Quelle: Gisb ert Baltes
“Ich sehe sofort, wenn sie etwas quält.”
Grasende Pferde sind zufriedene Pferde, so sagt man. Die zwei auf der Weide am Ortseingang von Ostentrop machen durchaus diesen Eindruck. „Gibt es hier viele Pferde?“, lautet die Frage an Claudia Wichtmann, die es wissen muss. „Es gibt schon viele Pferde in Ostentrop, aber fast noch mehr Kühe“, lacht die sympathische junge Frau, die eine gefragte Pferde- Therapeutin ist und selbst im Traum nicht daran gedacht hätte, einmal „Ostentroperin“ zu werden. Nun lebt sie auf einem eigenen Pferdehof, idyllisch gelegen am Waldrand, umgeben von Wiesen und Weiden mit viel Platz für ihr Lieblingstier. Idylle pur, soweit das Auge reicht.
Wo die Liebe hinführt
Die Liebe war schuld daran, dass es die geborene Wiesbadenerin in das kleine – 1285 erstmals urkundlich erwähnte – Ostentrop inmitten der Sauerländer Berge verschlug. Denn ihren Klaus traf sie nicht irgendwo: „Bei der Weltmeisterschaft im Westernreiten haben wir uns in Oklahoma durch Zufall kennengelernt.“ Dort funkte es und schnell stellte sich heraus: Klaus ist Sauerländer, ein waschechter Ostentroper! „Ein Jahr später sind wir gemeinsam nach China gegangen, und von dort kam ich schwanger mit Lennard (inzwischen elf Jahre alt) zurück und landete in Ostentrop.“
Auf die Frage, ob sie da nicht die Pimpernellen bekommen habe, lächelt Claudia und antwortet schlagfertig: „Die habe Sanft er Druck ohne Nadeln – Claudias Pferdeakupunktur ich gekriegt, aber jetzt nicht mehr! Wenn man sich erstmal mit Ostentrop angefreundet hat, dann findet man hier Freunde fürs Leben!“
Freude am Beruf
Eigentlich ist Claudia eine sattelfeste PR-Frau. Public Relations und Öffentlichkeitsarbeit, das ist ihr Ding. Das hat sie gelernt und das kann sie aus dem Effeff. Zuletzt für HR 3, die junge Hörfunk-Welle beim Hessischen Rundfunk, als sie noch in der alten Heimat lebte. „Aber irgendwie war ich immer schon ein Landkind“, sagt sie rückblickend. Mit Hilfe der chinesischen Medizin machte sie sich schlau, wie sie den Pferden helfen kann, „wenn es ihnen dreckig geht“.
„Ich sehe sofort, wenn sie etwas quält“, erklärt Claudia ihre Liebe zu den Pferden. Dann hilft die Therapeutin mit einer Art Akupunktur. Doch statt Nadeln in den kranken Körper des Pferdes zu stechen, übt sie mit einer winzigen Kugel an der Spitze eines circa 20 Zentimeter langen Messingstabs behutsam Druck aus. Und zwar an den Stellen, wo es sich „knubbelt“. Claudia orientiert sich dabei an den sogenannten Meridianen, den „Leitbahnen“, die sich wie jeweils langgezogene Fäden durch den Tierkörper ziehen. Die traditionelle chinesische Medizin spricht von Kanälen, „in denen die Lebensenergie fließt“.
Die Methode
Claudia bringt es so auf den Punkt: „Die Massage am Pferd ist eine sanfte, ganzheitliche Therapieform, die auf der chinesischen Akupunkturlehre beruht und die Energieleitbahnen im Körper behandelt, die sogenannten Meridiane. Sie aktiviert die Selbstheilung, fördert den Heilungsprozess, lässt die Energie wieder fließen und beeinflusst effektiv viele funktionelle Störungen, Organirritationen, Verspannungen oder Verhaltensänderungen, die sich so verbessern oder auflösen. Viele chronische Leiden werden deutlich gemildert.“
Die Akupunktur-Massage nach Penzel sei besonders sanft, denn sie komme ohne Nadeln oder schmerzhaftes Einrenken aus. Willy Penzel (1918-1985) hat diese Art der Behandlung populär gemacht. Er war davon überzeugt, dass Krankheit eine Störung des Energieflusses ist. Der Masseur und medizinische Bademeister aus Norddeutschland ist der Begründer der Meridian- Therapie. Für Pferde populär gemacht hat sie in den 90er Jahren der Reitlehrer, Therapeut und Buchautor Dieter Mahlstedt. Vor allem in Deutschland, Österreich und der Schweiz, darüber hinaus in 22 Ländern. Und dank Claudia Wichtmann auch in Ostentrop.
Idyllisch wie in Büllerbü
Die Mutter von inzwischen zwei Kindern, Laura (8) und Lennard (11), ist aus vollem Herzen Ostentroperin, „weil sich vor allem unsere Kinder hier wohlfühlen“. Als die Schule wochenlang wegen Corona geschlossen war, haben sich die zwei gefreut wie die Kinder aus Bullerbü – dank des idyllischen Landlebens. Während wir mit Claudia, ihrem Pferd und ihrem Schwiegervater Bruno Fotos auf der Wiese machen, taucht plötzlich Laura mit einem wuscheligen großen Schnurrbart aus hellbraunen Pferdeschweifhaaren unter ihrer Nase auf und sorgt damit für einen Riesen-Lacher.
„Die Haare sind eine Art Indikator für die Pferdegesundheit“, sagt Claudia, die sich über die Resonanz ihrer Arbeit freut. „Ich bekomme viele positive Rückmeldungen von Pferdebesitzern, dass die Pferde nach den Behandlungen deutlich entspannter sind, lockerer und losgelassener laufen, Verletzungen schneller heilen und Krankheitsverläufe sich schneller bessern. Oft erzählen mir die Besitzer auch, dass ihre Pferde frischer und aufgeweckter wirken.“
Wie die Therapeutin selber. Die Landluft, ihre Familie, die Umgebung und das Dorf scheinen Claudia Wichtmann gut zu tun. „Und was ist das Schönste an Ostentrop?“ – „Das Schönste an Ostentrop ist die Dorfgemeinschaft und der Zusammenhalt!“