
Berlin/Hochsauerlandkreis. Das deutsche Traditionsunternehmen „Wald“ schwächelt. Der vor allem für seine Unternehmenssparten Holzproduktion und Ökosystemdienstleistung bekannte Betrieb mit seinen rund 45.000 Mitarbeitern hat Probleme mit seinen Produktionsmitteln Fichte, Kiefer, Lärche, Buche und Eiche. Schon in den 1980er Jahren drohte dem Unternehmen der Untergang. Damals waren schon einmal die Produktionsmittel durch andere Branchen stark gefährdet worden. Insbesondere Schadstoff-Emissionen wie Stickoxide (NOx) oder Schwefeldioxid (SO2) aus Ölheizungen, Auspufftöpfen, Schloten von Kohlekraftwerken, Erzhütten und Raffinerien erlebten in dieser Zeit ihren Höhepunkt. In Verbindung mit Wasser entstand daraus die schwefelige Säure H2SO3. Diese hatte als sogenannter „saurer Regen“ eine Bodenversauerung zur Folge. Dadurch wurden Nährstoffe wie Kalzium, Magnesium und Kalium ausgespült, toxische Metallionen wie Aluminium, Mangan und Eisen freigesetzt und die Feinwurzeln der Pflanzen beschädigt. Nur durch staatliche Verordnungen wie die „TA (Technische Anweisung) Luft“ und die damit verbundenen Auflagen (den Einbau von Abgasfiltern für die Schadstoff-Emittenten Autoindustrie und Kohlekraftwerke) konnte die Insolvenz noch einmal abgewendet werden.
Treibhausgase und Klima
Jetzt, nach fast 40 Jahren, steht das Unternehmen wieder unter Druck. Treibhausgase feuern im wahrsten Sinne des Wortes das Klima an. Die Anforderungen einiger Produktionsstandorte sind schon jetzt nicht mehr gegeben. Zudem kann der Holzriese aufgrund der geforderten Stilllegung einzelner Holzproduktionslinien den Anforderungen der Gesellschaft nicht mehr gerecht werden. Holzimporte aus dem Ausland sind schon notwendig geworden. Initiativen wie Fridays for Future schlagen bundesweit Alarm und fordern Sofortmaßnahmen. Die Aussichten stehen gut, dass sich die Bevölkerung mit diesen Initiativen solidarisiert. Jedoch hält sich die Politik bis jetzt zurück. Sie befürchtet Einbußen anderer Wirtschaftszweige. Zu stark ist die Lobby des fossilen Energiekartells und anderer Kohlenstoff-Großemittenten wie Zement und Stahlindustrie. Zudem ist die Energieversorgung durch sogenannte regenerative Energien zwar rasant angestiegen, aber die Atomkraft wurde gleichzeitig heruntergefahren. Die entstandene Versorgungslücke in der Energiebereitstellung wird nun zum Teil wieder von emissionsstarken Kohlekraftwerken gestopft.
Dabei weisen Wirtschaftsexperten schon seit Jahren darauf hin, dass das Unternehmen „Wald“ ausgebaut werden muss. Neben den Unternehmenssparten Holz sowie Umwelt- und Erholungsleistungen sollte der Betrieb im Geschäftsbereich Kohlenstoffdioxidbindung, so die Empfehlung, expandieren. Dies funktioniert jedoch nur in internationaler Kooperation. Das aber sehen südamerikanische und osteuropäische Staaten anders. Dort werden ähnliche Waldunternehmen zur Deckung des deutschen Holzmarktes ausgebeutet. Andere Unternehmen werden dem Erdboden gleichgemacht, um dort lukrativere, landwirtschaftliche Unternehmen entstehen zu lassen, die für die ständig wachsende Erdbevölkerung Nahrungsmittel anbauen sollen. So z. B. in Brasilien und Paraguay, wo auf gerodeten Waldflächen Sojaplantagen entstehen. Wichtigste Abnehmer für das Turbofutter für Hühner, Schweine und Rinder sowie für die Herstellung von Agrokraftstoffen sind die westlichen Industrienationen, darunter auch Deutschland. Rein theoretisch nimmt die Menge an Soja etwa 7 Mio. Hektar landwirtschaftlicher Fläche zusätzlich zu den schon vorhandenen 17 Mio. Hektar in Deutschland ein.
