Pionier in der Waldgärtnerei am Odin

Auch wenn morgen die Welt untergehen würde … pflanzt Antonius Becker heute noch einen bunten Wald 

Antonius Becker lebt im Wald bei Hellefeld, anfangs in einem Zirkuswagen neben der Ruine der „Villa Odin“ – nachdem ihm seit 2016 das zehn Hektar große Areal gehört, ist er endgültig sesshaft geworden und hat seine Unterkunft sogar mit Glasfaseranschluss eingerichtet. Dafür hat der gebürtige Meinkenbrachter eine beachtliche Meisterleitung erbracht. 

Antonius Becker liegt die Natur am Herzen.

Als gelernter Landwirt, Forstmeister und Sozialpädagoge zog es ihn nach Lehr- und Wanderjahren wieder zurück in seine Heimat. Die fand er mit seiner Frau Inga Juchmann am Odin. Die Ruhe der Alleinlage und die vielen Möglichkeiten, die sich ihnen boten, ließen sie vor 40 Jahren ausrufen: „Das ist es!“. 

Ein Zirkuswagen ohne Strom und fließend Wasser reichte der Familie damals aus. Als die drei Kinder dazukamen, wurden es sieben dieser Unterkünfte. Inzwischen gehen alle Kinder eigene berufliche Wege in Hamburg, Berlin und Wuppertal – und kommen gerne zurück in die Kinderstube. 

In der Baum-Kinderstube 

Antonius Becker macht hier seine Vision wahr: „Natürliches Gestalten von Landschaft, das der Artenvielfalt gerecht wird, macht mir Freude. Und dazu gehörte auch ein völlig vernachlässigtes Grundstück zu übernehmen, und nach ökologischen Prinzipien, nach dem Demeter-Konzept zu bewirtschaften. Linden wachsen hier, Stechpalmen (Baum des Jahres 2021), kanadischer Zuckerahorn, Nordmanntannen, Wallnussbäume, Esskastanien, amerikanische Butternuss und Roteiche wie auch Mammutbäume. Noch sind alle diese und viele andere Baumarten ziemlich klein. „Wir sind hier in der Kinderstube“, erklärt Becker. Er weiß aber um die richtige Zucht, die mit Sämlingen im Sand beginnt, und dann im weiteren Verlauf des Wachstums später fortgesetzt wird. „Mammutbäume können bis zu 110 Meter groß werden“, erklärt Becker und weist auf über 350 dieser Exemplare hin. Die müssen allerdings noch kräftig wachsen, wollten sie diese stattliche Höhe erreichen*. „Alles was hier wächst, wird ökologisch gezogen. Das heißt ohne jeden Einsatz von belastenden Umweltmitteln“, betont Becker. „Und von meiner Hellfelder Waldgärtnerei wird dann deutschlandweit verkauft.“ Privatleute sind es, die Wert auf solch gezüchtete Baumarten legen, aber auch Städte und Gemeinden. 

Wälder müssen bunter werden 

In Odins Wald wachsen auch Eschen wieder heran, die fast vollständig aus dem Landschaftsbild verschwunden waren. Schuld war der Befall mit dem Pilz „falscher weißer Stengelbecher“¸ die Folge das Absterben. Becker aber stärkt Eschen. „Ich habe Beeren von Misteln angedockt.“ Er weiß, dass er damit Pionierarbeit leistet und Ergebnisse erst in einigen Jahren sehen kann. Aber solche in die Zukunft gerichtete Arbeit, in Zeiten des Klimawandels und der Globalisierung, ist ihm die Mühe wert. Schon seit dem Sturm Kyrill im Jahr 2007 stellt Becker sich der Herausforderung: „Wälder müssen bunter werden mit jungen und widerstandsfähigen Pflanzen.“  

Die Natur liegt ihm am Herzen. Langweile? Nein, Langeweile hat er wegen seiner vielen Aufgaben in und für die Natur nie. Das ständige Jäten der Saatbeete gehört dazu wie das jährliche Großreinemachen durch Freitreten, Mähen und Freischneiden der Kulturen. Dann sind die ganze Familie und Freunde mit im Einsatz. 

Die gesellige Linde 

Eine Baumart liegt ihm besonders am Herzen: die Linde. Diese holten die Menschen zu allen Zeiten gern in die Mitte ihrer Siedlungen. Durch ihren Blütenduft, den schattenspendenden Blättern und dem Nahrungs- und Schutzangebot für die Insekten- und Vogelwelt ist die Linde das mythologische Symbol für Geselligkeit und Kommunikation. „Darum eignet sich dieser Baum wie kein anderer für Alleen und Baumkreise, aber auch für Einzelpflanzungen“, so Antonius Becker, der schon einige solcher Pflanzungen im öffentlichen Bereich angelegt hat. So beispielsweise der Lindenkreis in Bremers Park in Neheim, welcher 2008 angelegt wurde und deren Baumpatenschaften von acht Neheimer Vereinen, Schulen und Institutionen übernommen wurden. 

Ob er eine Philosophie habe? „In solch unsicheren Zeiten wie diesen, in denen ein großer Teil der Menschheit zwischen  Hoffnung und Verzweiflung  schwankt, halte ich es mit Martin Luther, der gesagt hat : „Auch wenn morgen die Welt untergeht, pflanze ich heute noch einen Apfelbaum.“  

Anm.: *Allerdings müssten dann auch die entsprechenden Klima- und Bodenbedingungen vorhanden sein. Im Sauerland können sie gerade gut die Hälfte dieser Höhe erreichen.