Sauerländer auf den Spuren der Römer

Quelle: privat

Grafschafter arbeitet beim Deutschen Archäologischen Institut in Rom

Heinz-Jürgen Beste, Jahrgang 1957, absolvierte nach Beendigung der Hauptschule eine Ausbildung zum Bauzeichner im Architekturbüro Johannes Wiesemann in Bad Fredeburg. Nach Erlangen der Fachoberschulreife in Meschede studierte er Architektur und Kunstgeschichte in Dortmund und Berlin. Das Studium schloss er 1986 mit dem Titel DiplomIngenieur ab.

Kontakt zum Deutschen Archäologischen Institut

Schon damals bestanden Kontakte zum Deutschen Archäologischen Institut (DAI). Und so nahm Heinz-Jürgen Beste von 1986 bis 1988 an Ausgrabungen in Paestum, Metapont und Selinunt (Italien) teil. Hierdurch erhielt er 1988 bis 1995 eine Assistentenstelle bei Professor Gottfried Guben am Lehrstuhl für Baugeschichte an der TU München. 1990 wurde ihm ein einjähriges Reisestipendium des DAI zugeteilt, was ihn in die Länder Ägypten, Jordanien, Israel, Syrien, Türkei und Griechenland führte. 1995 wechselte er dann als Referent für historische Bauforschung an die Abteilung Rom des DAI mit dem Schwerpunkt römische Architektur und Topografie. Zwei Jahre später legte der Sauerländer die Promotion zum Dr. Ing. an der Architekturfakultät der TU München mit einer Arbeit über das Kastell Euryalos von Syrakus auf Sizilien ab.

Unterirdische Aufzüge im Kolosseum nachgewiesen

Der junge Architekturdoktor aus dem Sauerland nahm in der Folgezeit an verschiedenen Ausgrabungen und Forschungsprojekten in Italien und Albanien teil. Besonders intensiv wurden von ihm die Domus Aurea (das Goldene Haus des Kaisers Nero) und das bekannte und legendäre Kolosseum erforscht.

Die Historie ist bekannt. Im Jahr 72 nach Christi Geburt ließ Kaiser Vespasian ein steinernes Amphitheater errichten, das alle bisherigen Arenen übertreffen sollte. Finanziert wurde dieser Bau eines Kolosseums unter anderem mit dem im Jahr 70 geplünderten Goldschatz des Jerusalemer Tempels. Nach der Fertigstellung im Jahr 80, zu dieser Zeit regierte in Rom Kaiser Titus, Sohn des Vespasian, wurde die Eröffnung mit hunderttägigen Spielen gefeiert. Hierzu gehörten Gladiatorenkämpfe, nachgestellte Seeschlachten und Tierhetzen, bei denen bis zu fünftausend Tiere in der Arena getötet wurden. Der Raum unter dem Arenaboden war ursprünglich nicht bebaut. Unter Titus´ Bruder und Nachfolger Domitian wurde der Boden vermutlich in verschiedene Kellerräume untergliedert. Damit entstand ein System aus Räumen, Gängen und Versorgungsschächten. Hier befanden sich die Kerker der zum Tode Verurteilten, unterirdische Zugänge von den benachbarten Gladiatorenkasernen, Käfige für wilde Tiere, Rampen und Aufzüge.

Doch wie funktionierte dieses unterirdische System? Wie konnten aufwendige Dekorationen und Bühnenbilder in die Arena befördert werden? Wie war es möglich, dass sich im Arenaboden Klappen öffneten und wilde Tiere heraussprangen?