Unternehmen Wald ausbauen
Die Renditen der staatlichen, kommunalen und privaten Anleger des Unternehmens „Wald“ sinken schon seit Jahren. Staatliche Rettungsaktionen erfüllen nur teilweise ihren Zweck. Vielmehr finden marode Banken, Stahlkonzerne und Reiseveranstalter finanzielle Unterstützung durch zuständige staatliche Institutionen oder wie die Flugverkehrsbranche Befreiungen von Kerosin- und Mehrwertsteuer. Ziehen sich die privaten und kommunalen Anteilseigner aus dem Waldunternehmen zurück, droht ein Fiasko. Überlegungen des Unternehmens, die heimischen Produktionsmittel durch gebietsfremde zu ersetzen, scheiterten an den Einstellungen romantisch denkender Grünaktivisten. Angesichts von Globalisierung und Willkommenskultur eine nicht nachvollziehbare Haltung. Wir dürfen gespannt darauf sein, wie das Unternehmen aus der Krise geführt werden soll.
„Ist Ihre Aufmerksamkeit geweckt? Sind Sie der Meinung, dass das Unternehmen „Wald“ gerettet werden muss?“
Als betreuender Revierförster im Sauerländer Privatwald war es viele Jahre lang die Aufgabe von Michael Keuthen, den Wald unter Berücksichtigung des Ausgleichs von Ökologie und Ökonomie zu pflegen und zu nutzen. Dabei stellte er immer die Frage: Welche gesellschaftliche und waldbauliche Geschichte steckt hinter der Bewirtschaftung unserer Wälder? Das weckte sein Interesse an der Regionalgeschichte: die Vergangenheit kennen, um die Gegenwart zu verstehen und für die Zukunft zu lernen. Nach diesen Jahrzehnten des Lernens und Erfahrens möchte er sein Wissen über unsere Sauerländer Wälder weitergeben. Die folgenden Beiträge, die er mit den wichtigsten Dimensionen rund um den Wald im Sauerland befassen, mit Klimawandel, Naturschutz und Artenvielfalt, Forstwirtschaft und Jagd, sollen nicht missionieren, sondern informieren, indem sie die verschiedenen Perspektiven auf unseren Wald verständlich machen.
Waldreiches Sauerland
Die Landschaften des Sauerlandes gehören neben denen der Mittelgebirgslagen der Eifel, des Weserberglandes sowie des Siegerlandes zu den waldreichsten Nordrhein-Westfalens. Sie sind, wie alle Wälder, durch den Menschen geprägt worden. Er formte und formt sie zur Natur aus Menschenhand, zu unserer heutigen Kulturlandschaft. Extremwetter wie Orkane, Starkregen, Dürren und deren Auswirkungen auf die öffentliche Ordnung und unser Leben begleiten uns mittlerweile auch im Land der tausend Berge. Die regionale Klimaentwicklung lässt sich anhand von Wetterdaten der Messstation am Kahlen Asten beschreiben. Als
CO2-Senke hat der Wald große Bedeutung. Aber auch die anderen ökosystemleistungen wie Sauerstoffproduktion, Wasserfilterleistung und Wasserretention, die Schaffung von Erholungsorten, Natur- und Artenschutzleistungen und vor allem die Produktion von Holz sind wichtig für unsere Gesellschaft. Doch nicht nur die Bewohner unseres Bundeslandes verbrauchen mehr Holz, als produziert wird. Durch dieses Verhalten provozieren die Deutschen einen Mehreinschlag an Holz in Drittländern, der sich wiederum negativ auf die globale Klimaentwicklung auswirkt. Vor diesem Hintergrund wird der Frage nachgegangen, ob es bei der Waldbegründung vor dem Hintergrund der Klimaentwicklung noch sinnvoll ist, einige Baumarten wie die Fichte und andere Nadelhölzer zu verdammen, andere wie Buche und Eiche hervorzuheben und Wälder stillzulegen – oder ob es nicht besser ist, unserem Holzbedarf vor Ort gerecht zu werden.
