neu nominiert zu werden. Der Gewinn der U23-Weltmeisterschaft und oben zu stehen und die Nationalhymne zu hören, für diese Momente trainiert man eben auch. Durch den Start bei der U18 war ich auf einmal so in dem Zirkel drin, dass es dann weiter und weiter ging. Meine Motivation war immer da, mich selber zu verbessern. Und weiter nach dem Erfolg zu streben. Das ist auch das, weswegen ich dabeigeblieben bin. Die Ziele sind mit mir und meinem Eifer gewachsen.

WOLL: Sandra, du bist ja etwas jünger als Isabel. Bei dir wird das wahrscheinlich so ähnlich sein, Motivation durch Meisterschaften. Oder wie bist du zum Leistungssport gekommen?


Sandra: Ich habe noch ein bisschen länger in der Halle gespielt und war das Küken in der Erstliga-Mannschaft. Auf spielerische Weise und ohne allzu viel Druck habe ich mitbekommen, was Profisport ist. Was müssen die Mädels alles auf sich nehmen? Wie läuft das überhaupt ab? Es ist auch nicht immer alles nur nett und eitel Sonnenschein, sondern da herrscht auch mal ein ganz anderer Ton. Somit konnte ich mich mit dem Leistungssport langsam anfreunden und habe das dann Jahr für Jahr im Beachvolleyball immer mit übernommen. Dabei habe ich mich viel an Vorbildern orientiert, die glücklicherweise immer wieder in meiner Umgebung waren. Natürlich hat man, als man noch sehr jung war, nicht so richtig gefühlt, dass Training manchmal auch wirklich weh tut. Ich erinnere mich nicht, ob ich damals einen Schmerz gespürt habe oder Muskelkater hatte. Es war einfach total cool. Man hatte die Freunde da. Und Schritt für Schritt wurde es dann immer ein bisschen professioneller. Ich denke wie Isa: Wenn man einmal Blut geleckt hat und den Erfolg kennengelernt hat, mal ganz oben steht, das ist so ein beflügelndes Gefühl. Das will man nicht missen. Dafür trainiert man sehr gerne auch im Winter in der Halle.

Isabel Schneider (r.) und Sandra Ittlinger

WOLL: Was ist das Besondere an Beachvolleyball gegenüber dem Hallenvolleyball oder anderen Sportarten, die auch volle Leistung und hartes Training verlangen?

Sandra: Man hat beim Beachvolleyball sehr viel Verantwortung. Wenn man einen schlechten Tag hat, dann kann man nicht einfach ausgewechselt werden. Dann wird man mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit verlieren. Bringt man seine Leistung, dann hat man einen sehr hohen Anteil am Erfolg. Die Möglichkeit, viel für den Erfolg beizutragen, ist das, was mir am Beachvolleyball vielmehr gefällt, als am Hallenvolleyball.

WOLL: Und du, Isabel?

Isabel: Man muss beim Beachvolleyball Allrounder sein. Man muss den Ball annehmen, zuspielen, angreifen. In der Blockabwehr teilen wir uns die Aufgaben. Das ist die einzige Situation, in der wir spezifisch und individuell arbeiten. Man hat aber in jedem Fall Ballkontakt. In der Halle kriegt man manchmal auch nicht so viele Bälle. Oder, wenn man mal nicht seinen besten Tag hat, dann kann der Zuspieler auch mal um einen rumspielen. Das gibt es bei uns nicht. Verstecken wird ganz schwierig. Dementsprechend ist für mich auch das Besondere die mentale Arbeit, die dahintersteckt. Ich glaube, das kennt jeder von uns. Jeder hat mal einen schlechten Tag. Jedem geht es mal nicht so gut. Oder man hat mal einen richtig tollen Tag. Beim Beachvolleyball ist dieser mentale Aspekt enorm groß, auch in Bezug auf den Gegner. Zum Beispiel herauszufinden, wer beim Gegner heute den schlechten Tag hat. Oder wie man gemeinsam auf die beiden gegnerischen Spielerinnen Druck ausüben kann. Das ist auch das, was ich extrem spannend finde beim Beachvolleyball, und was sich meines Wissens abhebt von anderen Sportarten.

WOLL: Was kann der heimische Sponsor, der dich schon seit vielen Jahren unterstützt, konkret tun, damit ihr weiterhin richtig Spaß im Beachvolleyball habt und immer an die 100 Prozent rankommt?

Isabel: Im Beachvolleyball ist es so wie in anderen Randsportarten. Man muss fast alles selbst organisieren. Das Training. Die Spielpartner. Und auch die Fahrten, Flüge, Hotels. Man kann sich nicht vorstellen, was da auf einen zukommt. Durch die Unterstützung von Mennekes bekomme ich die Freiheit, unseren Sport optimal ausüben zu können. Es werden auch dieses Jahr wieder extrem viele Kosten anfallen. Wir werden natürlich zu einem gewissen Teil auch vom Verband unterstützt. Aber das ist für mich auch erst seit 2017 so. Als ich noch in Leverkusen spielte, haben wir auch einen Trainer selber angestellt. Dementsprechend sind natürlich die Partner und Sponsoren super wichtig, damit wir überhaupt den Sport ausüben können. Und ich muss natürlich sagen, ich habe zu Mennekes eine extrem emotionale und schöne Bindung. Ich bin total dankbar, dass sie mir das Vertrauen geschenkt und mich über die Jahre begleitet haben. Auch von der Geschäftsleitung bekomme ich immer wieder ein schönes Feedback. Und auch mal einen Anruf oder eine Gratulationskarte. Das ist einfach toll. Die Erfolge sind wichtig, aber auch die Beziehungen und die zwischenmenschlichen Aspekte, die dies nachher ausmachen, die einen zufrieden und glücklich machen. Das weiß ich an der Partnerschaft mit Mennekes sehr zu schätzen.

WOLL: Diese Verbindung zum Unternehmen, zur Heimat, zur Region scheint auch ein wichtiger Motivator zu sein.

Isabel: Gerade als heimatverbundener Mensch freut man sich über jeden Glückwunsch, der kommt. Ich bin ja leider nicht mehr so oft in Ottfingen und bei meinem alten Verein in Olpe. Aber ich habe das Gefühl, unter anderem durch Mennekes, und weil in Olpe mein Heimatverein ist, verfolgen die Mädels und meine alten Weggefährten meinen sportlichen Weg. Aber auch die Jugendspielerinnen und viele Menschen aus der Umgebung. Ich weiß das sehr zu schätzen!