Olympia-Attentat 1972: Zwei Sauerländer hautnah dabei

Monika und Dietrich Störmann bei ihrem Besuch 2021 in Schmallenberg – Foto: Hermann-J. Hoffe

Unvergessliche Erinnerungen

Einmal Flieger, immer Flieger! Diese Aussage trifft auch für Dietrich Störmann zu. Mit Beendigung des 40. Lebensjahres endet die berufliche Tätigkeit als Kampfflieger und Fluglehrer bei der Bundeswehr, als Oberstleutnant a.D. Dietrich Störmann ist danach unter anderem als Teamleiter für den Flugzeughersteller Dornier unter anderem in Nigeria tätig. 1992 half der Sauerländer Flugexperte beim Ausbau des gefährlichsten Flughafens der Welt, Tenzing Hillary Airport in Lukla, Nepal, mit.

Wie es der Zufall will

Ein anderes, welthistorisches Ereignis ist Dietrich Störmann besonders in Erinnerung geblieben. Und das hat wieder etwas mit den Sauerländern zu tun. Vor beinahe fünfzig Jahren, anlässlich der Olympiade 1972 in München besuchten ihn seine Mutter und sein Schwager Georg Weber (verheiratet mit seiner Schwester Roswitha, beide Lehrer am Schmallenberger Gymnasium) Das Münchner Olympia-Attentat vom 5. September 1972 auf die israelische Mannschaft bei den Olympischen Spielen. Es begann als Geiselnahme und endete mit der Ermordung aller elf israelischen Geiseln sowie mit dem Tod von fünf Geiselnehmern und eines Polizisten. Den Tag der Geiselnahme und des Attentats erlebten Familie Störmann und Georg Weber in unmittelbarer Nähe des Militärflughafens Fürstenfeldbruck, wo Dietrich Störmann und seine Familie wohnten.

Der Militärflughafen wurde in der Nacht vom 5. auf den 6. September 1972 zum tragischen Ort mit fürchterlichem Ausgang. Nachdem am späten Abend über dem Wohnviertel der Störmanns mehrere Hubschrauber dröhnten, vermutete der erfahrene Flieger, dass die Geiselnehmer und ihre Geiseln anscheinend entgegen der offiziellen Mitteilungen nicht in Richtung Flughafen München-Riem flogen, sondern wohl auf dem Militärflughafen in Fürstenfeldbruck landeten. Sofort machten sich der Bundeswehrflieger Dietrich Störmann und sein Schwager Georg Weber zum nur einige hundert Meter vom Wohnhaus entfernten Diensteingang des Flughafengeländes auf, den sie noch problemlos passieren konnten. Fliegeroffizier Störmann fuhr mit seinem VW-Bulli in Richtung des Standortes, wo die Hubschrauber gelandet waren. Dort angekommen wurden die ahnungslosen Sauerländer sofort aufgefordert, den Bulli sofort zu verlassen und sich hinter einer Kohlenhalde in Sicherheit zu bringen. Die Befreiungsaktion war in vollem Gange und die beiden Schwäger bekamen aus nächster Nähe die Schüsse und die gescheiterte Befreiungsaktion mit elf toten Geiseln, fünf toten Geiselnehmern und einem Polizisten hautnah mit. Die tragischen Ereignisse des 5. und 6. September 1972 warfen dunkle Schatten auf die Olympischen Spiele in München und veränderten von da an alle Großveranstaltungen in der ganzen Welt. „Als Flieger bekommt man so unendlich viele fantastische Momente des Lebens mit, aber man muss immer auch auf besonders traurige und tragische Ereignisse gefasst sein“, sagt Dietrich Störmann und blickt zum Himmel. „Wie es der Zufall so will!“

1960 das Sauerland verlassen

Dietrich Störmann (82) liebt das Sauerland. Schon früh, im Jahr 1960, kurz nach dem Abitur verließ der junge Mann seinen Heimatort Gleidorf und hielt die Nase woanders in den Wind. Den jungen Sauerländer zog es vor über sechzig Jahren zur damals gerade neu sich aufbauenden Bundeswehr und hier sogleich zur Luftwaffe. Die Mutter war dagegen, zu frisch waren die Ängste und ihre Erinnerungen an die letzten Tage des Krieges, unter anderem auch mit Luftangriffen über Gleidorf. Die Faszination für das Fliegen war bei dem jungen Gleidorfer Dietrich Störmann durch die Modellfliegerei stetig gewachsen. Insbesondere die Mitglieder der Familie Bockholt aus Wormbach, die mit selbst gebauten Modellflugzeugen zeigten, was alles mit Fluggeräten möglich war, begeisterten den jungen Mann.

Wehrdienst bei der Bundeswehr

Zum Entsetzen seiner damaligen Lehrer entschied sich Dietrich Störmann nach dem Abitur für den Wehrdienst bei der Bundeswehr. Da er erst 19 Jahr alt war, benötigte er für den Dienst bei der Luftwaffe die Unterschrift seiner Mutter, die aus bekannten Gründen das auf keinen Fall wollte. Irgendwie konnte der zielorientierte Abiturient der Mutter seine wahren Absichten verheimlichen und bekam die Unterschrift. Erst Jahre später hat er gestanden, dass er Flieger geworden sei. Und dann kam auch der Tag, an dem die Mutter sehr stolz auf ihren Flieger Dietrich war.

Während der Bundeswehrzeit lernte Dietrich Störmann m norddeutschen Elmshorn seine Frau Monika (80) kennen, mit der er seit 1964 verheiratet ist. Die Zeit bei der Bundeswehr bot dem begeisterten Flieger die Chance alle verfügbaren Schulflugzeuge und Einsatzflugzeuge zu fliegen. „Ein Traum für einen Flieger“, sagt der 81jährige heute. Jede denkbare Gelegenheit hat er seinerzeit genutzt mit den schnellen Militärflugzeugen dann auch mal über das Sauerland zu fliegen. Und so gelang es sogar einmal das Elternhaus in Gleidorf von oben aus der Luft auf dem Bild festzuhalten. „Eine unvergessliche Erinnerung, die man immer wieder gerne erzählt“, schmunzelt Dietrich Störmann.

(Dieser Bericht erschien im Sommer 2021 im WOLL-Magazin Schmallenberg/Eslohe)