Wenn ein Förster ein Buch schreibt, dann dürfen die Themen Jagd und Waldbewirtschaftung natürlich nicht fehlen. Deshalb hat Michael Keuthen einen kurzen Überblick zur Geschichte des Forst- und Jagdmanagements eingefügt.
Im Sinne der Artenvielfalt wurde in der Vergangenheit außerdem versucht, Tierarten aus anderen Regionen in unsere Mittelgebirgslandschaft einzubringen, mit der Absicht, die Fauna zu bereichern. Am Beispiel von Muffelwild, Sikawild und Waschbär werden solche Ansiedlungsbemühungen im Sauerland aufgezeigt. Heute gelten diese Arten als integriert. Voraussetzung für die Ansiedlung war ein geeigneter Biotop. Das gilt auch für unsere bodenständigen Tierarten: Die Wiederansiedlung des Uhus war durchaus erfolgreich. Beim Auerwild, dem Charaktervogel des Sauerlandes, scheiterte sie am veränderten Lebensraum. Im Gegensatz dazu haben Luchs, Wildkatze und Schwarzstorch von selbst ins Sauerland zurückgefunden, ohne die Hilfe des Menschen.
Wölfe und Wisente
Der Wolf gilt als potenzieller Rückkehrer. Kein Wildtier wird so zwiespältig dargestellt wie er: Grausamkeit, Feigheit, List und Gier auf der einen Seite –´ Klugheit und ein scharfes Gehör, ausdauernd im Laufen, ein Tier, das wehrhafte Menschen nur überfällt und verfolgt, wenn es der Hunger quält, auf der anderen Seite. Vor seiner Rückkehr wurde einer der letzten Wölfe im Herzogtum Westfalen am 3. Dezember 1811 in Oberfleckenberg bei Schmallenberg erlegt. Heute ist der Wolf im Sauer- und Siegerland wieder auf dem Vormarsch. Dies belegen zahlreiche Wolfsnachweise. Wenn über die sauerländischen Wälder berichtet wird, darf das als einzigartig in Mitteleuropa beschriebene Projekt „Wisente im Rothaargebirge“ nicht fehlen. Nachdem die ausgewilderten Wisente die ersten Bäume im Privatwald außerhalb des Projektgebietes geschädigt hatten, meldete sich der damalige Rentmeister der Wittgenstein-Berleburg’schen Rentkammer, Johannes Röhl, bei Förster Michael Keuthen und fragte bei Keuthen als forstlichem Wildschadensschätzer an, ob er die Wisentschäden nach den dafür üblichen Aufnahmeverfahren schätzen wolle. Das weckte beim Förster aus Oberkirchen die Neugier für das Wisent-Projekt. Die Dokumentation im Buch beschreiben das kühne Vorhaben des Initiators, Prinz Richards zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg, von der Idee des Projektes, über die Freilassung von acht Wisenten im Jahr 2013, die juristischen Streitigkeiten anliegender Privatwaldbesitzer bis hin zur kritischen Bewertung durch die Sachverständigen des Institutes für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover.
Das Buch über den Sauerländer Wald
Unser Wald steckt in der Krise. Und das, obwohl er ökologisch und global betrachtet, hochgradig systemrelevant ist. Als Lebensraum unzähliger Tier- und Pflanzenarten, Klima- und Umweltschützer, Rohstofflieferant wie Wirtschaftsfaktor und nicht zuletzt als Ort der Erholung. Ohne den Wald wären auch das Sauerland und das Rothaargebirge nicht denkbar. Wie ist unser Wald entstanden? Welche Rolle spielt er in der Klimakrise? Und wie lassen sich die aktuellen Debatten um eine nachhaltige Forst- und Jagdwirtschaft, um Biodiversität und die Rückkehr von Wolf und Wisent im Rothaargebirge bewerten, ohne die notwendige Balance von Naturschutz und Wirtschaft aus den Augen zu verlieren?
Michael Keuthen: WÄLDER, WÖLFE UND WISENTE IM ROTHAARGEBIRGE
WOLL-Verlag – ISBN: 978-3948496-85-2, 252 Seiten, 19,90 Euro
