Sauerländer Truckerinnen ohne Plüsch und Neonleuchten

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Zwei LKW-Fahrerinnen erzählen aus ihrem Alltag

Rosi Kern aus Olsberg, die seit 30 Jahren als Berufskraftfahrerin unterwegs ist, findet, dass die Serie, die seit 2017 den Alltag von vier LKW-Fahrerinnen begleitet, nicht viel mit der Realität zu tun hat. „Die Frauen sitzen immer top gestylt hinterm Steuer, das passt einfach nicht“, sagt die 61-Jährige. Und ihre Kollegin Franziska Seehardt aus Ramsbeck meint: „Der Alltag ist viel stressiger, das kommt in der Serie gar nicht rüber.“

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Rosi Kern

Rosi Kern und Franziska Seehardt sind bei der Bestwiger Spedition Häger beschäftigt. Rosi fährt seit fünf Jahren für Häger – mittlerweile arbeitet sie halbtags im Nahverkehr. Die 23-jährige Franziska ist Auszubildende im zweiten Lehrjahr, durchläuft mehrere Bereiche und wechselt auch die LKW. Die beiden Frauen gehören zu den knapp zwei Prozent Berufskraftfahrerinnen in Deutschland. „Solange ich gesund bin, möchte ich LKW fahren. Ich kann mir das noch lange vorstellen“, erzählt Rosi Kern. Ihre junge Kollegin Franziska hat vor knapp einem Jahr ihre beiden LKW-Führerscheine gemacht, sodass sie auch 40-Tonner lenken darf. Seit August fährt sie allein: „Das war am Anfang schon sehr aufregend, aber irgendwann ist das Gewohnheitssache, man findet sich schnell da rein. Ich liebe die Freiheit und, dass ich mir meine Zeit selbst einteilen kann. Wenn ich unterwegs bin, habe ich meine Ruhe und sehe natürlich auch viel.“ Obwohl der Zeitdruck eine immer größere Rolle spielt, genießt sie ihren Alltag als „Truckerin“. Auch ihr Vater ist Berufskraftfahrer. Der nahm sie immer mal wieder auf seinen Touren mit. So kam Franziska dazu, eine Ausbildung bei Häger anzufangen.

Beide Frauen werden selten komisch angeguckt, wenn Kunden sehen, dass eine Frau hinterm Steuer sitzt. „Vor 30 Jahren, als ich meine ersten Touren gemacht habe, war das noch anders. Heute wird das gar nicht mehr so registriert“, findet Rosi Kern. Und auch Franziska Seehardt wird freundlich aufgenommen und erlebt immer wieder, wie hilfsbereit viele Kunden sind. „Die Fahrer bei den Firmen helfen einem gerne, wenn man mal Probleme beim An-die-Rampe-fahren haben sollte. Ich habe bis jetzt keine schlechten Erfahrungen gemacht.“

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Franziska Seehardt

Der Chef von Rosi und Franziska, Bernd Häger, freut sich, dass gleich zwei LKW-Fahrerinnen in seiner Firma beschäftigt sind. „Wir hatten immer schon mindestens eine Berufskraftfahrerin, aber dass wir eine Auszubildende haben, das ist für uns das erste Mal. Es ist klar, dass es Arbeiten geben muss, die auch Frauen ausführen können. Wenn es um schwere Entladetätigkeiten geht, kommt eine Frau schon mal an ihre Grenzen. Aber wir haben einen sogenannten Gemischtwarenladen, in dem es viele Tätigkeiten gibt. Und im Schüttgutbereich z. B. können Frauen den Beruf genauso gut ausüben wie jeder andere auch. Es gibt Fahrer/innen, die machen ihren Job besser, andere schlechter, das gilt für Männer und Frauen. Man muss Spaß an dem Beruf haben, das ist das Wichtigste!”

Spaß haben beide Frauen, das merkt man daran, wie sie von ihrem Job erzählen. Und auch, was die Deko im Führerhaus angeht, sind sich Rosi und Franziska einig, dass die Scheibe freibleiben muss. „Ich möchte keine Deko haben, die behindert meine Sicht“, schmunzelt Rosi Kern. Und Franziska ergänzt: „Ich halte es ganz schlicht in meiner Kabine, sonst sehe ich ja nichts.“

Bei Rosi Kern und Franziska Seehardt wird man Leuchtschilder mit Vornamen, Mini-Schals, neonfarbene Plüschwürfel oder Iris Böning Teddybären also vergeblich in der Fahrerinnenkabine suchen.