Bautechnische Meisterleistung

Quelle: DAI Rom (H. Beste)
Illustration: DAI Rom (H. Beste)

Zusammen mit anderen Wissenschaftlern gelang es Dr. Heinz-Jürgen Beste, die Funktionalität der unterirdischen Aufzüge nachzuweisen. Dazu wurde zunächst zeichnerisch ein Modell erarbeitet, wie das System der Aufzüge funktioniert haben könnte. Das Modell wurde dann in verschiedenen Maßstäben gebaut. Letztendlich wurde ein maßstabsgerechter Nachbau mittels eines Krans über die Außenwand des Kolosseums ins Innere gehoben und in das Untergeschoss eingelassen. Die Versuche am Objekt ergaben, dass vier starke Männer in der Lage waren, über mehrere Flaschenzüge einen Käfig mit einem Löwen oder ähnliches in die Arena zu bewegen. Eine bautechnische Meisterleistung, die vielen Sportarenen auf der Welt als Vorbild gilt.

Mit Ehefrau Paola, den drei Kindern Enrico, Anna-Maria und Elena sowie Hündin Anita lebt der Architekt und Archäologe Dr. Heinz-Jürgen Beste mit Begeisterung in der antiken Stadt. Als Mitglied in den Gremien für die Restaurierung des Kolosseums, des Amphitheaters in Capua und des Archäologischen Parks des Tals der Tempel in Agrigent arbeitet er eng mit den Kollegen der italienischen Antikenbehörde zusammen. Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit ist er für den Bauerhalt der römischen Industriegebäude zuständig und deren Sicherheitsingenieur. Er ist Mitglied der Deutschen Schule Rom und der Bruderschaft des Päpstlichen Instituts von S. Maria dell´Anima der deutschen Katholiken in Rom.

Information: Das Deutsche Archäologische Institut (DAI) ist eine wissenschaftliche Bundesanstalt, die zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes (AA) der Bundesrepublik gehört. Es ist dem AA direkt nachgeordnet und ein wichtiges Instrument der deutschen Kultur-, Bildungs-, und Außenpolitik. Ziel des DAI ist es, für ein vertieftes Verständnis der Kulturen untereinander zu sorgen. Es möchte einen Beitrag zum Dialog der Kulturen leisten. Zudem soll es zum hohen Ansehen Deutschlands in der Welt beitragen.

Archäologisches Institut Rom
Das am 21. April 1829 in Rom als privater Verein von einer internationalen Gruppe von Altertumsforschern gegründete Archäologische Institut verfolgte zunächst die Sammlung und Veröffentlichung der rasch anwachsenden archäologischen Entdeckungen in Italien. In regelmäßig stattfindenden Versammlungen der Mitglieder und interessierten Gäste, den „Adunanzen“, wurden neue Funde vorgestellt, diskutiert und dabei die Methodik der sich differenzierenden und vertiefenden Altertumswissenschaften erarbeitet und verfeinert. Zugleich wurde eine Sammlung exemplarischer Artefakte und Zeichnungen von Altertümern zusammengetragen. Dem Dienst an der Altertumswissenschaft trug aber besonders die Schaffung und der Ausbau einer breit angelegten Bibliothek Rechnung. Diese ist bis heute ein zentraler Teil des Institutes. Das Institut, das auch von den preußischen Königen stark gefördert wurde, wurde 1871 in eine Anstalt des Deutschen Reiches umgewandelt und 1874 in Kaiserliches Deutsches Archäologisches Institut umbenannt. 1877 zog das Institut in einen Neubau auf dem Kapitolshügel um, der der schnell wachsenden Bibliothek ausreichenden Platz gewährte. Nun kamen fruchtbare Forschungen in den großen italienischen Grabungsplätzen wie Pompeji, Rom und Unteritalien hinzu, an denen das Institut heute noch mitwirkt. Viele Einzeluntersuchungen an den großen Monumenten Roms und Latiums, aber auch Katalogarbeiten kennzeichnen die wissenschaftliche Arbeit des Institutes. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Gebäude enteignet. Erst 1924 konnte das Institut seine Arbeit wieder aufnehmen. Ab 1944 war das DAI in Folge des Zweiten Weltkrieges geschlossen. Es dauerte bis zum Sommer 1953, dass es als deutsche Institution wiedereröffnet werden konnte.