Rundblick vom Ebbergturm

Es ist ein sonniger, klarer Frühsommertag. Ich bin die 63 Stufen auf die Aussichtsplattform des 13 Meter hohen, hölzernen Turms hinaufgestiegen, der 2013 auf dem 390 Meter hohen Ebberg bei Eisborn errichtet wurde. Weder der Turm noch der Berg haben überwältigende Höhen. Aber die Aussicht entlohnt für den steilen Anstieg aus dem schmucken Dorf Eisborn hinauf zum Ebberg. Die Sonne strahlt über den Höhen der Homert im Süden und taucht die Landschaft in ein warmes Licht. Ich genieße den weiten Rundumblick.

Wie eine undurchdringliche Wand erhebt sich im Südwesten der Balver Wald mit dem 501 Meter hohen Ostenberg. An seinem Fuß am Rande der breiten Kalkhochfläche, die sich zum Hönnetal hinabsenkt, zeigen sich wie hingewürfelt die Häuser von Brockhausen. Dahinter in der Ferne reckt sich an der Flanke des Telegrafenbergs das langgestreckte Gebäude der Fachhochschule Südwestfalen oberhalb von Iserlohn empor.

Jetzt wandert mein Blick im Uhrzeigersinn weiter. Am Horizont im Nordwesten erheben sich zwei pfeilspitze Fernmeldetürme. Der linke steht hinter Schwerte und der rechte ist der „Florian“ im Dortmunder Westfalenpark. Davor zeigen sich die Siedlungen von Hemer-Stübecken, Menden und Fröndenberg. Jenseits des Haarstrangs in der Münsterländer Bucht reihen sich die breiten Kühltürme neben den schlanken Schloten der Kraftwerke.

Sie hauchen ihren heißen Atem als weiße Wolken in das blaue Firmament. Den Anfang macht links das Kraftwerk Lünen, von hier 36,5 Kilometer entfernt, dann das Kraftwerk Werne, 34,5 Kilometer weit, es folgen in 33 Kilometer Entfernung das Kraftwerk Hamm und 36 Kilometer entfernt das Kraftwerk Hamm-Uentrop.

Eine warme Strömung streichelt mein Gesicht, als ich mich nach Osten wende und in mein geliebtes Sauerland schaue. Da dehnt sich der Arnsberger Wald, das größte zusammenhängende Waldgebiet Nordrhein-Westfalens. Weit dahinter in der Soester Börde zerschneiden die Flügel der zahlreichen Windräder die Luft. Weiter rechts, nicht weit von hier, erhebt sich ein nackter Felskegel als Fremdkörper zwischen den bewaldeten Kuppen. Es ist der Abraum aus dem Steinbruch am Effenberg zwischen Herdringen und Hachen.

Dann streicht mein Blick vorbei an Windrädern bei Hövel über die wellenförmige Weite. Ich erspähe den Stüppelturm bei Fort Fun in 39,8 Kilometern Entfernung und den Fernmeldeturm auf dem Rücken der Hunau zwischen Bad Fredeburg und Altastenberg auf 800 Metern Höhe und 40 Kilometer entfernt. Ich stehe hier viel niedriger und schaue doch so herrlich weit in das Hochsauerland.

Auf den südlichen Höhen sehe ich den Schombergturm bei Wildewiese. Für Rundumsichten ins Sauerland von seiner 30 Meter hohen Plattform ist auch er einer meiner Lieblingsorte, aber jetzt ist er 18,8 Kilometer entfernt von mir. Fast in gleicher Richtung und in gleichem Abstand wie der 28,5 Kilometer entfernte Fernmeldeturm auf der Nordhelle erkenne ich dort auch den UKW-Sender auf dem Kamm des Ebbegebirges. Jedoch zum Greifen nah über den Baumwipfeln drehen sich die drei Windräder im Balver Feld zwischen Grübeck und Beckum. Etwas weiter dahinter lugt die Kirchturmspitze von Langenholthausen hervor.

Hier schließt sich mein Rundblick vom Ebbergturm. Als ich die Stufen hinabsteige, sehe ich mich in Gedanken 1954 im Kreise von Mitschülerinnen und -schülern unserer Realschulklasse in Begleitung unseres wanderfreudigen Klassenlehrers auf dem Ebberg unter der Buche sitzen. Die Buche, die auch das „Krause Bäumchen“ genannt wurde und die rundum von weitem auf dem Ebberg zu erkennen war, steht seit 2007 nicht mehr dort. Altersschwach ist sie umgefallen. An ihrer Stelle erhebt sich der Turm. Nur ein Stumpf des mächtigen Stammes liegt als Erinnerung an die allseits bekannte Buche neben dem Turm. Meine persönlichen Gedanken zu diesem besonderen Baum in unserer engeren Heimat habe ich in der „Ebberg- Trilogie“ niedergeschrieben, die die Wanderer auf einer Tafel am Fuße des Turms und die Leserinnen und Leser dieses WOLLMagazins auf den folgenden zwei Seiten lesen können.

Die Entfernungsangaben der genannten Objekte stammen von Prof. Dr.-Ing. Hans Fröhlich (†).